Nacktgesang & Kahlrasur: Wie weit geht ein Pilot für Fanboost?

Verrückte Wetten gab es bereits in der zweiten Saison: Doch wie weit würden die Formel-E-Fahrer gehen, um den Fanboost zu bekommen? Wir haben uns umgehört...

(Motorsport-Total.com) - Nackt Taylor Swift singen oder Tattoo stechen lassen: Zwar musste der umstrittene Fanboost zuletzt große Kritik wegen undurchsichtiger Abstimmungsergebnisse oder einer wahrscheinlichen Manipulation einstecken, doch das System hat in der abgelaufenen Saison der Formel E auch für große Unterhaltung gesorgt. In den sozialen Netzwerken haben einige Piloten nichts unversucht gelassen, um an den durch Fans bestimmten Zusatzschub zu kommen.

Titel-Bild zur News: Daniel Abt

Fannähe zeigen gehört bei Daniel Abt zum guten Programm Zoom

Vor allem Daniel Abt hat mit seinen Wetten für viel Aufsehen gesorgt. Via Twitter kündigte der Deutsche an, im Falle des gewonnenen Boosts einige Aufgaben zu absolvieren. So wollte er etwa in der Startaufstellung von Long Beach nackt Taylor Swift zum Besten geben, sollten die Fans für ihn stimmen. Da sie das nicht haben, blieb dem Abt-Piloten die Gesangseinlage erspart, gemacht hätte er es allerdings wirklich, wie er betont.

"Wenn man so etwas sagt, muss man schon dazu stehen", erzählt er bei 'Motorsport-Total.com'. Geneigte Motorsport-Fans dürften sich fragen, ob sein Team auch glücklich über die Aktion gewesen wäre, schließlich kann man sich nur schwer vorstellen, dass man in der Vorstandsabteilung von Mercedes in der Formel 1 begeistert wäre, wenn Nico Rosberg eine solche Show abziehen würde. Doch bei Abt sieht man die Sache nicht so eng: "Wir wollen als Team auch einfach erfrischend und locker auftreten und nicht dieser PR-Abklatsch sein, den man von anderen Serien kennt", betont der 23-Jährige.

"Im Endeffekt war es gute PR, weil es in den USA sogar in den Nachrichten kam. Irgendwo hat es sich schon gelohnt", meint der Deutsche weiter. "Das war nicht einmal das Ziel, aber warum nicht? Wir sind eine neue Serie, wo alles noch ein wenig anders ist." Abt hatte die Sängerin damals sogar via Twitter spaßeshalber persönlich nach Long Beach eingeladen, doch eine Antwort gab es von der Amerikanerin nicht. "Ich warte noch sehnsüchtig", lacht Abt.

Neuling hat schon Haare verloren...

Es sind diese Stories, die die Formel E fannah zeigen und ein positives Bild abgeben. "Es geht nur darum, ein bisschen Spaß mit den Fans zu haben", sagt Abt zu seinen Aktionen. Auch in der Saison 2016/2017 dürften die Fahrer wieder um die Aufmerksamkeit der Zuschauer buhlen, denn der Fanboost bleibt trotz aller Kritik auch im dritten Jahr der Serie bestehen. Doch wie weit würden die Fahrer gehen, um die Gunst der Fans zu gewinnen?

Neuling Maro Engel kennt sich schon mit Wetten aus. Der Venturi-Pilot musste zuletzt bereits seine Haare opfern, die ihm ein Teamkollege abrasieren durfte. Zwar will er seine Frisur nicht noch einmal aufs Spiel setzen, dennoch will auch er versuchen, sich den Fanboost zu angeln und Spaß zu haben: "Ich denke, dass wir uns sicherlich das ein oder andere einfallen lassen werden, um die Fans zu engagieren und daran teilhaben zu lassen", sagt der Münchener zu 'Motorsport-Total.com'.

Maro Engel

Maro Engel musste seine Haare zuletzt wieder nachwachsen lassen Zoom

"Ich bin schon ein verrückter Typ - zumindest denkt das jeder, weil ich Niederländer bin", kann sich auch Andretti-Pilot Robin Frijns vorstellen, ein wenig in die Trickkiste zu greifen. Was er dafür allerdings tun muss, das hat er sich noch nicht überlegt, und auch Daniel Abt findet es schwierig, die Grenze auszuloten. "Es ist natürlich nicht einfach, sich immer neue Dinge auszudenken", sagt der Deutsche, der bisher am weitesten ins Risiko gegangen ist.

Heidfeld: Fanboost-Jagd mehr Zwang als Lust

"Ich würde so weit gehen, dass ich dem Daniel das Tattoo stechen würde", lacht Nick Heidfeld und spielt damit auf eine zweite Wette Abts an, der sich ein Tattoo stechen lassen wollte. Der ehemalige Formel-1-Pilot hat auf Twitter ebenfalls häufig Werbung für sich betrieben, sich dabei allerdings eher auf die Kommunikation und Witzeleien mit seinen Fans gestützt - und dabei häufig auch über sich selbst lachen können.

Für den Mönchengladbacher ist die Jagd nach dem Fanboost immer ein Spagat. "Man will natürlich etwas für sich haben, wenn es etwas zu holen gibt. Andererseits habe ich von Anfang an gesagt, dass ich den Fanboost nicht mag. Für mich ist es unfair", erklärt er und sieht den Stimmenfang eher als notwendiges Übel: "Ich kann ja nicht rumlaufen und sagen, dass ich probiere, mir diesen Vorteil nicht zu holen."

Immerhin konnte Heidfeld im Gegensatz zu Landsmann Abt ab und zu den Fanboost einsacken, was vor allem an seiner Popularität und der großen Fanbase seines indischen Teams zusammenhängen dürfte (wenn man die Manipulationsvorwürfe, die nicht die Fahrer oder Teams selbst betreffen, außer Acht lässt). Und während der 39-Jährige dadurch vor allem auf seinen Anhang zählen kann, müssen andere Piloten eben mehr ins Risiko gehen, wollen sie den Fanboost gewinnen.

Man darf gespannt sein, was sich die Piloten einfallen lassen, um sich in der neuen Saison einen kleinen Vorteil zu erhaschen. Zwar sind sich auch die Piloten nicht einig darüber, ob der Schub am Ende überhaupt so viel bringt, "aber lieber haben als nicht haben", sagt Abt. "Er schadet auf jeden Fall nicht." Und außerdem zielt die Jagd nach dem Fanboost ja nicht nur alleine auf die 100 zusätzlichen Kilojoule ab. "Es geht ja auch darum, ein bisschen Spaß reinzubringen", meint der Deutsche. Und dieses Ziel wird damit auf jeden Fall erreicht.