• 22.01.2013 10:41

Minor: Kurz vor Schluss vom Podest gerutscht

Nachdem Ilka Minor und Jewgeni Nowikow in Monte Carlo den dritten Platz erobern konnten, rutschten sie auf der schwierigsten Sonderprüfung von der Strecke

(Motorsport-Total.com) - Für Ilka Minor stand ein großes Abenteuer bevor: Bei der Rallye Monte Carlo, dem Auftakt zur Rallye-Weltmeisterschaft, bestritt Ilka Minor an der Seite von Jewgeni Nowikow im M-Sport Ford Fiesta die erste Rallye als Werkspilotin. Wie jeder spannende Krimi begann alles recht harmlos und unspektakulär, um sich langsam dem Höhepunkt zu nähern. Minor erzählt: "Beim Shakedown haben wir Spikereifen gespart, auch am ersten Rallyetag war Reifensparen angesagt."

Titel-Bild zur News: Jewgeni Nowikow, Schnee, Ilka Minor

Jewgeni Nowikow und Ilka Minor lagen in Monte Carlo auf Podiumskurs Zoom

So lagen Nowikow/Minor nach den ersten vier Wertungsprüfungen auf dem fünften Gesamtrang, hinter dem dominierenden Sebastien Loeb im Citroen, Volkswagen-Pilot Sebastien Ogier, den beiden Citroen-Piloten Dani Sordo und Mikko Hirvonen sowie Jari-Matti Latvala im zweiten Volkswagen. Am zweiten Tag jedoch steigerten sich Nowikow und Minor gewaltig: Auf WP 5 markierten die beiden die zweitschnellste Zeit hinter Ogier, auf WP 6 und WP 7 war keiner schneller als das russisch-österreichische Duo.

Zwei Bestzeiten am Donnerstagvormittag, doch richtig schnell kam Minor die Fahr nicht vor: "Nein, im Gegenteil: Man hat das Gefühl, dass er ganz ruhig fährt. Wir sehen es aber an den Zwischenzeiten aus den Teilbereichen der Wertungsprüfung, die wir im Cockpit angezeigt bekommen. Die konnten wir gar nicht glauben", so die Österreicherin.

Schritt für Schritt Richtung Podium

Die Bestzeiten reichten aus, um sich auf Platz vier vorzuschieben - auf einen Podiumsplatz, auf den drittplatzierten Sordo, fehlten nur noch 7,6 Sekunden. Am Donnerstagnachmittag verlor man zwar etwas an Boden, doch auch die 15,2 Sekunden, die den beiden am Ende des Tages auf Sordo fehlten, waren aufzuholen - vor allem bei den schwierigen Bedingungen, die bei dieser Ausgabe der "Monte" herrschten: Einmal Asphalt, dann, auf den höher gelegenen Streckenteilen, wieder Schnee und Eis. Und die Reifenwahl - Spikes oder Winterreifen - immer ein Kompromiss.

Nowikow, Monte Carlo

Neben Schnee und Eis bot die "Monte" auch trockene Asphalt-Prüfungen Zoom

Am dritten Tag standen drei längere Wertungsprüfungen auf dem Programm. "Bis auf den ersten Teil der ersten WP waren sämtliche Strecken neu oder so gut wie neu, die Sisteron-Prüfung wurde zuletzt 2002 gefahren, was Jewgeni zugutekam", erklärt Minor. Auf der ersten Prüfung des Tages konnten sich Nowikow/Minor bis auf rund sieben Sekunden an Sordo heranpirschen. Auf der nächsten Prüfung, WP 12, eroberten die beiden mit der zweitschnellsten Zeit hinter dem anfangs weniger starken Teamkollegen Mads Östberg den dritten Platz! Jetzt lag Sordo 8,6 Sekunden zurück.

Es folgte die 36,7 km lange WP "Sisteron". "Dort war der erste und letzte Teil Asphalt, doch in der Mitte gab es Schnee und Eis. Sordo hatte zwei Slicks und zwei Spikereifen am Auto, wir fuhren mit zwei Winterreifen und ebenfalls zwei Spikereifen, was uns jedoch nur auf dem Eis-Teil entgegenkam", so Minor. "Dort waren unsere Zeiten sensationell, auf dem Rest der Strecke war jedoch Sordo schneller."

Aus auf WP 14

Den dritten Platz jedoch konnte man retten - wenngleich Sordo nur noch die Winzigkeit von 1,7 Sekunden zurücklag. Mittlerweile waren die restlichen Positionen gesetzt - das Feuer lieferten Nowikow und Sordo mit ihrem knallharten Sekundenduell um den prestigeträchtigen Podiumsplatz. Dann kam, was Minor im Rückblick den "bösen vierten Tag" nennt: Die WP 14 "Moulent" präsentierte sich in einer Art Ausnahmezustand - Regen verwandelte den Schnee und das Eis zu einer rutschigen Schmierschicht, sodass auch erfahrene Piloten wie der überlegene Sieger Sebastien Loeb von der schwierigsten WP ihrer Karriere sprachen.

Die weltbesten Rallyepiloten fuhren mit maximal 30 km/h, nur im ersten und zweiten Gang, es ging nur noch darum, auf der Strecke zu bleiben. Dann passierte das Malheur. "Es war die erste Schneekurve dieser Prüfung - am Kurveneingang hatten wir noch guten Grip, doch in der Mitte der Kurve kamen wir mit einem Rad in den Matsch", berichtet Minor. "Das Auto drehte sich blitzartig und schlug in die Mauer ein, wobei ein Rad ausgerissen wurde. Wir haben dann noch versucht, auf drei Rädern zu einer Stelle zu gelangen, wo man den Wagen besser hätte abholen können, doch auch das war nicht mehr möglich, wir mussten abstellen."


Fotos: Nowikow, Jewgeni, WRC: Rallye Monte Carlo


Nur ein schwacher Trost war die Tatsache, dass auf dieser Prüfung neben zahlreichen Privatiers auch Latvala oder Juho Hänninen von der Strecke flogen. Wie groß die Enttäuschung in diesem Moment ist, kann man anhand der folgenden Worte von Minor erahnen: "Am liebsten würde man sofort abhauen, natürlich haben wir uns beide maßlos geärgert. Doch wir mussten warten, bis ein Mann von unserem Team auf das Auto aufpassen konnte."

Eisspione machtlos

Auch die beiden prominenten Eisspione halfen Nowikow und Minor nicht: Francois Delecour, Sieger der "Monte" 1994, der seit kurzer Zeit ein internationales Comeback gibt und bei der Jännerrallye 2013 Platz sieben belegte sowie Marc Giraudet, der als Co-Pilot 25 Mal auf dem WRC-Podium stand und im Vorjahr als Vorgänger von Minor bei Nowikow auf dem "heißen Sitz" saß, ehe er sich bei einem Crash Wirbelbrüche zuzog, waren für Nowikow/Minor im Einsatz.

Dass die beiden prominenten Reifenspione Nowikow und Minor nicht warnen konnten, hatte einen Grund. "Die Spione fahren etwa eineinhalb Stunden vor dem Start über die Prüfung - doch in dieser Zeit haben sich die Konditionen extrem verschlimmert. Sie haben zwar gesehen, dass es matschig ist, aber bei Weitem nicht auf diese Art und Weise, wie wir es dann vorgefunden haben", so Minor.

"Jewgeni hat eine unglaubliche Pace gezeigt" Ilka Minor

Rückblickend überwiegen bei Minor jedoch die positiven Eindrücke: "Jewgeni hat eine unglaubliche Pace gezeigt und wir fuhren an der Weltspitze mit, das stimmt mich für den Rest der Saison sehr optimistisch." Schließlich gab es trotz des Ausfalls noch Lob von Teamchef Malcolm Wilson - und Anfang Februar steht bereits die Schweden-Rallye auf dem Programm.