• 23.09.2015 13:47

  • von Roman Wittemeier

WEC-Kalender 2016: Wer will denn nach Mexiko?

Der in Austin vorgestellte WEC-Kalender 2016 birgt jede Menge Zündstoff - 'Motorsport-Total.com'-Redakteur Roman Wittemeier über den Streit im Hintergrund

Liebe Freunde der Langstrecke,

Titel-Bild zur News: Autodromo Hermanos Rodriguez in Mexiko-Stadt

Der Umbau des Autodromo Hermanos Rodriguez wird bald abgeschlossen sein Zoom

die WEC entwickelt sich prächtig. Die Zuschauerzahlen sind gut, die Verbreitung in den Medien nimmt zu und so langsam bekommen immer mehr Formel-1-Fahrer großes Interesse an den schnellen und technisch weit entwickelten LMP1-Autos. Es sei an der Zeit, auch die Anzahl der Rennen zu erhöhen, meint WEC-Promoter Gerard Neveu, obwohl er stets betont hat, dass es ein neuntes Rennen nur dann geben wird, wenn es für alle Beteiligten tragbar ist.

Und was macht Herr Neveu nun? Er präsentiert in Austin in aller Eile und Kürze den Rennkalender 2016. Darin enthalten ist ein neuntes Rennen, und zwar auf der Formel-1-Strecke in Mexiko-Stadt. Zwar war Mexiko neben Monza und Montreal schon länger im Gespräch, aber die Aufnahme in den Rennkalender kam nun völlig überraschend - und zwar für (fast) alle. Der Grund: Gerard Neveu hat einen Alleingang par excellence hingelegt.

Ursprünglich hatte man geplant, den Kalender 2016 in Austin im Rahmen einer Pressekonferenz vorzustellen. So hat man es bislang in jedem Jahr gemacht - professionell und souverän. In diesem Jahr sah das ganz anders aus. Die WEC-Verantwortlichen mussten sich von Mittwoch bis Freitag immer wieder fragen lassen, wann die Pressekonferenz denn stattfinden werde. Die Antwort: "Wir wissen es nicht. Vielleicht auch gar nicht." Ist so etwas professionell? Eher nicht.


Fotos: WEC in Austin


"Wir sind in den Tagen vor Austin noch oft zusammengesessen. Der Kalender kam nun 'on short notice' wie man so schön sagt, also sehr kurzfristig", sagt mir Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich. Die Hersteller erfuhren erst kurz vor der Verkündung vom "Neveu-Coup", die privaten Teams wurden der Situation erst gewahr, als am Samstag kurz vor dem Rennstart die entsprechende Erklärung herauskam - eine Pressekonferenz gab es nicht. Dafür umso mehr Diskussionen allerorten.

Hersteller wollten weiterhin acht Rennen

"Wir sind vom neunten Rennen überrascht worden. Abgestimmt hatten wir eine Saison 2016 mit acht Rennen. Über den Prozess, wie man zu dieser Entscheidung gekommen ist, wird noch zu sprechen sein. Auch wir haben erst am Freitag in Austin von der Hinzunahme des neunten Rennens erfahren", meint TMG-Boss Rob Leupen, der ebenso wie Audi und Porsche in allen Gesprächen mit Neveu auf einen Rennkalender 2016 mit weiterhin acht Läufen plädiert hatte.

Gerard Neveu

Steht derzeit heftig in der Kritik: WEC-Vermarkter Gerard Neveu Zoom

"Es ist gar keine Frage: Mexiko ist für uns ein wichtiger Markt, weil dort gerade ein neues, großes Audi-Werk gebaut wird. Es wird auch schon über lange Jahre vom Konzern dort produziert", erklärt Ullrich das durchaus vorhandene Interesse von Audi am Markt in Nordamerika. Aber: "Wir haben mit acht Rennen geplant." Und genau dort liegt ein riesiges Problem. Die Budgets der Werksteams sind abgesegnet - und zwar auf Grundlage von acht Rennen. Woher soll das zusätzliche Geld kommen?

"Das Ziel ist - und das haben wir ganz klar zu verstehen gegeben -, dass keine zusätzlichen Kosten entstehen", schildert Ullrich den möglichen Ausweg. Realistisch ist dies jedoch überhaupt nicht. In der Erklärung der WEC, in der es übrigens heißt, der Kalender sei "in Abstimmung mit allen Partnern und Teilnehmern" entstanden, verspricht man den Teams, dass die Transportkosten von Europa nach Mexiko übernommen werden. Mehr nicht.

Woher soll das zusätzliche Geld denn kommen?

"Man muss zur Kenntnis nehmen, dass wenn man nicht entsprechende Konditionen aushandelt, die Zusatzkosten für ein neuntes Rennen nicht für alle tragbar sind", gibt Ullrich offen zu. Die Situation ist bei allen LMP1-Herstellern ähnlich. Wenn Mexiko tatsächlich stattfindet, dann muss man womöglich das dafür notwendige Budget aus dem Topf für technische Entwicklung holen. Und das kann sicherlich nicht die Lösung des Problems sein. Erst recht nicht für Toyota und Audi, die eine große Aufholjagd starten wollen.

Die Werke, da bin ich mir sicher, werden die zusätzliche Belastung irgendwie stemmen können. Aber was machen die privaten Teams der WEC? "Das wird richtig, richtig teuer", sagt mir ein Teamchef aus der GTE-Am-Klasse. "Wir sind schockiert. Es gab diesbezüglich keinerlei Abstimmung mit den privaten Teams", höre ich aus der Riege der privaten LMP-Mannschaften. Alle seien froh gewesen, dass das teure Rennen in Sao Paulo gegen einen erfolgreichen Event am Nürburgring getauscht worden sei. Und nun Mexiko.


Ford blickt mit dem GT auf 2016

Der neue Ford GT wird 2016 in der Langstrecken-WM (WEC) an den Start gehen. Das große Highlight: Die Teilnahme bei den 24 Stunden von Le Mans

Ich möchte euch mal darstellen, wie viel Geld die einzelnen Teams dieses zusätzliche Rennern im Kalender kostet. Ich habe mich bei mehreren LMP2- und LMP1-Privatteams schlau gemacht. Bitte festhalten! Allein die Flüge für die Teammitglieder (25.000 Euro), die Hotelzimmer in Mexiko-Stadt (10.000 Euro), das Catering vor Ort (7.000 Euro) und die örtlichen Transfers (5.000 Euro) in der als unsicher geltenden Hauptstadt von Mexiko schlagen ordentlich zu Buche. Aber es geht ja noch viel weiter.

Für die Reifen werden 25.000 Euro (LMP2) bis 42.000 Euro (LMP1) fällig. Hinzu kommen 6.000 Euro für Benzin, mindestens 30.000 Euro für Getriebe- und Motorenrevisionen, den Support durch entsprechende Ingenieure lassen sich die Motorenpartner auch noch einmal mit mindestens 5.000 Euro bezahlen. Hinzu kommen auch noch zusätzliche 20.000 Euro für die notwendigen Versicherungen - und, und, und... Macht in Summe rund 250.000 Euro pro privat eingesetztem Prototypen! Und das ist knapp gerechnet.

Es wurden doch nicht alle gefragt

Die Kosten für die GTE-Am-Teams sind kaum geringer, jene für die Herstellermannschaften in der GTE-Pro und LMP1 erheblich höher. Insgesamt wird das gut 30 Autos umfassende Starterfeld der WEC schätzungsweise rund zehn Millionen Euro für den Mexiko-Trip ausgeben müssen. So viel werden die Veranstalter vor Ort ganz sicher nicht als Antrittsprämie zahlen. Aber so viel gibt der Promoter ja auch nicht aus, denn es wird nur für Logistik gezahlt. Da bleibt für die WEC etwas hängen, für die Teams wird es fast ein Ding der Unmöglichkeit. Wie soll das funktionieren?

Meine Nachfragen diesbezüglich wurden von der WEC kurz und knapp beantwortet. Als ich die Damen und Herren darauf hinwies, dass man im Gegensatz zur Äußerung in der Presserklärung doch nicht alle Teilnehmer ins Boot geholt habe, da hieß es: "Alle Hersteller wurden konsultiert sowie große Partner wie Michelin und Dunlop." Also doch nicht alle Teams der aktuellen Langstrecken-Weltmeisterschaft. Selbst wenn Neveu gefragt und die Privaten ihre Vorbehalte vorgetragen hätten - hätte es etwas geändert?

Noch steht ein Sternchen hinter dem Termin 2016 in Mexiko-Stadt. Am Montag war der WEC-Promoter erneut am Autodromo Hermanos Rodriguez zu Gast. Man wollte die finalen Details des Vertrages fixieren. Dies scheint jedoch nicht gelungen zu sein. Je länger die Hängepartie zwischen Neveu und den örtlichen Veranstaltern andauert, desto größer werden vielleicht die Chancen, dass das Rennen wieder aus dem Kalender fliegt. Ich kenne viele im WEC-Paddock, die genau auf so etwas hoffen.

Viele Grüße,

Roman Wittemeier

ADAC GT MASTERS LIVE

ADAC GT Masters im TV

Nächstes Event

Zandvoort

7. - 9. Juni

Qualifying 1 Sa. 09:15 Uhr
Rennen 1 Sa. 15:15 Uhr
Qualifying 2 So. 09:15 Uhr
Rennen 2 So. 15:15 Uhr

Folgen Sie uns!

Folge uns auf Instagram

Folge uns jetzt auf Instagram und erlebe die schönsten und emotionalsten Momente im Motorsport zusammen mit anderen Fans aus der ganzen Welt

Folge uns auf Facebook

Werde jetzt Teil der großen Community von Motorsport-Total.com auf Facebook, diskutiere mit tausenden Fans über den Motorsport und bleibe auf dem Laufenden!