• 06.04.2016 08:16

  • von Heiko Stritzke & Roman Wittemeier

Gerard Neveu: WEC nicht mit Formel 1 im Krieg

WEC-Chef Gerard Neveu nimmt zu einer hitzigen Debatte Stellung: Auch nach der Terminkollision zwischen Le Mans und Baku sieht er keinen Krieg WEC vs. Formel 1

(Motorsport-Total.com) - Schon vor der Terminkollision war die Diskussion LMP1 vs. Formel 1 ein Reizthema unter Motorsportfans. Rundenzeiten, Hybridleistung und Reifenabbau werden hinsichtlich der Frage, wer eigentlich Königsklasse des Motorsports ist, hitzig debattiert. Doch spätestens seit der Große Preis von Europa der Formel 1 nachträglich auf den Termin der 24 Stunden von Le Mans gelegt worden ist und sich zudem noch in der Startzeit mit dem Langstreckenklassiker überschneidet, hat die Debatte auch die höchsten Kreise erreicht. WEC-Chef Gerard Neveu polterte im vergangenen Oktober. Nun versucht er, Dampf vom Kessel zu nehmen: WEC und Formel 1 würden keinen Krieg um die Vorherrschaft im Motorsport führen.

Titel-Bild zur News: Timo Bernhard, Mark Webber, Neel Jani, Marc Lieb

Werden die 24 Stunden von Le Mans von der Formel 1 torpediert? Zoom

Viele Anhänger des Langstreckensports wittern in der Terminüberschneidung einen direkten Angriff des Formula One Managements beziehungsweise Bernie Ecclestones auf die WEC. Viele Sportwagen-Fans machen Ecclestone nach wie vor für den Untergang der Gruppe-C-Boliden verantwortlich, da diese angeblich seiner Formel 1 zu gefährlich wurden. Dabei war der Untergang des erfolgreichen Gruppe-C-Reglements zu Beginn der 90er-Jahre einer Vielzahl von Faktoren geschuldet.

Nun fürchten sie angesichts der Krisen in der Formel 1 eine Wiederholung der Geschichte. Die Königsklasse hinterlässt derzeit nicht erst seit der Qualifying-Diskussion den Eindruck eines Kolosses auf tönernen Füßen, während der WEC (noch) das Image des sympathischen zarten Pflänzchens, das langsam gedeiht, anhaftet. Auf diesem Boden gedeihen Verschwörungstheorien schnell. Neveus Wutausbruch im vergangenen Oktober passt da perfekt in Bild.

Neue Töne von Neveu

Nicht nur Fans befeuern die Debatte. "Du machst etwas richtig, wenn sie versuchen, dir weh zu tun", schrieb ein renommierter Le-Mans-Journalist unmittelbar nach Bekanntgabe des Aserbaidschan-Termins der Formel 1. In erster Linie werden Formel-1-Fahrer durch die Terminkollision davon abgehalten, in Le Mans zu fahren. Neben Nico Hülkenberg, der 2015 auf Anhieb für Porsche gewinnen konnte, zeigten auch Daniel Ricciardo und Fernando Alonso Interesse. Ihr Einsatz scheitert aber am Widerstand ihrer Arbeitgeber in der Formel 1. 2016 brauchen sich diese keine Sorgen zu machen, weil es gar nicht passieren kann.


Fotostrecke: Die besten Szenen aus Le Mans

Gerard Neveu versucht nun, der Debatte etwas Wind aus den Segeln zu nehmen. "Für mich stellt sich diese Frage erst gar nicht", holt der Franzose aus. "Ein Kampf zwischen der Formel 1 und der WEC oder Le Mans ist eine schlechte Idee. Beide haben ihre eigene Geschichte. Le Mans ist Le Mans und Formel 1 ist Formel 1."

Gute Stimmung nicht aufs Spiel setzen

Er bevorzuge es eher, nicht zu sehr auf die Formel 1 zu achten: "Wenn wir weiter ein solches Starterfeld und ein solches Programm gewährleisten wollen, wenn wir diese fantastische Meisterschaft weiterführen wollen, dann müssen wir alle Energie investieren, produktiv zu sein. Jede Minute, die man damit verbringt, zu kämpfen, zu konkurrieren und zu erobern und zurückzuerobern, ist verschwendete Zeit, die man nicht in den Aufbau der eigenen Meisterschaft investiert."

"Ein Kampf zwischen der Formel 1 und der WEC oder Le Mans ist eine schlechte Idee." Gerard Neveu

Neveu legt großen Wert darauf, die gute Stimmung, die im WEC-Fahrerlager herrscht, nicht zu zerstören. "All unsere Energie fließt in die Frage ein, wie wir diesen Sport immer attraktiver gestalten können." Und Revierkämpfe eignen sich dazu wenig. Als Beispiel für die gute Stimmung nennt er pikanterweise wiederum zwei ehemalige Formel-1-Akteure, die herübergewechselt sind: Das Manor-Team, das die Offenheit des Fahrerlagers genießt, und Kamui Kobayashi, der sich bei Toyota pudelwohl fühlt.

Terminkollision nicht im Interesse des Motorsports

Natürlich funktioniert die Koexistenz nur, solange der andere auch mitmacht. Und der Zusammenstoß zwischen Baku und Le Mans gefällt auch Neveu nicht: "Ganz ohne Polemik wäre es für den Motorsport generell und für die Fans besser, wenn jeder Fahrer - egal aus welcher Meisterschaft - an diesem Rennen teilnehmen kann. Das wäre vor allem für die Fans und den Motorsport generell das Beste, was überhaupt passieren kann. In Le Mans starten 60 Autos, 32 davon aus der WEC: Da sind genug Plätze übrig."

Dass die 24 Stunden von Le Mans als Event unter dem gleichzeitig stattfindenden Formel-1-Rennen leiden werden, glaubt er aber nicht: "Es wird eine ähnliche Zahl an Zuschauern, Medienvertretern und Fernsehübertragungen geben. Le Mans bleibt Le Mans und es wird schwer, diesen Berg zu bewegen." Damit schließt er aus, dass sich Le Mans bei der Startzeit der Formel 1 künftig anpassen werde.

Viel mehr baut er darauf, dass die FIA künftig derartige Terminkollisionen ausschließt: "Ich glaube, dass es für die FIA sehr unangenehm war. Hätte sie die Möglichkeit gehabt (eine Überscheidung zu verhindern; Anm. d. Red.), dann hätte sie es getan. Ich glaube nicht, dass die FIA den Zeitplan für alle Rennen machen sollte. Und wir mögen es auch nicht, wenn wir der FIA den Terminkalender vorschreiben müssten. Wir glauben, dass sie ihr Bestes geben und dass sie eine bessere Lösung für die Zukunft finden werden."

Vertrauen in die FIA intakt

Jean Todt

Gerard Neveu stellt sich hinter Jean Todt Zoom

Lindsay Owen-Jones, der Chef der Langstrecken-Kommission der FIA, stellte allerdings bereits bei der Tagung des WMSC klar, dass die FIA alles in ihrer Macht stehende tun solle, um eine solche Kollision in Zukunft zu verhindern und verwies dabei auf die Fans und Medien, die ihre Aufmerksamkeit und die Titelseiten aufsplitten müssten.

Den stark kritisierten Jean Todt, der mit seiner Zurückhaltung nicht selten den Eindruck erweckt, sämtlichen Konflikten in der Welt des Motorsports aus dem Weg gehen zu wollen, nimmt Neveu aus der Schusslinie: "Jean Todt ist bezüglich Le Mans sehr leidenschaftlich. Er war sehr engagiert, das Mexiko-Event zu ermöglichen und war vor kurzem mit uns dort." Und Todt dürfte an einem Kampf zwischen WEC und Formel 1 genauso wenig Interesse haben wie der ACO selbst.

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