Schwarz' Zwischenbilanz: Tops und Flops
Für Experte Armin Schwarz gab es im ersten Saisondrittel zwei Überraschungen: Latvala als Negativ-, Gassner Junior als Positivbeispiel
(Motorsport-Total.com) - Während andere Rennserien gerade erst in ihre neue Saison starten, ist es in der WRC bereits an der Zeit für eine erste Zwischenbilanz. Vier Läufe und damit das erste Drittel der Saison 2009 sind bereits absolviert. Das Jahr 2009 - es war bisher die große Gala des Sébastien Loeb. Der Citroën-Star hat alle bisherigen vier Läufe gewonnen und damit die maximale Punktzahl von 40 Zählern auf seinem Konto. Egal ob auf Asphalt, Schnee oder Schotter - der Rekordweltmeister war bisher nicht zu schlagen.

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Vier Rallyes, vier Siege: Sébastien Loeb ist in dieser Saison ungeschlagen
"Es lief wie erwartet: Loeb fährt mit einer Leichtigkeit allen anderen davon", bilanzierte Rallye-Experte Armin Schwarz gegenüber 'Motorsport-Total.com'. Für den Insider hat das erste Saison Drittel eigentlich keine Überraschung gebracht, "außer Jari-Matti Latvala. Er hat ein bisschen versagt. Ich hätte ihn näher an Loeb und Mikko Hirvonen gesehen, mit einer konstanteren Leistung."#w1#
"Latvala hat durchaus den nötigen Speed, es ist aber schade, dass er immer wieder Unfälle baut - und zwar richtig krasse", fuhr der Experte fort. "Ich fürchte, dass er es künftig etwas verhaltener angehen wird. Aber damit wäre er aus der Dreiergruppe Loeb, Hirvonen und Daniel Sordo draußen."

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Jari-Matti Latvala: Drei schwere Crashs in den ersten vier Rallyes Zoom
Dabei sei bei Latvala nicht einmal das Problem, dass er zu viel Gas gibt, weiß Schwarz: "Sondern er hat hin und wieder einfach Konzentrationsschwächen. Er hört dann nicht mehr auf das, was sein Copilot ihm sagt, sondern schaut einfach nur auf die Strecke. Und das geht dann schief." Latvala ist sich dieses Fehlers aber durchaus bewusst und er versucht nun, daran zu arbeiten.
Ford-Pilot Hirvonen, dessen Aufgabe in dieser Saison eigentlich ist, gegen Loeb um den Titel zu kämpfen, hat sich laut Schwarz "irgendwie schon auf dem zweiten Platz etabliert. Er hofft nur darauf, dass Loeb irgendwann einen Fehler macht - ohne aber selbst wirklich daran zu glauben." Und Loebs Teamkollege Sordo punkte zwar brav, man müsse aber sagen, "dass er ganz im Dienste in Loebs fährt. Auch er muss auf einen Fehler von Sébastien hoffen, um selbst angreifen zu dürfen."
Grönholm und Solberg: Zwei starke Ex-Weltmeister
Beim vierten Saisonlauf in Portugal gab ein alter Weggefährte Schwarz' sein Comeback auf der WRC-Bühne: Marcus Grönholm. Und "Bosse" präsentierte sich ganz wie in alten Zeiten. "Er hat genau das getan, was man von ihm erwartet hat: Er hat am ersten Tag davon profitiert, dass er erst als 16. auf die Piste musste und entsprechend Superzeiten hingelegt", erklärte Schwarz.

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Drei Weltmeister: Sébastien Loeb, Marcus Grönholm und Petter Solberg Zoom
Doch auch danach war Grönholm ganz der Alte: "Marcus ist das passiert, was ihm schon in der Vergangenheit des Öfteren unterlaufen ist: Er hat das Ding im Unterholz versenkt. Das war traurig", so Schwarz. "Magic Marcus" bemühe sich sicher darum, weitere Angebote für diese Saison zu bekommen, erklärte der Experte: "und mit seiner Leistung am ersten Tag ist sein Marktwert wieder ziemlich gestiegen. Da hat es Ford-Teamchef Malcolm Wilson wohl des Öfteren in seine Nähe gezogen. Aber nach dem Crash hat sich Malcolm wohl auch an die alten Zeiten erinnert und sich gedacht, dass er das nicht unbedingt braucht. Zudem hat er diese Probleme ja auch schon mit Latvala." Bleibt für Grönholm also nur die Chance auf weitere Einsätze mit Prodrive. Und da ist klar: Wenn ein Geldgeber gefunden wird, wird gefahren - ansonsten nicht.
Ein anderer früherer Weltmeister hat sein Schicksal in diesem Jahr selbst in die Hand genommen: Petter Solberg. Der Norweger kaufte sich einen Uralt-Citroën Xsara und mischt damit das Vorderfeld kräftig auf. Solberg stieg zum zweiten Saisonlauf ein, fuhr auf Zypern bereits aufs Podium und belegte in Portugal virusgeschwächt den vierten Platz. "Petter schlägt sich wirklich nicht schlecht. Er weiß, dass er ein altes Auto hat, aber mit dem versucht er sein Bestes zu geben. Besser als er kann man es nicht machen", so die Meinung von Experte Schwarz.
Schneller Deutscher: Hermann Gassner jun.

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Duo auf dem Weg nach vorn: Kathi Wüstenhagen und Hermann Gassner jun. Zoom
Jener Pilot, der bei der Rallye Portugal laut Schwarz aber für die größte Überraschung gesorgt hat, fuhr abseits des Rampenlichts, in dem die WRC-Stars stehen: Hermann Gassner Junior. Der 20-jährige Bayer fuhr mit seiner Copilotin Kathi Wüstenhagen auf den vierten Platz der Gruppe N - in der Gesamtwertung belegte das junge deutsche Duo einen starken zwölften Platz. Schwarz begeisterte sich vor allem "für die Coolness, die er mitgebracht hat".
"Er hat sich einfach gesagt: 'Ich fahr mal mit den paar Reifen los, die ich habe, wenn es gut läuft, dann können wir noch mal vier Reifen kaufen, aber mehr Geld haben wir nicht. Ich bin mit einer Handvoll Mechaniker da, die mir alles topp machen und ich fahre hier, damit ich so gut wie möglich Punkte sammeln kann. Und das macht er wirklich super. Das hätte ich nicht gedacht, dass es auf Anhieb so geht", zeigte sich Schwarz beeindruckt.
Der Experte warnt aber auch davor, in Gassner jun. jetzt gleich die "neue deutsche Rallyehoffnung' zu sehen: "Hoffnung macht sich sicher jeder, nur ist das alles noch weit weg. Er muss noch sehr viel lernen. Wenn er dann schon so in die Höhe geschossen wird, dass er 'unsere Hoffnung' ist, baut man so viel Druck auf. Da kann es ihm auch schnell gehen wie einem Latvala. Er soll in Ruhe so weiterfahren wie bisher. Ich glaube auch, dass es gut ist, wenn das Umfeld ihn relativ in Ruhe lässt. Er hat seinen eigenen Plan und der ist auch der beste, da fühlt er sich wohl. Jeder der ihm reinredet, würde ihn an seinem Aufbau hindern."

