• 09.03.2011 13:23

  • von Karl Wendlinger

Wendlinger-Kolumne: Endlich wieder Action!

GT1-Pilot Karl Wendlinger über den Wechsel in den Lamborghini Murcielago, das Reglement der Serie und die Chancen für die Zukunft

Liebe Leser von 'Motorsport-Total.com',

Titel-Bild zur News: Karl Wendlinger

Auf nach Abu Dhabi: Ich sehe sehr zuversichtlich auf die neue Saison

endlich geht es wieder los! Die neue Saison der GT1-Weltmeisterschaft steht vor der Tür und ich bin schon heiß auf Action. Wie ihr bestimmt schon mitbekommen habt, setzt das Swiss-Racing-Team in diesem Jahr nicht mehr auf Nissan, sondern auf Lamborghini. Ich muss mich also im vierten Jahr in Folge auf ein neues Auto einstellen. Das sollte aber überhaupt kein Problem sein.

Der Umstieg damals vom Aston Martin auf den Saleen war extrem leicht, vom Saleen auf den Nissan eigentlich auch. Es war eben nur leider so, dass der GT-R während der vergangenen Saison nur ganz selten wirklich konkurrenzfähig war. Wenn man bedenkt, wie viel Geld und Aufwand Sumo ins Auto gesteckt hat, dann waren deren Ergebnisse auch nicht so berauschend.

Ein Beispiel: Beim Saisonfinale auf der tollen Strecke in San Luis sind wir von ganz hinten in das Qualifikationsrennen gestartet. Am Ende des Laufs waren wir auf Platz sieben, nur ein paar Meter hinter Dumbreck/Krumm im gleichen Wagen. Das zeigt, dass denen die vielen Tests auch nicht allzu viel gebracht haben. Der Wagen hatte einfach keine realistische Chance 2010.

Insgesamt war die Vorsaison spät beendet, daher fielen auch die Puzzleteile für 2011 erst verhältnismäßig spät an ihren Platz. Für unseren Teamchef Othmar Welti stand aber zu Weihnachten wohl schon fest, dass wir nicht weiter mit Nissan zusammenarbeiten werden. Die Frage war lange Zeit nur, welches Auto es für das neue Jahr sein soll.

Letztlich fiel die Entscheidung zugunsten des Lamborghini. Ich finde das gut, denn der Murcielago war vor allem in der zweiten Saisonhälfte 2010 oftmals gut dabei. Die Aussichten auf Erfolge sind also deutlich besser als im Vorjahr. Bislang habe ich den Wagen noch nicht ausprobieren dürfen, aber vielleicht schaffen wir am Ende dieser Woche noch einen kurzen Rollout, bevor das gesamte Material nach Abu Dhabi gebracht wird.

Karl Wendlinger

Mit dem Nissan GT-R hatten wir 2010 nur begrenzte Möglichkeiten Zoom

In der kommenden Woche stehen dort Tests an. Spätestens am Mittwoch werde ich erstmals Kontakt zu meinem neuen "Dienstwagen" aufnehmen. Ich freue mich schon darauf. Bei der allerersten Ausfahrt geht es immer um das Gesamtpaket. Man achtet dabei nie auf spezielle Bereiche des Autos, sondern sucht möglichst schnell ein Setup, sodass die Balance stimmt.

So ganz nebenbei prägt man sich die Eigenheiten des Autos ein. Wie spricht der Motor an? In welchem Drehzahlbereich kommt wie viel Schub? Wie lassen sich die Gänge durchschalten? Auf solche Dinge achtet man nicht explizit, sondern so etwas prägt sich unterbewusst ganz automatisch ein. Wenn ich daran denke, dass Zonta/Kechele 2010 in genau diesem Auto so gut unterwegs waren, dann kommt ein Grinsen in mein Gesicht.

Zuversichtlich stimmt mich vor allem die Tatsache, dass sich an den Einstufungen der Fahrzeuge nichts ändern soll. Die Tests am kommenden Mittwoch dienen einfach nur für Abstimmungsfahrten, es wird nicht eine ganz neue "Balance of Performance" geben. Es mag passieren, dass man den Nissans ein wenig Gewicht rausnimmt, aber das war es dann auch schon. Wir sollten also gut dabei sein.


Fotos: FIA-GT1-WM in San Luis


Die Einstufungen haben sich im vergangenen Jahr bewährt. Nicht ohne Grund gab es so viele tolle und enge Fights der verschiedenen Marken. Daher ist es gut, dass die Serie - trotz offensichtlicher Probleme - weiter bestehen kann. Andererseits ist es schade, dass Vitaphone-Maserati wohl nicht mehr dabei ist. Michael Bartels und seine Autos waren jahrelang fester Bestandteil der Serie.

Zum kommenden Jahr muss sich ohnehin einiges ändern. Am Ende dieser Saison laufen die Homologationen der meisten GT1-Autos aus. Ich glaube kaum, dass sich für 2012 viele neue Hersteller mit neuen GT1-Autos finden werden. Daher muss Promoter Stephane Ratel reagieren. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Weltmeisterschaft ab 2012 nach einem Reglement in Anlehnung an GT3 oder GT2 laufen wird.

Sollte man einen solchen Schritt tatsächlich machen, dann hätte man auf einen Schlag eine ganze Reihe von Fahrzeugen, die mitmischen könnten. Das wäre gut und würde die Zukunft der Serie sichern. Mal ein Wort zum aktuellen Reglement: In den vergangenen Wochen ist wegen der Probleme mit dem Starterfeld für 2011 immer wieder das Regelwerk in die Kritik geraten. Das finde ich nicht richtig.

Natürlich hat die Vorgabe, dass jeder Hersteller genau zwei Teams mit jeweils genau zwei Autos im Feld haben muss, durchaus auch Schattenseiten. Grundsätzlich muss man aber mal festhalten, dass es die GT1-WM ohne diese Regel wahrscheinlich gar nicht geben würde. Ohne diesen Zwang hätte man niemals ein Starterfeld für 2010 zusammenbekommen, weil vermutlich viele Hersteller nur zwei Autos genannt hätten.

Neues Jahr, neues Auto: Wir übernehmen 2011 die Lamborghinis von Reiter Zoom

Man muss also immer beide Seiten betrachten. Ich will das Reglement an dieser Stelle nicht mit aller Macht verteidigen, aber ich möchte, dass man auch diesen Aspekt - bei aller Kritik - mal bedenkt. Erst wenn wirklich zum Jahr 2012 vielleicht reihenweise Hersteller mit GT3-Autos in die Serie drängen, dann sollte man eventuell ernsthaft über die Abschaffung dieser Regel nachdenken. Dann wäre es unkritisch.

Aber das alles ist Zukunftsmusik. Die Gegenwart sieht endlich die ersten Auftritte 2011 vor. Ich fliege bereits am Sonntag nach Abu Dhabi, komme dann dort am frühen Montagmorgen an. Dann habe ich einen Tag lang Zeit, mich dort zu akklimatisieren. Ich komme aus der winterlichen Kälte Österreichs in die 30 Grad warme Golfregion. Das steckt man nicht innerhalb weniger Stunden einfach so weg.

Auf den ersten Renntrip des Jahres wird mich meine Frau Sophie begleiten. Die Eltern sind vorübergehend aus dem Haus, die Kids bleiben in der Heimat. Laura und Jonas müssen zur Schule und können deshalb nicht mit. Während sich also meine Kleinen mit Mathe und Geschichte herumplagen, lernt der Papa eifrig die Sprache des Lamborghini!

Drückt mir für die neue Saison die Daumen!

Karl Wendlinger

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