Schweden: Rüsten für den Kühlschrank
Die neuen WRC-Boliden werden in Schweden gleich einem Härtetest unterzogen - Stobart-Ingenieur Paul Murphy über die Herausforderungen des kalten Nordens
(Motorsport-Total.com) - Die WRC-Saison 2011 erlebt einen eisigen Start: In Schweden können die Temperaturen um diese Jahreszeit bis auf minus 30 Grad Celsius fallen. Das ist auch gleich ein erster Härtetest für die neuen WRC-Boliden, die kommende Woche bei der Rallye Schweden ihre Premiere feiern. Beim Ford-Team Stobart ist Ingenieur Paul Murphy mit dafür zuständig, dass der neue Fiesta RS WRC den Anforderungen gewachsen ist.

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In Schweden kann es zumSaisonstart wieder richtig kalt werden
Frage: "Warum ist die Rallye Schweden aus Ingenieurssicht so schwierig?"
Murphy: "Das liegt am Wetter. Es ist der einzige WM-Lauf, der auf Schnee ausgetragen wird. Und die Temperaturen in den Prüfungen können weit unter den Gefrierpunkt fallen. Das verschiedene Auswirkungen auf das Auto. Aufgrund der kalten Temperaturen laufen sind die Betriebstemperaturen von Motor und Getriebe niedriger als bei Rallyes, die bei heißem Wetter gefahren werden. Dem wirken wir entgegen, indem wir den Luftstrom zu Kühler und Ölkühler begrenzen."
Frage: "Was wird am Auto für eine Schneerallye verändert?"
Murphy: "Der größte Unterschied ist wahrscheinlich, dass wie die speziellen Schneereifen von Michelin benutzen. Jeder Reifen hat etwa 400 Spikes, damit die Fahrer auf der Straße Haftung haben. Damit ist Schweden eine der schnellsten Rallyes des Jahres. Manchmal werden die Spikes herausgerissen, wenn die Eisschicht nicht dick genug ist, und die Autos auf den Schotter unter dem Eis kommen. Das ist aber normalerweise bis zur zweiten Durchfahrt einer Prüfung kaum ein Problem."
"Wir haben auch eine Heizung mit verstellbarer Lüftung im Auto, um die Temperatur im Inneren zu erhöhen und dem Fahrer zu helfen, konzentriert zu bleiben. Die meisten Piloten tragen in ihren Schuhen spezielle Einlagen, damit ihre Füße warm bleiben. Die vordere Kühlung bekommt eine spezielle Abdeckung, um den Luftstrom zu begrenzen. Und ins Wischwasser der Scheibenwaschanlage kommt ein Zusatz, der das Einfrieren verhindert."
Frage: "Was sind die größten Schwierigkeiten, mit denen es die Fahrer in Schweden zu tun bekommen?"
Murphy: "Beim Fahren im Schnee ist es sehr schwierig, sich eine Linie herauszusuchen. Die Fahrer können sich an die Schneewälle anlehnen, um besser durch die Kurven zu kommen. Aber manche dieser Wälle sind nicht dicht genug und halten das Auto nicht auf der Straße. Die Folgen wären dann ein Crash oder ein feststeckendes Auto. Es geht darum, präzise zu fahren und richtig einzuschätzen, welche Schneewälle man zu seinem Vorteil nutzen kann."
Frage: "Was ist bei einem Service in Schweden anders als bei einem anderen WM-Lauf?"
Murphy: "Für die Mechaniker ist es sehr hart, bei den eiskalten Temperaturen zu arbeiten. Vor allem, wenn das Eis, das sich auf dem Auto angesammelt hat, beim Service zu schmelzen beginnt. Denn Jungs wäre es lieber, wenn es nur kalt wäre anstatt kalt und nass. Im Servicepark können die hydraulischen Wagenheber leicht einfrieren, weil das Öl bei kaltem Wetter verdickt. Das Team benutzt vor und während dem Service Heißluftpistolen, um das Einfrieren zu verhindern."
"Öl kann auch beginnen, einzufrieren. Von daher ist immens wichtig, dass alle Öle auf normalen Temperaturen gehalten werden. Normalerweise werden die Öle bei Rallyes draußen aufbewahrt. Aber in Schweden behalten wir sie im Inneren und bringen sie erst in letzter Minute nach draußen, damit sie bei unter null Grad nicht einfrieren."
Frage: "Wie sorgt ihr dafür, dass die Autos nachts nicht einfrieren?"
Murphy: "Sie bleiben nachts drinnen, aber wir testen Kaltstarts, damit wir sicher sind, dass der Motor bei Temperaturen wie in Schweden auch anspringt."
Frage: "Hilft die kalte Luft in Schweden bei der Motorperformance?"
Murphy: "Sicher. Die Piloten werden feststellen, dass der EcoBoost-Motor des Fiesta RS WRC in Schweden bei Durchschnittstemperaturen von minus 20 Grad starker ist als bei Rallyes, wo die Lufttemperatur plus 20 Grad beträgt."

