• 05.06.2016 15:37

Wenn das Kind kommt: Ogier will Rallye Italien abbrechen!

Sollte Ehefrau Andrea Kaiser früher als geplant das gemeinsame Kind zur Welt bringen, packt der Weltmeister seine Koffer - Volkswagen siegeshungrig

(Motorsport-Total.com) - Die Lust auf Gold an der Smaragdküste ist größer denn je: Volkswagen geht den sechsten Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft (WRC), die Rallye Italien am kommenden Wochenende, mit maximaler Motivation und Siegeshunger an. Die Kombination aus Sebastien Ogier und dem Polo R WRC ist auf der Mittelmeerinsel ungeschlagen - ein Fakt, den neben starken Gegnern anderer Hersteller auch die Volkswagen-Kollegen Andreas Mikkelsen und Jari-Matti Latvala tunlichst ändern möchten.

Titel-Bild zur News: Sebastien Ogier, Andrea Kaiser

Sebastien Ogier und Andrea Kaiser erwarten demnächst Nachwuchs Zoom

Mikkelsen ist im Aufwärtstrend, Latvala ebenfalls siegeshungrig. Für Ogier sprechen drei Siege auf Sardinien in Serie, mit einem vierten würden die dreimaligen mit dem neunmaligen Weltmeister Sebastien Loeb in der Bestenliste dieser Rallye gleichziehen. 324,60 Kilometer auf Zeit durch dichten Staub und bei enormer Hitze sind auf Sardinien zu absolvieren. "Die Rallye Italien ist eine der herausforderndsten Rallyes im Kalender", sagt Volkswagen-Sportchef Jost Capito.

"Staub, Hitze und lange Wertungsprüfungen wie die Monte Lerno sind berühmt und berüchtigt. Dazu sind die Gegner in der Rallye-WM extrem stark: In fünf Rallyes gab es vier verschiedene Sieger von drei verschiedenen Herstellern. Zuletzt haben wir aus unterschiedlichen Gründen zweimal hintereinander nicht gesiegt. Wir wissen aber auch, was wir können, und haben vor, in Italien eine sportliche Antwort zu geben. Auf das mittlerweile traditionelle Bad der Sieger im Hafenbecken von Alghero wollen wir jedenfalls auch dieses Mal nicht verzichten", so Capito.

Monte, Monti und die wilde 13 - Feinheiten der Costa Smeralda

Die Rallye Italien wird 2016 im Nordwesten von Sardinien ausgetragen - und das bereits zum 13. Mal seit Bestehen. Wertungsprüfungen wie Castelsardo und Tergu-Osilo kehren zurück, die erfolgreiche Showprüfung zur Eröffnung, Ittiri, bleibt und ohne Monte Lerno und ihren berühmten Micky's Jump geht es sowieso nicht. Dann wären da noch die aus den Vorjahren bekannten Prüfungen Cala Flumini, Monti di Ala und Co.


Fotos: Volkswagen, WRC: Rallye Portugal


Die Herausforderung der 2016er-Ausgabe besteht aus 19 Wertungsprüfungen. Die Königsdisziplin im Staub Sardiniens bleibt jedoch stets Monte Lerno, die auf ihren beiden Durchgängen allein 88,52 Kilometer der gesamten Agenda ausmacht. Ihr weltberühmter Micky's Jump ist zugleich Zuschauermagnet, Gänsehautmoment und Postkartenmotiv der Rallye Italien. Vor einem Rechtsknick unmittelbar vor der berühmten Sprungkuppe bremsen die Fahrer kurz ab - der Rest ist "Hangtime" und dank des abfallenden Geländes ein Flug von bis zu 40 Metern.

Zwischen Yachten, Eiscreme und Abendstimmung

Ein spektakulärer Sonnenuntergang, ein Bummel entlang mittelalterlicher Baudenkmäler in Alghero, die beste Eiscreme der Welt auf der Zunge und den Blick zwischen malerischer Marina und geschäftigem Rallye-WM-Servicepark hin und her schweifen lassen - das gibt es nur bei der Rallye Italien. Urlaubsflair hin oder her: Für die Mechaniker und Techniker ist trotz der vielleicht schönsten Aussicht des Rallye-Jahres volle Konzentration gefragt - bei insgesamt acht Service-Aufenthalten und in der Summe 660 Arbeitsminuten für die drei Polo R WRC. Und auch die Fahrer und Beifahrer wissen am Ende jedes Tages, was sie geleistet haben - bei enorm hohen Temperaturen im Cockpit.


Sebastien Ogier feiert 100 WRC-Rallyes

Der Volkswagenfahrer blickt gemeinsam mit seinem Co-Piloten Julien Ingrassia auf ereignisreiche Jahre zurück Weitere Rallye-Videos

Führender und ärgster Verfolger in der Fahrer- und Beifahrer-Wertung: Die Volkswagen Duos Ogier/Ingrassia und Mikkelsen/Jaeger haben sich bei den ersten fünf WM-Rallyes des Jahres das Privileg erarbeitet, angesichts ihrer herausragenden Platzierungen in der Gesamtwertung die Route bis einschließlich Samstagabend eröffnen zu dürfen. Bei Schotter-Rallyes kommt das - je nach Wetterlage - einem Nachteil gleich, der sich auf die fest in der WM eingeschriebenen Fahrer- und Beifahrer-Duos entsprechend ihrer WM-Platzierung unterschiedlich auswirkt.

Sebastien Ogier und Andrea Kaiser erwarten Nachwuchs

Bei der Rallye Portugal bedeutete das zuletzt: pro weiterem Auto auf der Strecke und pro Prüfungskilometer eine Zehntelsekunde. Bei der Rallye Italien werden so 282,56 der insgesamt 324,60 Kilometer und damit 87 Prozent der gesamten Distanz gefahren. Die verbleibenden 42,04 Wertungsprüfungs-Kilometer am Sonntag werden in der umgekehrten Reihenfolge des Rallye-Zwischenklassements ausgetragen.

Andreas Mikkelsen

Andreas Mikkelsen rechnet sich auf Sardinien Chancen aus Zoom

Da rollt jemand in Richtung Startlinie: Zwischen den Rallyes in Italien und Polen erwarten Ogier und seine Ehefrau Andrea Kaiser zum ersten Mal Nachwuchs. Auch wenn der errechnete Geburtstermin nicht auf die Rallye Italien fällt, steigt die Spannung vor dem privaten Großereignis stetig an. Die Kommunikation zwischen Rallye-Auto und Heimat-Basis wird dementsprechend maximalintensiviert und für den Fall der Fälle ist Ogier jederzeit abreisebereit. Eines wird auf jeden Fall nicht leiden: die Motivation, die Prüfungen so schnell wie möglich zu absolvieren. Denn dann ist der werdende Vater schneller wieder erreichbar.

Volkswagen ist in Italien nicht nur im Gesamtklassement bisher ungeschlagen - auch bei der sogenannten Powerstage. Die meist abschließende Wertungsprüfung einer Rallye, auf der Extra-Zähler für die besten drei vergeben werden, ist nicht nur generell eine Volkswagen-Domäne, speziell Italien ist ein gutes Pflaster für den Polo R WRC und seine Besatzungen. Von den 18 im Jahr 2013, 2014 und 2015 vergebenen Extra-Zählern errangen Volkswagen Piloten bisher 16, lediglich 2013 gingen zwei Punkte für Rang zwei an Thierry Neuville (Ford). 2014 und 2015 gingen sämtliche Extra-Punkte nach Wolfsburg.

Volkswagen-Stimmen vor der Rallye Italien

Sebastien Ogier: "Ich fahre mit viel Selbstvertrauen nach Italien, denn die Saison läuft bislang großartig. Julien und ich waren bei jeder Rallye auf dem Podium und diese Serie möchten wir ausbauen. Auch wenn die Rallye Italien nicht zu meinen absoluten Lieblingsrallyes gehört, habe ich gelernt, sie zu mögen. Die Strecken sind nicht mehr so eng und rau wie früher einmal. Ich bevorzuge ebenere Strecken, bei denen man nicht nur immer das Auto schonen muss."

Jari-Matti Latvala, Miikka Anttila

Gibt es für Latvala in Italien wieder einen Pokal abzustauben? Zoom

"Eine weitere Besonderheit ist 'Micky's Jump'. Er ist einer der höchsten Sprünge der Saison. Aus privater Sicht kommt für mich eine völlig neue Komponente hinzu. Andrea und ich erwarten unser erstes Kind. Eigentlich ist der Geburtstermin nach der Rallye, aber man weiß nie. Sollte es während der Rallye kommen, würde ich mich sofort auf den Weg zu meiner Frau machen. Das ist ein Moment im Leben, den ich nicht verpassen möchte. Das Team unterstützt mich in dieser Entscheidung zu 100 Prozent."

Jari-Matti Latvala: "Die Rallye Italien ist großartig. Dort habe ich meinen ersten Sieg auf Schotter gefeiert. Ich freue mich jedes Jahr riesig, nach Sardinien zurückzukehren, auch wenn es dort in den vergangenen Jahren nicht allzu gut für mich lief. Ich habe mir auf Sardinien zuletzt oft einen Plattfuß eingehandelt - vielleicht auch deshalb, weil ich zu sehr ans Limit gegangen bin. Für dieses Jahr habe ich mir fest vorgenommen, besser auf meine Reifen zu achten."

"Mein Ziel ist es, mal wieder auf das Podium zu fahren. Bei der ersten Durchfahrt ist der Schotter auf Sardinien meist sehr rutschig, meine hohe Startnummer kann ein Vorteil sein. Auf der zweiten Schleife haben dann alle Fahrer in der Regel einen sehr guten Grip. Eine weitere Besonderheit in Italien ist die Hitze: Der Körper verliert durch die hohen Temperaturen viel Energie und Flüssigkeit. Es ist also wichtig, zwischen den Prüfungen ausreichend zu trinken."

Andreas Mikkelsen: "Platz zwei in Portugal fühlte sich für Anders und mich fast wie ein Sieg an. Daher reisen wir zuversichtlich zur Rallye Italien. Dennoch wissen wir, dass es wegen des groben Untergrunds eine der schwierigsten Rallyes der Saison ist, bei der jederzeit alles passieren kann. Das haben wir im vergangenen Jahr leider erfahren müssen. Und in diesem Jahr gehen wir als Zweite auf die Strecke - direkt nach Sebastien Ogier, was es nicht leichter macht, da die Prüfungsstrecken nach nur einem Auto immer noch sehr grob sein werden. Dennoch freuen wir uns natürlich, dass wir mit dem Ergebnis in Portugal in der WM-Wertung deutlich an Boden gutmachen und auf den zweiten Platz vorrücken konnten. In jedem Fall ist Italien eine Rallye, die ich sehr mag. Und wir werden auf Sardinien alles daransetzen, ein weiteres gutes Ergebnis einzufahren."