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Warum Aston Martins Rückkehr zu den 24h Le Mans absolut Sinn ergibt
Aus welchem Grund die Reaktivierung des Projekts Aston Martin Valkyrie LMH für WEC, IMSA, Le Mans nur logisch ist, erklärt Kevin Turner anhand der Historie
(Motorsport-Total.com) - Aston Martins Bekanntgabe, das Projekt Valkyrie LMH zu reaktivieren, um ab 2025 in der Hypercar-Klasse der Langstrecken-WM (WEC) und der GTP-Klasse der IMSA SportsCar Championship anzutreten, ist für den Langstreckensport eine hervorragende Nachricht.
© Aston Martin
Rendering des Aston Martin Valkyrie LMH für WEC und IMSA 2025 Zoom
Die Nachricht bedeutet, dass die 1959 in Le Mans siegreiche Marke an die Sarthe zurückkehren wird, um einen längst überfälligen Versuch zu unternehmen, einen zweiten Gesamtsieg beim berühmtesten Langstreckenrennen der Welt zu erringen.
Die Verkündung der Rückkehr von Ferrari zu den 24h Le Mans war wohl die größte Motorsport-Geschichte des Jahres 2021. Und der tatsächlich eingefahrene Gesamtsieg der berühmten italienischen Marke beim Langstreckenklassiker in Frankreich dürfte als der Feel-Good-Moment des Jahres 2023 gelten. Die Bekanntgabe von Aston Martin aus der vergangenen Woche sollte in ähnlicher Weise betrachtet werden.
Für Sportwagenfans ist das Le-Mans-Comeback Aston Martins eine große Sache. Denn - man höre und staune - Langstreckenrennen sind die eigentliche Heimat des britischen Herstellers im Motorsport.
Das Formel-1-Team hat sich sicherlich verbessert und der Saison 2023 die dringend benötigte Würze verliehen. Aston Martins Schaffen im Grand-Prix-Sport umfasst aber immer noch gerade mal vier Saisons: 1959 sowie 2021 bis 2023. Abgesehen davon gab es bereits eine kurze Präsenz in der Zeit zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg.
Ich selbst bin mit der Teilnahme an den Treffen des Aston Martin Owners Club in Großbritannien aufgewachsen. Obschon der Anblick und der Klang eines Grand-Prix-Boliden vom Typ DBR4 sicherlich Eindruck machten, so war es lediglich eine Ausnahme, die die Regel bestätigte. Denn Sportwagen und GT-Fahrzeuge bildeten den Großteil der ausgestellten exotischen Autos.
Aston Martins wechselvolle Geschichte im Langstreckensport
Im Langstreckensport verweist Aston Martin auf eine reiche, wenn auch bisweilen wechselvolle Geschichte. Für die britischen Fans ist einzig Jaguar ein vergleichbar großer Name. Der aber hat auf dem Circuit de la Sarthe in Le Mans keine so lange Geschichte, wenngleich er sieben Gesamtsiege vorzuweisen hat und Aston Martin nur einen.
Viele Jahre lang war Aston Martin eine Macht in den kleineren Klassen, bevor Gesamtsiege überhaupt erst möglich waren. Der 1,5-Liter-Ulster wuchs oft über sich hinaus und wurde 1935 in Le Mans Dritter. Es war das Jahr, in dem die spätere Schwesterfirma Lagonda einen überraschenden Gesamtsieg gegen Alfa Romeo errang.
Ein oft vergessener Langstreckenerfolg Aston Martins kam beim 24-Stunden-Rennen von Spa 1948, als Jock Horsfall und Leslie Johnson in einem Zweiliter-Sportwagen die erste Ausgabe des Rennens nach dem Zweiten Weltkrieg gewannen.
Dieser Sieg kam kurz nach einem Schlüsselmoment in der Geschichte des Unternehmens zustande. Der Industrielle David Brown nämlich hatte gerade Aston Martin (und Lagonda) gekauft und bemühte sich in den 1950er-Jahren intensiv um Langstreckenrennen. Aus dieser Zeit stammen die Aston-Martin-Rennwagen mit dem größten Kultcharakter.
Der DB2 war in den frühen 1950er-Jahren konstant für die Top 6 in Le Mans gut. 1951 belegten Fahrzeuge dieses Typs P3, P5, P7, P10 und P13. Der Nachfolger DB3S errang in den Jahren 1955, 1956 und 1958 dreimal P2.
Zur damaligen Zeit produzierte Aston Martin gleich mehrere Sportwagen mit hervorragendem Handling, die allerdings von Rivalen wie Ferrari, Jaguar, Mercedes und Maserati meistens trotzdem geschlagen wurden. Das erklärt auch, weshalb Aston Martin vor 1959 zwar viermal in Goodwood und zweimal beim zermürbenden 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring triumphierte, die 24h Le Mans bis dahin aber noch nicht gewonnen hatte.
1959: Der bis heute einzige Gesamtsieg in Le Mans
Das änderte sich 1959, als der DBR1 (sicherlich eines der schönsten Autos, das jemals auf einer Rennstrecke unterwegs war) einen Doppelerfolg einfuhr, nachdem die rivalisierenden Ferrari 250 TR überhitzten. Jeder, der einen DBR1 beim Goodwood Revival driften gesehen hat oder sogar das Glück hatte, ihn in den 1950er-Jahren in Aktion zu erleben, wird den Stellenwert der Konstruktion von Ted Cutting in der Motorsportgeschichte zu schätzen wissen.
© Motorsport Images
Roy Salvadori, Carroll Shelby siegten im Aston Martin DBR1 bei den 24h Le Mans 1959 Zoom
Dank der Fähigkeiten von Stirling Moss - und zwar sowohl am Lenkrad als auch in Bezug auf die Überredungskünste, tatsächlich ein Auto nach Deutschland zu schicken - siegte Aston Martin abermals beim 1000-Kilometer-Rennen auf dem Nürburgring. Bei der Tourist-Trophy in Goodwood triumphierte die britische Marke ebenfalls. In Kombination brachten diese Erfolge den Titelgewinn in der Sportwagen-WM gegen Ferrari und Porsche.
Das ist bis heute der Höhepunkt der Aston-Martin-Erfolge im Motorsport. Seither gab es viele Geschichten - gute und schlechte. David Brown stellte seine Rennaktivitäten im Anschluss an das Jahr 1959 ein, aber der DBR1 war noch immer gut genug, um 1960 in Le Mans als privat eingesetztes Auto in den Händen von Jim Clark und Roy Salvadori (Sieger von 1959) den dritten Platz zu belegen.
Die Ära David Brown geht zu Ende
Browns Reihe von Projektautos, die in unterschiedlichem Maße auf dem DB4 GT und maßgeschneiderten Prototypen basierten, versprachen zwar viel, waren aber stets unterlegen. Project 212 lag 1962 in Le Mans in Führung, fiel aber aus.
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Roy Salvadori gewinnt im Aston Martin DP214 die Coppa Intereuropa 1963 in Monza Zoom
Der letzte große Tag der Brown-Ära kam, als Roy Salvadoris Aston Martin DP214 im Jahr 1963 in Ferraris Heimat Italien die Coppa Intereuropa in Monza gewann. Es war ein spannendes Duell mit dem 250 GTO von Mike Parkes, aus dem Salvadori als Sieger hervorging.
Danach reichten die Bemühungen von Aston Martin - in der Regel mit dem V8-Motor von "Tadek" Marek - von katastrophalen (Lola-Aston-Martins) in den 1960er-Jahren über die soliden, aber unspektakulären Nimrod und EMKA in der Gruppe C bis hin zum bizarren RHAM/1 "Muncher" von 1977 und 1979. Der AMR1 erwies sich 1989 in der Gruppe C als vielversprechend, bevor das Projekt aufgegeben wurde.
Erfolgreiche Jahre in den GT-Klassen - Pleite mit dem AMR-One
Auf Aston Martins zweite goldene Ära musste man bis Mitte der 2000er-Jahre warten. Es war die Zeit der GT1- und GT3-Programme von Prodrive. Der DBRS9 stellte sich in der Britischen GT-Meisterschaft als ein erfolgreiches Fahrzeug heraus. In der weltweit aufkeimenden GT3-Kategorie aber war es sein größerer Bruder, der DBR9, der wirklich für Aufsehen sorgte.
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David Brabham, Antonio Garcia, Darren Turner gewannen im Aston Martin DBR9 die GT1 in Le Mans 2008 Zoom
Der V12-Motor des DBR9 klang fantastisch und sorgte für einige der besten Langstreckenkämpfe des Jahrzehnts, nämlich als Prodrive bei den 24h Le Mans und in der American Le Mans Series (ALMS) gegen das Chevrolet-Spitzenteam Corvette antrat. Die Corvette von Pratt & Miller hatte in der Heimat knapp die Nase vorn, aber bei den 24 Stunden ging das Duell 2:2 aus.
Der DBR9 blieb bis in die 2010er-Jahre hinein ein Siegerauto in der Weltmeisterschaft, wenngleich seine Erfolge - wie auch die anderer GTs mit Frontmotor - durch die umstrittene Aufnahme des Maserati MC12 eingeschränkt wurden.
DBR9 und der DBRS9 legten den Grundstein für weitere Aston-Martin-Erfolge während der Prodrive-Ära. Für die Fans vielleicht am denkwürdigsten: Der GT-Erfolg war Grundstein für das LMP-Projekt mit dem Lola-Aston-Martin, der 2009 den Titel in der Le Mans Series (heute ELMS) und P4 bei den 24h Le Mans einfuhr.
Letzteres war eine Art Sieg, denn damit war der in Gulf-Farben lackierte Renner der bestplatzierte Benziner - hinter den Turbodiesel-Fahrzeugen von Peugeot und Audi, die ohnehin außer Reichweite lagen.
Leider jedoch führte der Erfolg des DBR1-2 oder B09/60 (je nachdem, ob man Aston Martin oder Lola fragt) zum desaströsen AMR-One. Dieser offene Sportwagen setzte Aston Martins bislang letztem Versuch, die 24 Stunden von Le Mans zu gewinnen, ein abruptes Ende.
© Motorsport Images
Adrian Fernandez, Andy Meyrick, Harold Primat im Aston Martin AMR-One in Le Mans 2011 Zoom
Erfreulicherweise wurde das Aston-Martin-Engagement in den hart umkämpften GT-Klassen fortgesetzt, zumindest bis Ende 2020. Der V8 Vantage errang in der WEC zweimal den GTE-Am-Titel (2014 und 2017), einmal den GTE-Pro-Titel (2016) sowie zwei Klassensiege in Le Mans (2014 und 2017).
Der Nachfolger mit Turbolader schaffte 2020 das seltene Kunststück, bei den 24h Le Mans gleich zwei Klassensiege und am Jahresende auch den GTE-Pro-Titel in der WEC zu erringen. 2022 dann errang das Auto mit Hilfe von TF Sport das Double bestehend aus Le-Mans-Sieg und WEC-Titel in der GTE-Am-Klasse. In diesem Zusammenhang ist es schön zu hören, dass neue GT3- und GT4-Fahrzeuge ebenfalls Teil von Aston Martins neuer Agenda sind.
Macht es Aston Martin 2025 wie Ferrari 2023?
Da aber viele von Aston Martins Hauptkonkurrenten auf dem Markt - darunter Ferrari, Lamborghini und Porsche - in der Hypercar-Klasse antreten und damit die Herausforderung Le Mans und WEC (beziehungsweise IMSA) in der Topklasse annehmen, ist es nur logisch, dass sich auch Aston Martin dieser ständig wachsenden Gruppe anschließt. Sportwagenfans dürfen sich also vor Freude die Hände reiben.
Neben der Möglichkeit, an den Le-Mans-Sieg von 1959 anzuknüpfen, bietet sich Aston Martin auch die Gelegenheit, einige neue Ziele zu erreichen. Ein Sieg bei den 12h Sebring beispielsweise würde sehr gut zum atemberaubenden GT1-Sieg des DBR9 bei seinem Debüt (2005) passen. Ein Sieg bei den 24h Daytona wäre nach dem GTD-Triumph von Heart of Racing (2023) ebenfalls sehr passend.
Traditionelle Aston-Martin-Fans waren beunruhigt, als Lawrence Stroll das Team übernommen hat und den Fokus sofort auf die Formel 1 zu legen schien. Man muss ihm aber - wie auch Gabe Newell von Heart of Racing - zugute halten, dass sie Aston Martin wieder dahin gebracht haben, wo die Marke hingehört.
Es liegt noch ein langer Weg vor uns, bis wir wissen, wie erfolgreich das neueste Kapitel in Aston Martins Le-Mans-Geschichte sein wird. Die gute Nachricht aber ist, dass es überhaupt eins geben wird. Und wer weiß, vielleicht gelingt ja Aston Martin im Jahr 2025 eine ähnlich märchenhafte Rückkehr wie sie dem alten Rivalen Ferrari in diesem Jahr gelungen ist ...
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