• 22.05.2012 21:04

Schotter-Spektakel vor historischer Kulisse

Griechisches Schotter-Spektakel: Die schroffen Pisten der "Akropolis" rund um Loutraki zählen zu den anspruchsvollsten der gesamten Saison

(Motorsport-Total.com) - Es ist diese besondere Mischung aus schroffen Schotterpisten und hohen Lufttemperaturen, mit der sich die Rallye Griechenland ihren Ausnahmestatus als eine der anspruchsvollsten Veranstaltungen der Rallye-WM-Saison erarbeitet hat. Auf den insgesamt 409,47 Wertungsprüfungs-Kilometern werden nicht nur Fahrzeuge und Reifen extremen Belastungen ausgesetzt - auch die Fahrer müssen bei Außentemperaturen jenseits der 30 Grad Celsius Höchstleistungen am Volant vollbringen. Wenn die gleißende Sonne am griechischen Himmel brennt, klettern die Temperaturen in den Cockpits sogar gut und gerne auf das Doppelte.

Titel-Bild zur News: Sebastien Loeb

Die Schotterpisten der "Akropolis" sind ein Härtetest für Mensch und Material

Eine hervorragende körperliche Konstitution ist daher die Grundvoraussetzung, um die Konzentration auf den 22 Wertungsprüfungen aufrecht zu halten und die Jagd nach Bestzeiten in Bestform zu überstehen. Schon ein kleiner Flüchtigkeitsfehler kann das vorzeitige Aus bedeuten. Um wichtige Bauteile vor Beschädigungen zu schützen, verbauen die Teams spezielle Protektoren an den Unterböden.

Auch die Pneus müssen auf den rauen Schotterpisten im Land von Sokrates und Aristoteles extremen Belastungen standhalten. Kein anderer WM-Lauf fordert die Reifen so hart wie die Rallye Griechenland. Sie zählte bereits 1973, dem Debütjahr der Rallye-Weltmeisterschaft, zum Kalender. Das lose Geröll und zahlreiche spitze Felsen, die aus der Fahrbahn herausragen, erhöhen die Gefahr von Reifenschäden. Für zusätzlichen Nervenkitzel sorgt die Tatsache, dass die Rallye-Route im Vergleich zum Vorjahr um 60 Wertungsprüfungs-Kilometer verlängert wurde - die Gesamtzahl der zugelassenen Reifen pro Team blieb mit maximal 48 jedoch unverändert.

Reifenstrategie entscheidend

Eine besondere Herausforderung: Am Freitag stehen mit der 23,17 Kilometer langen Wertungsprüfung (WP) "Bauxites" sowie der WP "Drossohori" über 22 Kilometer gleich zwei extreme Tests auf dem Programm, die direkt nacheinander mit demselben Reifensatz absolviert werden müssen. Diese beiden WP zählen erstmals seit 2009 wieder zur Rallye-Route der "Akropolis".

Jari-Matti Latvala

Jari-Matti Latvala kehrt in Griechenland hinter das Steuer zurück Zoom

Gemäß Reglement dürfen die Fahrer während der gesamten Rallye insgesamt 48 Reifen benutzen - inklusive der 6,2 Kilometer langen "Qualifying Stage" am Donnerstagmorgen. In der Reihenfolge des Ergebnisses dieser Prüfung wählen die schnellsten Piloten ihre Startposition für den ersten Tag. Zur Wahl stehen 48 Reifen mit der härteren Laufflächenmischung sowie zehn weichere Pneus. Das Nachschneiden des Profils von Hand ist nicht erlaubt.

Dies öffnet unterschiedlichen Reifenstrategien das Tor. So könnte die weichere Laufflächenmischung zum Beispiel auf Prüfungen mit weniger rauem Fahrbahnbelag zum Einsatz kommen. Auch die Möglichkeit, zwei Ersatzräder an Bord mitzuführen, bietet zwischen zwei WP die Chance, die Reifen je nach Beanspruchung zwischen Vorder- und Hinterachse oder linker und rechter Fahrzeugseite oder sogar über Kreuz zu tauschen oder auszuwechseln.

Insbesondere am Freitag müssen die Fahrer mit ihren Reifen haushalten. Denn auf der zwölf Stunden langen Etappe über acht Prüfungen und insgesamt 170 WP-Kilometer dürfen die Teams lediglich ein Mal beim "Remote Service" in Itea frische Reifen aufziehen.

Die materialmordende "Akropolis" verdankt ihren Ruf der einzigartigen Kombination von Hitze und der besonderen Streckencharakteristik. Denn im Vergleich zu den übrigen WM-Läufen sind die Durchschnittsgeschwindigkeiten auf den serpentinenreichen Strecken rund um das Rallye-Zentrum in Loutraki vergleichsweise gering. Die Folge: Motor, Getriebe und Reifen erhalten nur wenig Kühlluft, die thermische Belastung für alle Bauteile ist enorm. Um die Mechanik vor aufgewirbelten Steinen, tiefen Spurrillen und Hindernissen auf der Strecke zu schützen, verkleiden die Teams die Fahrzeuge mit speziellen, besonders widerstandsfähigen Unterboden-Schutzplatten.

Alle jagen Tabellenführer Loeb

Sebastien Loeb

Sebastien Loeb fährt seinem neunten WM-Tital entgegen Zoom

Die Ausgangslage nach fünf von 13 Läufen zur Rallye-Weltmeisterschaft verspricht Hochspannung. Rekord-Champion Sebastien Loeb führt das Klassement mit 91 Punkten an, gefolgt von Ford-Werkspilot Petter Solberg, der 73 Zähler auf seinem Konto hat. Ihm dicht auf den Fersen: Loebs Teamkollege Mikko Hirvonen (70 Punkte) und Ford-Privatier Mads Östberg (68 Punkte). Ford-Werksfahrer Jari-Matti Latvala feiert bei der Rallye Griechenland sein Comeback.

Nach einem Schlüsselbeinbruch, den er sich beim Skilaufen zugezogen hatte, musste der Finne auf seinen Start bei der Rallye Argentinien verzichten. Bei den Testfahrten des Ford World Rally Teams in Portugal saß Latvala jüngst erstmals wieder im Cockpit des Fiesta RS WRC. Er spulte 440 Kilometer ab und blieb gänzlich schmerzfrei.

Neben den Piloten der Rallye-Weltmeisterschaft gehen in Griechenland auch die Fahrer der Produktionswagen-WM (PWRC) an den Start. Nach drei Läufen liegt hier Benito Guerra in seinem Mitsubishi Lancer in Führung. Auch die jungen Nachwuchstalente der FIA Academy stürzen sich im Schatten der Akropolis ins Getümmel.

Die Rallye-WM vor traumhafter Kulisse

Federico Villagra

Für die herrliche Aussicht werden die Rallye-Fahrer kein Auge haben Zoom

Die Rallye Griechenland führt die Teams auf geschichtsträchtigen Boden wie zum Beispiel in die Region Delphi sowie auf die Halbinsel Peloponnes. Nach der "Qualifying Stage" am Donnerstagmorgen steht am Nachmittag die offizielle Startzeremonie auf dem Programm. Die altehrwürdige Akropolis auf dem 156 Meter hohen Felsen über Athen bildet dabei eine traumhafte Kulisse, wenn die kühnen Athleten der Neuzeit in den Kampf um den Sieg bei diesem traditionsreichen WM-Lauf geschickt werden.

Bereits auf dem Rückweg in den Service-Park in Loutraki müssen sich die Lenkradartisten auf der ersten, 25,24 Kilometer langen Wertungsprüfung beweisen. Am Freitag und Samstag absolvieren Loeb, Latvala, Solberg, Hirvonen und Co. jeweils acht Prüfungen. Am Sonntag entscheidet sich dann auf den letzten fünf WP, wer am Ende den Sieger-Champagner versprühen darf. Dabei locken auf der abschließenden, 3,97 Kilometer langen "Power Stage" Extra-Punkte für die drei Schnellsten.