• 03.04.2013 12:00

  • von Pete Fink

Vorschau: IndyCars in Sweet Home Alabama

Bisher stand der Honda Indy Grand Prix of Alabama ganz im Zeichen von Will Power und Helio Castroneves: Wer kann die Penske-Serie in Barber stoppen?

(Motorsport-Total.com) - Eigentlich sind die US-amerikanischen Südstaaten absolutes NASCAR-Terrain. Eine der ganz wenigen Ausnahmen bildet der sehr idyllisch gelegene Barber Motorsports Park nahe Birmingham im US-Bundesstaat Alabama. Bis zu 100.000 Zuschauern pilgern seit der Saison 2010 an die hügelige Berg- und Talbahn mit einer Gesamtlänge von 3,83 Kilometern und insgesamt 16 Kurven. Kein Zweifel: Auch eine Formelserie aus dem fernen Indianapolis hat in diesem neuen Markt eine Daseinsberechtigung gefunden.

Titel-Bild zur News: James Hinchcliffe, Scott Dixon, Mike Conway

Barber im Vorjahr: Helio Castroneves führt das Feld kurz nach dem Start an

Dies ist insofern erstaunlich, weil nur ein paar Kilometer weiter östlich der Talladega Superspeedway liegt, der in seinen besten Zeiten bis zu 200.000 Zuschauern Platz bot, wenn die NASCAR-Asse eine ihrer legendären Restrictor-Plate-Schlachten zeigten. Groß war also die Skepsis, als es Streckenbesitzer George Barber in der Saison 2010 erstmals gelang, den IndyCar-Tross nach Alabama zu locken. Damals als Ersatzrennen für die ebenfalls wunderschön gelegene Belle Isle von Detroit.

Natürlich war es damals ein kommerzielles Wagnis, denn Barber hatte seine Strecke erst im Jahr 2003 eröffnet. Im Herbst 2007 waren die IndyCar-Piloten zum ersten Mal zu einer Testfahrt eingeladen und zeigten sich danach von der Anlage begeistert. 2009 fanden dort die offiziellen IndyCar-Vorsaisontests statt und nach der Detroit-Absage erhielt Barber im August 2009 schließlich den Zuschlag für ein April-Rennen im IndyCar-Kalender 2010. Das Ergebnis: Volle Tribünen und ausgebuchte Campingplätze.

Rein sportlich gesehen, wurden die bisherigen drei Barber-Rennen klar von Team Penske dominiert: Alle drei Pole-Positionen und die drei Rennsiege gingen immer an Helio Castroneves oder Will Power. 2011 führte der Australier dabei alle (!) 90 Rennrunden, im Vorjahr ging der Penske-Chevy mit der Startnummer 12 nur von Platz neun aus ins Rennen (Pole: Castroneves). Am Ende setzte sich Power gegen Scott Dixon durch, der "Spiderman" wurde Dritter.

Power und das Klopfen an die Türe

"Barber ist traditionell eine Strecke, auf der wir immer gut ausgesehen haben", schreibt Power in seiner neuen Kolumne auf 'Racer.com'. "Helio und ich haben alle Poles und alle Siege geholt, und weil bei den Vorsaisontests im März alles gut gelaufen ist, wäre ich sehr enttäuscht, wenn wir nicht auch am Rennwochenende wieder stark unterwegs sein werden." Kaum zu glauben, aber wahr: IndyCar-Dauerpechvogel Power wartet nun schon fast ein Jahr auf seinen IndyCar-Sieg Nummer 20 (zuletzt Brasilien Ende April 2012).

Will Power

Will Power wartet seit Sao-Paulo 2012 auf einen IndyCar-Sieg Zoom

"Scott Dixon und ich haben jetzt wohl alle Möglichkeiten durch, wie wir ein IndyCar-Rennen verlieren können", scherzt der dreifache IndyCar-Vizemeister. "Wir im Team sehen das so: Wenn es uns gelingt, dass die Nummer 12 immer vorne mitfahren wird und wir also immer wieder an die Türe zur Victory Lane klopfen, dann wird sie irgendwann einmal aufgehen." Kein Zweifel: Power ist auch am Alabama-Wochenende wieder derjenige, den es zu schlagen gilt.

Ganassi-Pilot Dixon wiederum hat in Barber seine ganz eigene Erfolgsstatistik vorzuweisen: Der Neuseeländer belegte in allen drei Rennen Rang zwei. Für den amtierenden IndyCar-Champion Ryan Hunter-Reay (Andretti-Chevrolet) gab es in Alabama bisher noch gar nichts zu holen: Nach den Positionen 12, 14 und zuletzt noch einmal 12 wartet Hunter-Reay dort nach wie vor auf seine erste Top-10-Platzierung.


Eine virtuelle Runde in Barber

Überhaupt erlebten die vermeintlichen Titelfavoriten vor zwei Wochen in St. Petersburg einen saftigen Fehlstart in die neue IndyCar-Saison: Power 16., Hunter-Reay 18., Dario Franchitti im zweiten Ganassi-Honda nach einem frühen Unfall gar nur 25. und Letzter. "Meine Meisterschaft beginnt in Barber", knurrte ein frustrierter Franchitti, dem zum Saisonauftakt gar nichts gelang. In Alabama kann der Schotte immerhin schon zwei dritte Plätze vorweisen.

Allmendingers Comeback

Viele Augen werden auch auf das KV-Team gerichtet sein, für das Tony Kanaan und Simona de Silvestro mit den Plätzen vier und sechs einen Top-Saisonauftakt hinlegten. Ihr erstes IndyCar-Podium verpasste die 24-jährige Schweizerin in St. Pete nur durch stark nachlassende Hinterreifen. Kann sie dieses Setup-Problem auf der superschnellen Barber-Strecke mit seinem sehr hohen Gripanteil lösen?

Will Power, A.J. Allmendinger

Penske-Teamwork: A.J. Allmendinger (rechts) wird geholfen werden Zoom

St-Pete-Sieger James Hinchcliffe geht natürlich mit einer Menge Schwung in Saisonrennen Nummer zwei. Auch der 26-jährige Kanadier wird am Wochenende zu beachten sein, schließlich stellte er seinen Andretti-Chevrolet im Vorjahr auf Startplatz zwei und damit in die erste Startreihe. Am Ende wurde Hinchcliffe als guter Sechster abgewunken und war damit der einzige Andretti-Pilot in den Top 10.

Hochinteressant wird auch sein, wie sich A.J. Allmendinger bei seinem IndyCar-Comeback verkaufen wird. Der 31-jährige Kalifornier testete im Winter mehrere Male im Penske-Chevy mit der Startnummer 2. Jetzt wird es ernst: "Ich muss hohe Erwartungen erfüllen", weiß Allmendinger. "Aber zunächst wäre ich schon zufrieden, wenn ich in der Qualifikation das erste Segment überstehe." Es ist sein erster IndyCar-Start seit der Saison 2006.

Dabei kann er auf teaminternen Penske-Support bauen: "Alle im Team werden A.J. helfen", verspricht Power. "Er ist ein guter Kerl und wir alle wissen, wie schnell er in einem Formelauto fahren kann. Ich glaube, dass er sich im Vergleich zu den Testfahrten ziemlich verbessern wird, denn das war damals schon ein Kulturschock für ihn. Je mehr Kilometer A.J. fahren wird, desto mehr Selbstvertrauen wird er bekommen und das wird ihn schneller machen."

Wer fährt den zweiten Coyne-Honda?

Insgesamt haben 26 IndyCar-Teams für das Barber-Rennen gemeldet. Bei Dale Coyne Racing gibt es dabei noch eine offene Position in der Startnummer 18. Dort saß in St. Petersburg die Brasilianerin Ana Beatriz im Coyne-Honda, bei den März-Tests war auch Stefan Wilson aktiv. Der jüngere Bruder von Justin Wilson könnte am Wochenende also sein IndyCar-Debüt geben. Eine offizielle Stellungnahme des Teams fehlt dazu freilich noch.

Justin Wilson

Noch offen: Wer ist in Barber der Dale-Coyne-Teamkollege von Justin Wilson? Zoom

Die Startflagge schwenkt am Sonntag übrigens Bo Jackson, der im benachbarten Bessemer, einem Vorort von Birmingham, aufgewachsen ist. Das heute 51-jährige Multitalent Jackson schaffte es in seiner sportlichen Karriere sowohl in die NFL als auch in die MLB. Bisher ist Jackson der einzige Sportler, der bei den American Footballern und den Baseballern ins Allstar-Team gewählt worden ist.

Statistisch sicher ist zudem, dass Dallara am Wochenende seinen 200. IndyCar-Sieg feiern wird. Seit 1997 beteiligen sich die Italiener am IndyCar-Zirkus. Jim Guthrie feierte 1997 in Phoenix den ersten Dallara-Erfolg, Eddie Cheever gewann ein Jahr später das erste Indy 500 für Dallara, die seit der Saison 2006 eine Monopolstellung besitzen. Für die meisten Dallara-Siege sorgte bisher Scott Dixon (23).

Nach zwei Freien Trainings am Freitag folgt am Samstagnachmittag die wichtige Qualifikation, die wie immer in drei Segmenten ausgefochten, und in den Firestone-Top-6 entschieden wird. Die Startflagge zum Honda Indy Grand Prix of Alabama über 90 Runden fällt am Sonntagabend um kurz nach 21:30 Uhr MESZ.

Der Zeitplan von Barber (MESZ):

Freitag:

19:45 - 20:45 Uhr: Erstes Freies Training
22:45 - 23:30 Uhr: Zweites Freies Training

Samstag:

15:00 - 15:30 Uhr: Drittes Freies Training
17:25 - 18:35 Uhr: Qualifying

Sonntag:

18:00 - 18:30 Uhr: Warmup
ab 21:30 Uhr: Honda Indy Grand Prix of Alabama

Die Meldeliste für Barber:

01. 1 Ryan Hunter-Reay (Andretti-Chevrolet)
02. 2. A.J. Allmendinger (Penske-Chevrolet)
03. 3 Helio Castroneves (Penske-Chevrolet)
04. 4 J.R. Hildebrand (Panther-Chevrolet)
05. 5 Ernesto Viso (Andretti-Chevrolet)
06. 6 Sebastian Saavedra (Dragon-Chevrolet)
07. 7 Sebastien Bourdais (Dragon-Chevrolet)
08. 9 Scott Dixon (Ganassi-Honda)
09. 10 Dario Franchitti (Ganassi-Honda)
10. 11 Tony Kanaan (KV-Chevrolet)
11. 12 Will Power (Penske-Chevrolet)
12. 14 Takuma Sato (Foyt-Honda)
13. 15 Graham Rahal (Rahal-Honda)
14. 16 James Jakes (Rahal-Honda)
15. 18 steht noch nicht fest (Coyne-Honda)
16. 19 Justin Wilson (Coyne-Honda)
17. 20 Ed Carpenter (Carpenter-Chevrolet)
18. 22 Oriol Servia (Dreyer/Reinbold-Chevrolet)
19. 25 Marco Andretti (Andretti-Chevrolet)
20. 27 James Hinchcliffe (Andretti-Chevrolet)
21. 55 Tristan Vautier (Schmidt-Honda)
22. 67 Josef Newgarden (Fisher-Honda)
23. 77 Simon Pagenaud (Schmidt-Honda)
24. 78 Simona de Silvestro (KV-Chevrolet)
25. 83 Charlie Kimball (Ganassi-Honda)
26. 98 Alex Tagliani (Herta-Honda)

Alle Barber-Sieger:

2012 - Will Power (Penske)
2011 - Will Power (Penske)
2010 - Helio Castroneves (Penske)