• 22.12.2013 08:13

  • von Roman Wittemeier

Oreca: Drei Projekte, ein Mann

Oreca-Technikchef David Floury im Interview: Die Ziele mit dem neuen LMP2-Auto, die Fortschritte mit dem Rebellion R-One und der LMP3-Plan

(Motorsport-Total.com) - Seit nunmehr 40 Jahren geht Hugues de Chaunac seinen konsequenten Weg mit seinem Unternehmen Oreca. Der Franzose hat an den Standorten Signes und Magny-Cours mittlerweile rund 200 Mitarbeiter beschäftigt, es laufen zahlreiche Projekte parallel. Im Zentrum der Tätigkeiten: David Floury. Der langjährige Technikchef von Oreca erklärt im Interview mit 'Motorsport-Total.com' die aktuellen Pläne des Unternehmens aus Signes und die Fortschritte beim Bau der neuen Prototypen.

Titel-Bild zur News: David Floury

Oreca-Technikchef David Floury hat reichlich Arbeit vor sich Zoom

Frage: "David, wie weit seid ihr mit dem neuen LMP2-Auto für 2015, dem Oreca 05?"
David Floury: "Wir sind in der grundlegenden Design- und Konzeptphase, schauen uns erst einmal unsere Möglichkeiten genau an, um das Konzept bestmöglich zu wählen. Mit der Detailarbeit beginnen wir im kommenden Jahr."

Frage: "Der aktuelle Oreca 03 war drei Jahre lang sehr erfolgreich. Habt ihr an dem Fahrzeug vielleicht dennoch Schwächen entdeckt, die es beim Nachfolger zu vermeiden gilt?"
Floury: "Nein, so richtige Schwachstellen haben wir nicht gefunden. Aber natürlich gibt es immer ein paar Dinge, die man beim Nachfolger noch besser machen muss. Unser Ziel mit dem Oreca 05 ist es, wieder ein sehr standfestes und zuverlässiges Auto zu bauen, das in Sachen Fahrbarkeit vielleicht noch ein wenig besser ist als der Vorgänger. Und natürlich muss im Bereich Performance ein Schritt kommen."

"Wir gehen mit einem für uns ganz neuen Konzept an den Start. Wir bauen ein geschlossenes Auto. Dieses Fahrzeug wird für potenzielle Kunden bestimmt interessant sein, denn vor allem die Sicherheit wird erheblich höher sein. Das Auto basiert auf dem LMP1-Reglement des Jahres 2014. Die Aerodynamik wird komplett neu sein, es wird modernere Aufhängungskomponenten geben und ein neues Getriebe - insgesamt also rundherum ein brandneues Auto."

Frage: "Gibt es beim Bau eines Coupés besondere Herausforderungen?"
Floury: "Ja, denn es ist schon ein wenig komplexer. Da geht es beispielsweise um Dinge wie Windschutzscheibe, Scheibenwischer oder Türen. Das klingt alles so einfach und banal, ist es aber nicht. Da steckt schon eine gewisse Komplexität dahinter. Diesen Dingen müssen wir uns nun stellen. Und eines darf man nicht vergessen: In der LMP2-Klasse haben wir eine Kostendeckelung. Wir müssen auf jeden Euro achten. Die Kosten für den Bau eines Coupés sind höher als jene für einen offenen Prototypen."

Frage: "Der Oreca 05 wird also auf Grundlage der LMP1-Regularien aufgebaut. Heißt das, dass wir 2015 womöglich auch eine LMP1-Version des Autos sehen werden?"
Floury: "Nein, nein, auf keinen Fall. Nur das Monocoque wird auf Basis der LMP1-Regeln gebaut. Der Rest des Autos orientiert sich natürlich an den LMP2-Regularien. Bei uns gibt es keinen Plan, der den Bau eines LMP1-Autos für Kunden vorsieht. Wir haben ja schließlich schon den Auftrag von Rebellion, ein LMP1-Auto zu bauen. Damit sind wir ausreichend beschäftigt."

Ich kaufe ein R: Update-Paket für Oreca-Kundenteams

Frage: "In der LMP2 gibt es im kommenden Jahr den Oreca 03R. Gibt es ein Update-Paket für die bisherigen Kunden, sie somit aus ihrem 03 einen 03R machen können?"
Floury: "Ja, genau so ist es gedacht. Der Oreca 03R ist kein neues Autos, sondern es ist nur die neue Homologation des bisherigen Fahrzeuges mit einigen neuen Teilen, die entsprechende Verbesserungen bringen sollen. Unsere Kunden können ein Upgrade-Kit kaufen, um aus ihrem 03 einen 03R zu machen. Das Paket wird nicht allzu teuer sein. Wir wollen die Budgets der Teams nicht zu sehr belasten."

"Die Teams sollen ihr Geld lieber für gute Fahrer ausgeben, meine ich. Das hat bisher gut funktioniert. Brendon Hartley springt von der LMP2 direkt in ein Topteam der LMP1-Klasse, Mike Conway gelingt ein ähnlicher Schritt hin zu Toyota. Das alles zeigt, dass die LMP2 gute Fahrer ausbildet, die dann den weiteren Aufstieg schaffen können. So sollten Karrieren im Motorsport verlaufen."

Oreca 05

Der neue Oreca 05 für die LMP2: Derzeit laufen intensive Konzeptstudien Zoom

Frage: "Wenn ich mir die Oreca-Projektbezeichnungen anschaue, dann entdecke ich den 03 und den 05. Was verbirgt sich hinter der Bezeichnung 04? Ist das der interne Code für den Rebellion R-One?"
Floury: "Nein, der Rebellion R-One hat gar keinen Oreca-Code, denn es ist ein exklusives Projekt nur für Rebellion. Hinter der Bezeichung Oreca 04 verbirgt sich unser CN-Prototyp. Mit der Entwicklung dieses Autos haben wir im vergangenen Jahr begonnen. Das Design des Autos ist zu 99,5 Prozent fertig, aber wir bauen es noch nicht."

"Wir warten bei diesem CN zunächst noch ab, wie sich das Reglement entwickelt. Solange es gewisse Fragezeichen bezüglich der CN-Autos gibt, werden wir mit der Produktion nicht anfangen. Wir müssen mal schauen, wie sich die Zukunft für diese Autos darstellt. Da will man in Sachen Sicherheit noch Veränderungen machen. Es bleibt abzuwarten, wie dann etwaige neue Dimensionen des Cockpits ausfallen. Auch bei den Motoren gibt es Fragezeichen. Bisher fährt man Honda-Triebwerke, aber die Preise für diese Motoren sind in den vergangenen Jahren erheblich angestiegen. Mal sehen, ob es beim Honda bleibt. Solange dies alles nicht klar ist, warten wir ab."

"Gleichzeitig schauen wir, was sich bezüglich der neuen LMP3-Klasse ergibt. Wir könnten uns vorstellen, dass wir das CN-Projekt auf die Erfordernisse des LMP3-Reglements anpassen. Aber auch dort haben wir längst noch nicht alle Rahmendaten. Seit einem Jahr sprechen wir immer wieder mit dem ACO über die künftige LMP3-Klasse. Eigentlich wollen wir dorthin. Wir haben uns mit Ideen eingebracht. Das Reglement soll nun festgezurrt werden. Anschließend entscheiden wir, ob wir in Richtung LMP3 gehen. Das Ziel ist es auf jeden Fall."

Erste Teile für Rebellion R-One sind fertig

Frage: "Wie schreitet das Projekt Rebellion R-One bisher voran?"
Floury: "Das läuft alles gut, wir machen ordentliche Fortschritte. Wir haben jetzt gerade mit der Produktion begonnen. Es ist immer schön, wenn man endlich die ersten Teile in den Händen halten kann. Natürlich ist der Zeitplan sehr eng, aber das Projekt empfinde ich als sehr interessant - eben weil es eine große Herausforderung ist."

Frage: "Ihr baut einen Oreca 05, einen Rebellion R-One und du selbst bist auch noch in das LMP1-Projekt von Toyota involviert. Wie schaffst du das alles?"
Floury: "Es ist schon anstrengend und wirklich viel, aber letztlich ist es nur eine Frage der Organisation. Ich muss ja nicht alles selbst machen - und schon gar nicht alleine. Ich habe das große Glück, dass ich bei Oreca einige sehr gute, fähige und erfahrene Leute um mich habe. Es macht großen Spaß, mit einer solch starken Truppe zu arbeiten."