• 28.02.2016 19:52

  • von Dominik Sharaf

Verweichlicht und zu teuer: Kleinschmidt kritisiert Dakar

Jutta Kleinschmidt vermisst das Abenteuer, ihr schmecken der Südamerika-Umzug und der neue Reisekomfort nicht - Wieso Frauen besser Dakar können als Männer

(Motorsport-Total.com) - Als Jutta Kleinschmidt vor 15 Jahren mit ihrem feuerroten Mitsubishi Pajero komplett erschöpft die Ziellinie der Rallye Dakar überquerte und sich zur ersten Gesamtsiegerin des Traditionsrennens kürte, war die Veranstaltung noch ein echtes Abenteuer und kein Spielplatz für millionenschwere Paydriver - das meint die heute 53-Jährige, wenn sie im Gespräch mit der 'Auto Bild motorsport' mit der Rallye hart ins Gericht geht. "Heute wohnen alle in schicken Wohnmobils oder Hotels", sagt Kleinschmidt.

Titel-Bild zur News: Jutta Kleinschmidt

Kleinschmidt ist kritisch, wenn es um die jüngste Entwicklung der Rallye Dakar geht Zoom

Zu ihrer aktiven Zeit von 1988 bis 2007 hätten noch andere Voraussetzungen geherrscht, obwohl sie als Werkspilotin zu den privilegierteren Teilnehmern gehörte. "Wenn wir mal ein Hotel hatten, dann waren wir manchmal ganz glücklich, sind aber teilweise wieder ausgezogen, weil wir Kakerlaken zu Besuch hatten", meint Kleinschmidt über die damals noch in Nordafrika ausgetragene Rallye, die auch sportlich härter war: "Es war sehr laut, schlafen war schwierig, selbst mit Ohrenstöpseln", so Kleinschmidt.

Von Duschgel, Bodylotion und weichen Handtüchern war damals ebenfalls keine Spur. "Duschen war auch eher kompliziert", erinnert sie sich. "Die Einheimischen haben einen Eimer Wasser mit Schöpfer bereitgestellt, das war's." Das Abendessen gab es traditionell afrikanisch vom Boden, die saftigen Steaks in Südamerika waren genau wie das passende Besteck Fehlanzeige. Die Dakar sei nach ihrem Umzug über den Atlantik insgesamt deutlich "softer", befindet Kleinschmidt bei ihrem Vergleich.

Dakar-Nachteil für männliche Kollegen: ihr Testosteronspiegel

Die aus Sicherheitsgründen durchgeführte Umsiedlung und das dadurch veränderte Etappenprofil schmecken ihr nicht: "Wenn man sich die Gesamtzeit anschaut, dann sind wir fast das Dreifache gefahren. Es war ein anderes Gelände mit sehr viel mehr Offroad und mehr Dünen", beklagt Kleinschmidt und wundert sich nicht, dass Sebastien Loeb in der Anfangsphase der 2016er Ausgabe den Ton angab: "In diesem Jahr war der erste Teil fast wie bei Spezialprüfungen in der Rallye-Weltmeisterschaft."

Trotzdem hat Kleinschmidt noch Lust auf eine Rückkehr zur Dakar, doch ohne einen Geldgeber sind Wege außerhalb der Werksteams verschlossen. "Ich habe es immer mal wieder probiert, aber wer da nicht fast eine Million Euro mitbringt, der hat keine Chance", hadert sie. Plan B sieht eine Teilnahme in einem kostengünstigen Buggy vor, der zwar nicht für einen vorderen Platz in der Gesamtwertung gut ist, aber für eine PR-Kampagne für ein eigenes Juniorteam genügend Potenzial bietet.


Fotos: Rallye Dakar 2016


Im Pilotenkader könnten sich nicht nur männliche, sondern allen voran weibliche Hoffnungen befinden. Kleinschmidt erklärt der 'Auto Bild motorsport', wieso Frauen besser Dakar können als Männer: "Durchhaltevermögen ist bei so einer langen Veranstaltung entscheidend. Aber auch taktisches Fahren ist wichtig. Und ich glaube, da haben Frauen deswegen einen Vorteil, weil sie nicht jeden Tag zeigen müssen, dass sie die Schnellsten sind. Es gibt viele Herren, die können das nicht so gut, weil sie zu viel Testosteron im Blut haben", sagt sie.