• 06.09.2010 15:12

  • von Roman Wittemeier

Lapierre: "Eine seltsame Situation für mich"

Nicolas Lapierre spricht im Interview mit 'Motorsport-Total.com' über das LMS-Finale in Silverstone, die kuriose Situation im Titelkampf und das Auto für 2011

(Motorsport-Total.com) - Das kommende Rennwochenende der Le-Mans-Series (LMS) ist Auftakt und Ende zugleich. Während in Silverstone im finalen Lauf der LMS die Meister gekürt werden, feiert man gleichzeitig den Beginn des neuen International Le Mans Cup (ILMC). Aus diesem Anlass treffen Audi und Peugeot endlich wieder aufeinander, die Nennliste zeigt endlich auch wieder den Namen Nigel Mansell.

Titel-Bild zur News: Nicolas Lapierre

Nicolas Lapierre will mit Oreca zum Titel in der Le-Mans-Series (LMS) fahren

Während sich die Hersteller bekämpfen, will Oreca mit dem Kunden-Peugeot die Titel in der LMS holen. In der Teamwertung liegen die Franzosen nur knapp vor den Landsleuten von Signature, in der Fahrerwertung steht Stéphane Sarrazin deutlich an der Spitze. Der an Oreca ausgeliehene Peugeot-Werksfahrer hat 15 Punkte Vorsprung vor seinem Teamkollegen. Nicolas Lapierre erklärt die für ihn undankbare Situation im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.#w1#

Frage: "Nicolas, wie wirst du das LMS-Finale in Silverstone angehen?"
Nicolas Lapierre: "Unser erstes Ziel ist natürlich der Gewinn der Meisterschaft. Wir wollen den Teamtitel und den Fahrertitel für Stéphane. Er ist einfach in einer tollen Ausgangsposition. Wenn er Champion wird, dann bin ich automatisch wohl Zweiter. Mehr kann ich persönlich nicht erreichen."

"In erster Linie haben wir es aber auf den Rennsieg in Silverstone abgesehen. Das letzte Aufeinandertreffen von Audi und Peugeot war im Juni in Le Mans. Leider sind wir dort nicht ins Ziel gekommen. Jetzt wollen wir die Revanche. Wir wollen unbedingt siegen."

Frage: "Nach den Peugeot-Motorschäden in Le Mans: Fährt die Angst vor weiteren Defekten immer mit?"
Lapierre: "Nein, überhaupt nicht mehr. Peugeot hat die entsprechenden Teile mittlerweile verbessert. Wir sind ganz sicher, dass der Motor die 1.000 Kilometer ohne Probleme überstehen wird. Wir verschwenden keine Gedanken an die Defekte."

Nicolas Lapierre

Oreca wird den Peugeot 908 HDi FAP 2011 nicht mehr einsetzen können Zoom

Frage: "Vom Speed her war Peugeot in Le Mans deutlich schneller als Audi. Wird das in Silverstone ähnlich sein?"
Lapierre: "Die Strecke ist komplett anders, daher kann man das noch nicht einschätzen. Wir haben ein neues Aerodynamikpaket für viel Abtrieb, wissen aber noch nicht, wie gut es sein wird. Ich bin sicher, dass wir ganz gut dabei sein werden. Aber ob wir ganz vorne fahren können, das wird sich frühestens im ersten Training in Silverstone zeigen. Ich schätze, dass es ein enger Kampf mit Audi wird."

Frage: "Gefällt dir die Strecke in Silverstone?"
Lapierre: "Sehr sogar. Ich bin zwar den neuen Abschnitt noch nie gefahren, aber den Rest der Runde finde ich super. Es ist ein toller Kurs für LMP1-Fahrzeuge, weil er schnell und ausreichend breit ist. Dort wird man schönen Rennsport sehen können. Im vergangenen Jahr haben wir dort gewonnen, daher freue ich mich sehr darauf."

Frage: "Vor allem die ersten Kurven sind extrem schnell und flüssig. Seid ihr mit dem LMP1 dort genauso schnell wie die Formel 1?"
Lapierre: "Fast. Die Formel 1 ist vielleicht einen Hauch schneller dort, weil unser Auto schwerer ist. In die erste Ecke gehst du mit höllisch viel Speed, die Kurven danach sind toll zu fahren. Unser Problem ist, dass du im Sportwagensport ständig im Verkehr steckst. Da gibt es schon aufregende Momente, weil der Geschwindigkeitsunterschied zu den GT2-Autos sehr drastisch ist. Wenn du in den schnellen Ecken an denen vorbei musst, macht das schon Spaß."

Frage: "Ist das nur Spaß, oder gibt es dabei auch große Gefahren?"
Lapierre: "Für übermäßig gefährlich halte ich es nicht. Aber man muss sicherlich etwas aufpassen."

Frage: "Es wird eines der letzten Rennen des Peugeot 908 HDi FAP sein. Was denkst du über diesen Prototypen?"
Lapierre: "Ein fantastisches Auto, sehr effizient - vor allem in schnellen Kurven ist der Wagen klasse. Auch der Motor leistet ordentlich Schub. Das Auto wurde speziell für Le Mans entwickelt. Dort war dieser Prototyp einfach einzigartig zu fahren. Sicherlich ist es das beste Auto, das du für Le Mans haben kannst. Leider hatten wir nicht die nötige Zuverlässigkeit, aber das Gefühl war toll. Es macht mit diesem Auto überall Spaß, aber ganz besonders in Le Mans."

Nicolas Lapierre

Fahrer und Teamchef: Nicolas Lapierre und Oreca-Boss Hugues de Chaunac Zoom

Frage: "Peugeot sagt, dass man den 908 im kommenden Jahr nicht mehr hergibt. Wie geht es also bei dir und bei Oreca 2011 weiter? Welches Auto fahrt ihr dann?"
Lapierre: "Das wissen wir noch nicht ganz genau. Bei Oreca gab es ein Projekt zum Bau eines eigenen Autos mit Peugeot-Motor. Aber dieses Projekt liegt derzeit auf Eis, weil man das Budget wirklich nur schwierig aufgestellt bekommt. Wir warten mal ab, was Peugeot sagt. Wir wollen ganz bestimmt mit ihnen weitermachen. Es gibt Gespräche und Diskussionen, aber es ist noch nichts fix."

Frage: "Ist es sogar denkbar, dass ihr den neuen Peugeot 90X als Kundenfahrzeug bekommt?"
Lapierre: "Mal sehen. Ich denke, dass sie im ersten Schritt vielleicht nicht unbedingt ihren neuen Prototypen an Kunden geben möchten. Ausschließen will ich aber auch das nicht, mal abwarten. Es ist für 2011 alles offen, viele Optionen sind denkbar. Wir warten nun auf die Entscheidungen von Peugeot."

Frage: "Silverstone ist nicht nur das LMS-Finale, sondern gleichzeitig auch der Auftakt des neuen International Le Mans Cup (ILMC). Ist diese neue Serie wirklich ein erster Schritt zu einer möglichen Prototyopen-Weltmeisterschaft?"
Lapierre: "Ja, das ist ganz bestimmt ein erster Schritt - ein richtig guter Schritt. Es ist doch wichtig, dass man Audi und Peugeot das ganze Jahr über gegeneinander kämpfen sieht. Das ist auch für diese Hersteller wichtig. Sich nur bei einem Rennen in Le Mans zu messen, reicht doch längst nicht. Für die gesamte Sportwagenszene ist es ein wichtiger Schritt. Ich bin sicher, dass es ein Erfolg wird. Man sieht das daran, dass sich schon jetzt sechs Hersteller daran beteiligen."

Frage: "Abschließend noch einmal zum kommenden Wochenende: Du kannst in Silverstone machem was du willst, aber wirst immer 15 Punkte hinter deinem Teamkollegen Stéphane Sarrazin zurückbleiben. Ist das nicht eine traurige Situation?"
Lapierre: "Ja, schon irgendwie. Es ist für mich nicht ganz einfach, unter solchen Voraussetzungen an das Saisonfinale zu gehen. Egal, was ich auch tue, er wird immer vor mir sein - seltsam irgendwie. Aber das Wichtigste ist, dass wir als Team die Titel einfahren. Ich hoffe, dass ich im kommenden Jahr die Saison konstant mit dem gleichen Teamkollegen bestreiten kann. Dann kann ich endlich auch selbst wieder um den Fahrertitel mitfahren."