• 25.03.2014 15:01

  • von Roman Wittemeier

Gegen den Trend: Audi mit größerem Motor

Von wegen Downsizing auf dem Weg zu mehr Effizienz: Audi startet 2014 mit einem Vierliter-Turbodiesel in Le Mans und in der Langstrecken-Weltmeisterschaft

(Motorsport-Total.com) - Die LMP1-Szene in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) steht in diesem Jahr vor großen Herausforderungen. Mit der Umsetzung des neuen Reglements werden die Antriebskonzepte nicht mehr über Restriktoren oder Ladedruck-Begrenzungen angeglichen, sondern über den spezifischen Verbrauch. Effizienz steht im Zentrum der Bemühungen, die Le-Mans-Szene zum großen Testumfeld für Automobil-Hersteller zu machen.

Titel-Bild zur News: Audi V6 TDI 2013

Audi hat 2014 einen etwas größeren V6-Turbodiesel im Heck des R18 Zoom

Um ein möglichst effizientes Fahrzeug zu bauen, gilt es verschiedene Bereich eines Autos zu optimieren: Rollwiderstände, Aerodynamik, Hybridsysteme und nicht zuletzt den Motor. Downsizing ist das große Schlagwort beim aktuellen Trend zum Treibstoffsparen. Kleine, mit Turbos aufgeladene Triebwerke schieben mittlerweile nicht nur viele Straßenfahrzeuge an, sondern sie werden auch im Motorsport immer populärer - in der Formel 1, aber auch in der WEC, wo Porsche mit einem Zweiliter-V4-Turbobenziner arbeitet.

Bei Audi geht man überraschend einen ganz anderen Weg. Die Mannschaft aus Ingolstadt war bis zum vergangenen Jahr mit einem 3,7-Liter-V6-Turbodiesel unterwegs. Dass man weiterhin beim Diesel bleiben würde, war lange Zeit klar, aber dass man entgegen dem aktuellen Trend eine Vergrößerung des Hubraums auf vier Liter umsetzt, sorgt am heutigen Tag der offiziellen Präsentation für ungläubiges Staunen in der Szene.

Vierliter-Turbodiesel lässt größeren Rahmen

"Wir haben aus dem V6 einen Motor gemacht, der extrem auf Verbrauchseffizienz getrimmt ist. Weil man gewissermaßen neue Freiheiten hat, haben wir uns entschieden, einen etwas größeren Hubraum zu wählen, weil man dadurch mehr Effizienz erreichen kann", erklärt Audi-Sportchef Wolfgang Ullrich den unerwarteten Schritt seiner Motorenbauer um Ulrich Baretzky. Die Entscheidung zu einem vergrößerten Hubraum wurde ganz bewusst mit Blick auf etwaige zukünftige Entwicklungen getroffen.

"Obwohl das Reglement stabil bleiben soll, wissen wir jetzt noch nicht, ob uns die FIA im kommenden Jahr nicht vielleicht weniger Treibstoff zuteilt", sagt Audi-LMP1-Chefentwickler Wolfgang Appel. "So etwas hat es in der Vergangenheit schließlich auch immer wieder gegeben. Auf so etwas mussten wir uns konzeptionell ausrichten. Wenn sich etwas ändert, dann geht es immer in die Richtung, dass man uns weniger zugesteht", meint der erfahrene Ingenieur.

"Zwischen Monocoque und Getriebe willst du ein torsionssteifes Teil haben." Wolfgang Ullrich

"Mit dem neuen Motor haben wir uns diesbezüglich einen Korridor offengehalten. Das geht dann halt auch noch, falls wir weniger Treibstoff bekommen - was wir aber natürlich nicht hoffen", so Appel über die Entscheidung pro Vierliter-Motor. Der V6-Turbodiesel mit seinem 120-Grad-Zylinderwinkel und Direkteinspritzung gibt seine Leistung über ein Siebengang-Getriebe an die Hinterachse ab. An der Front arbeitet der E-Motor des kleinen 2MJ-KERS.

Fans glauben an Vorteile des Diesels

Insgesamt hat Audi bei der Entwicklung des Antriebs für den R18 e-tron ultra des Jahrgangs 2014 auf viele bekannte Elemente gesetzt. Motor und Hybrid sind weiterentwickelt und teilweise umfassend verändert, aber man bewegte sich zumeist auf bekanntem Terrain. Angesichts der vielen Neuerungen in der LMP1 wollte man nicht in alle Richtungen Neuland betreten, sondern die Zahl der Unbekannten minimieren. Über eine völlige Abkehr vom V6-Turbodiesel wurde deshalb nie ernsthaft nachgedacht.

"Wir haben mit dem V6 eine kompakte und torsionsfeste Lösung, sonst würden auch andere bei einem Benziner mit weniger Zylindern nicht eine ähnliche Bauform wählen. Zwischen Monocoque und Getriebe willst du ein torsionssteifes Teil haben", erklärt Audi-Sportchef Ullrich die bekannten Vorzüge des Triebwerks. Die WEC-Fans sehen Audi auf einem guten Weg. In einer Umfrage auf 'Motorsport-Total.com' gaben 43,9 Prozent der fast 7.000 Teilnehmer an, dass Audi das beste Motorenkonzept habe. Der V4-Turbobenziner von Porsche (35,13 Prozent) lag in der Gunst noch recht weit vorn, der V8-Sauger von Toyota (14,76 Prozent) und die V6-Turbos von Honda und AER (6,21 Prozent) weiter hinten.


Fotos: WEC 2014: Audi R18 e-tron quattro