• 17.10.2011 05:13

  • von Pete Fink

Dan Wheldon: Was bleibt, ist sein Lächeln

Am Sonntagabend hat der Motorsport Dan Wheldon verloren - 'Motorsport-Total.com' erinnert an einen großen Champion und Familienvater

(Motorsport-Total.com) - Dan Wheldon ist tot. Nicht nur die IndyCar-Welt steht unter Schock. Was ein freudiger Saisonabschluss vor einer beeindruckenden Kulisse werden sollte, geriet binnen Sekundenbruchteilen zu einem Fiasko. Der amtierende Indy-500-Champion, der Mann, der gerade um fünf Millionen US-Dollar Preisgeld fuhr, ließ in Turn 2 von Las Vegas sein Leben. Am Sonntagabend zeigte der Motorsport einmal mehr sein hässliches Gesicht. Eine Fratze, die fast schon vergessen schien.

Titel-Bild zur News: Dan Wheldon

IndyCar-Champion Dan Wheldon: 22. Juni 1978 - 16. Oktober 2011

Die Bilder dieses schrecklichen Unfalls werden um die Welt gehen. In den kommenden Wochen und Monaten werden viele Fragen gestellt werden und noch mehr Antworten gegeben werden müssen. Doch dies ist sicherlich nicht die Stunde, um diese Diskussionen zu führen. Dies wird Dan Wheldon nicht mehr lebendig machen können - für seine Frau Susie, seine beiden Söhne Sebastian und Oliver, seine Familie und Freunde, sein Team, die gesamte IndyCar-Serie und seine zahlreichen Fans in aller Welt.


Fotos: IndyCars in Las Vegas


Mit nur 33 Jahren wurde der Brite in Las Vegas jäh aus dem Leben gerissen. Ein zweifacher Indy-500-Champion, ein IndyCar-Titelträger und vor allem ein großer Sympathieträger, den viele als den perfekten IndyCar-Botschafter bezeichneten. Erst in diesem Jahr glänzte der Sunnyboy mit dem Dauerlächeln als extrem redegewandter TV-Kommentator, als er als arbeitsloser Indy-500-Champion drei Rennen bei 'Versus' kommentierte.

Doch an eine TV-Karriere dachte er nicht. Noch lange nicht. Wheldon war ein Vollblutrennfahrer. Mit nur vier Jahren begann er mit dem GoKart-Sport. Geboren in Emberton in der britischen Grafschaft Buckinghamshire und väterlicherseits mit heißblütigen irischen Wurzeln versehen, hießen seine Gegner damals unter anderem Jenson Button und Anthony Davidson. Wheldon war, wie so viele junge Motorsportler, ein glühender Fan von Ayrton Senna. Auch Dario Franchitti, seinen späteren IndyCar-Teamkollegen, lernte er zu dieser Zeit kennen.

Andretti und St. Pete

Dan Wheldon

Dan Wheldon mit Ehefrau Susie und dem kleinen Oliver Zoom

Sein Karriereweg führte ihn 1999 in die USA. Unter anderem fuhr er in der Atlantic Serie und bei den IndyLights, bevor er Ende 2002 die Chance für zwei IndyCar-Rennen bei Panther Racing bekam. Schon im Frühjahr 2003 erhielt er einen Vertrag bei Andretti/Green Racing, um dort den nach einem Motorradunfall außer Gefecht gesetzten Franchitti zu ersetzen. Als dann Teamchef Michael Andretti zurücktrat, hieß sein Nachfolger Wheldon. Dazu gesellten sich die beiden IndyCar-Schwergewichte Tony Kanaan und Bryan Herta.

Es war die große Zeit des Andretti-Teams und deren Honda-Power. Wheldon wurde 2003 zum "Rookie of the Year" und gewann 2004 in Motegi sein erstes IndyCar-Rennen. Mit insgesamt drei Saisonsiegen wurde er hinter Kanaan Gesamtzweiter. Unvergessen bleibt auch das Rennen in St. Petersburg im Frühjahr 2005, als die vier Andretti-Piloten geschlossen die ersten vier Plätze belegten - mit Wheldon als Sieger.

Er verliebte sich in die Gegend am Golf von Mexiko. Kurze Zeit später beschloss er, sich ein Haus auf Snell Island nahe St. Petersburg zu kaufen. Die Familie Wheldon - er heiratete seine Freundin Susie im Jahr 2008 - wohnt dort immer noch. Sein Sohn Sebastian ist mittlerweile zwei Jahre alt, der kleine Oliver wird bald sieben Monate.

Die Geschichte rund um das Indy 500 des Jahres 2005 ist weithin bekannt. Wheldon verhinderte in der Schlussphase einen Sieg von Danica Patrick, die danach soviel Aufmerksamkeit auf sich zog, dass sein Erfolg beinahe unterzugehen drohte. Dabei war Wheldon der erste Brite seit Graham Hill 1966, der ein Indy 500 gewinnen konnte.

Ganassi und immer wieder Franchitti

Dan Wheldon

Indianapolis 2005: Dan Wheldon gewinnt sein erstes Indy 500 Zoom

Am Jahresende 2005 hatte Wheldon in dominanter Art und Weise seinen ersten IndyCar-Titel geholt. Sein Vorsprung auf Teamkollege Kanaan betrug satte 80 Punkte. Es lockte ein lukrativer Vertrag bei Chip Ganassi und natürlich Honda, für den er sogar ein Formel-1-Angebot als dritter Mann beim BMW Sauber F1-Team ausschlug. "Als Dan zu uns kam, habe ich auf einmal verstanden, warum er so viele Rennen gewonnen hatte", erinnert sich Ganassi an seinen Neuzugang.

"Er hat für uns auf Anhieb das 24-Stunden-Rennen von Daytona gewonnen, danach Homestead und so weiter. Er hat Scott Dixon gezeigt, wie man Rennen gewinnt und Scott wurde so zu einem besseren Rennfahrer." Aber der ganz große Wurf gelang ihm bei Ganassi nicht. Haarscharf schlitterte er 2006 - punktgleich und aufgrund weniger Saisonsiege im Vergleich zu Sam Hornish Jr. - am zweiten Titel vorbei. Zwar gewann er für Ganassi sechs Rennen in drei Jahren, doch ab 2007 stand er immer ein wenig im Schatten des Neuseeländers Dixon.

Zu dieser Zeit liebäugelte Wheldon intensiv mit einem Wechsel in die NASCAR. Damals kam ihm plötzlich Dario Franchitti in die Quere, als dieser 2008 zu Ganassi stieß. Franchitti hatte 2007 zwei heftige IndyCar-Abflüge hinter sich und war seinerseits wechselwillig. Für den Teamchef erschien es lukrativer, den damals amtierenden Indy-500-Champion zu engagieren, als Wheldon eine Chance zu geben. So wurde der Schotte 2008 zum NASCAR-Teamkollegen von Juan Pablo Montoya.

Doch das NASCAR-Abenteuer Franchittis verlief nicht zufriedenstellend. Ganassi überredete seinen prominenten Neueinkauf, in die wiedervereinigte IndyCar-Serie zurückzukehren. Damit war für Wheldon kein Platz mehr im Ganassi-Team und er kehrte Hals über Kopf zu Panther Racing zurück, wo er einst seine IndyCar-Karriere begonnen hatte.

Ein letzter großer Triumph...

Dan Wheldon

Indianapolis 2011: Dan Wheldon siegt zum zweiten Mal beim Indy 500 Zoom

Aber die Zeiten hatten sich geändert. Zu Anfang des Jahrzehnts war das Panther-Team noch eine Meistermannschaft, die mit Sam Hornish Jr. zwei IndyCar-Titel holte. Mittlerweile war das Einwagenteam ohne echte Chance gegen die Penske und Ganassis dieser Welt. Wheldon glänzte nur beim Indy 500, als er 2009 und 2010 jeweils Zweiter wurde.

So kam es, dass er für die Saison 2011 komplett arbeitslos war. Ein Schicksal, das er unter anderem mit Tony Kanaan teilte. Doch während Kanaan in letzter Sekunde bei KV Racing unterkam, blieb Wheldon ohne Beschäftigung. Bis zum Monat Mai und bei seinem alten Weggefährten Bryan Herta. Es folgte das unglaubliche Finish von Indianapolis, in dem Rookie J.R. Hildebrand Wheldons Ex-Auto in Turn 4 der letzten Runde an die Wand fuhr. Der arbeitslose Wheldon war mit einem Schlag erneuter Indy-500-Champion.

Dies war der Wendepunkt seiner Karriere. Er bekam den offiziellen Testfahrerjob für das Next-Generation IndyCar, das im Nachhinein so schicksalhafte Angebot mit dem fünf Millionen US-Dollar Bonus und die Aussicht auf eine Rückkehr zu Michael Andretti als Nachfolger für Danica Patrick. Und schon am heutigen Montag hätte Wheldon nach Australien fliegen sollen, um sich für das Gold Coast 600 der V8-Supercars vorzubereiten. Dann kam Las Vegas - und es war nichts mehr so, wie es vorher war...