"Konservatismus loswerden": So will Yamaha wieder konkurrenzfähig werden

Yamaha hat personelle und strukturelle Änderungen vorgenommen - Bei der Entwicklung will man "schneller, aggressiver und abenteuerlustiger" sein

(Motorsport-Total.com) - Nach der ersten sieglosen Saison seit 20 Jahren steht Yamaha 2024 vor "einem super wichtigen Jahr", wie Managing-Direktor Lin Jarvis betont. Das Werksteam in der heutigen Form wurde 1999, also vor 25 Jahren gegründet. Schon damals war Jarvis an Board.

Titel-Bild zur News: Lin Jarvis

Lin Jarvis ist seit Gründung des Teams zur Saison 1999 an Board Zoom

Ursprünglich befand sich die Basis der europäischen Rennabteilung in den Niederlanden. 2005 wurden alle Rennaktivitäten des MotoGP-Teams unter einem Dach in Gerno di Lesmo (Italien) zusammengelegt.

2008 wurde das dortige Hauptquartier zum ersten Mal umgebaut. 2022 fand die bislang letzte Modernisierung der Anlage statt, um den Mitarbeitern für ihre Arbeit auch mehr Platz zu schaffen.

Im Jahr 2022 wurde Takahiro Sumi vom Projektleiter zum Chef der Motorsportabteilung befördert. Als Anfang 2023 klar wurde, dass bei Yamaha Stillstand herrschte und an den WM-Titel nicht zu denken war, wurden grundlegende Veränderungen in Angriff genommen.

"Dieses Projekt begann schon Mitte vergangenen Jahres", erläutert Jarvis. "Wir wussten, dass wir frisches Blut, frische Ideen einbringen mussten. Wir mussten unsere Arbeitsweise ändern. Wir haben Änderungen bei den Arbeitsabläufen vorgenommen."

Ingenieure von der Konkurrenz abgeworben

Dafür hat Yamaha auch bei der Konkurrenz gewildert: "Wir haben seit dem ersten Viertel des vergangenen Jahres einige Schlüsselpersonen aus diesem Fahrerlager - von der Konkurrenz - rekrutiert", bestätigt der Brite.

Eine Schlüsselperson ist Massimo Bartolini, der bisher bei Ducati gearbeitet hat. Seine Jobbezeichnung in Borgo Panigale lautete "Vehicle Performance Ingenieur". Bartolini galt als enger Vertrauter von Gigi Dall'Igna und kennt die Geheimnisse der Desmosedici bestens.

Kazuhiro Masuda

Kazuhiro Masuda ist neuer Projektleiter der M1 Zoom

Bartolini ist bei Yamaha neuer Technikdirektor. "Zum ersten Mal sehen wir einen Europäer bei Yamaha in so einer hohen Position", betont Jarvis wie einschneidend es für Yamaha ist, dass nun ein Italiener in leitender Funktion die Technik maßgeblich beeinflussen wird.

Zum neuen Projektleiter wurde Kazuhiro Masuda befördert. "Er hat bisher das Testprogramm geleitet." Bartolini und Masuda sollen künftig zusammenarbeiten. "Um viel mehr europäische Expertise einzubringen", sagt Jarvis.

"Masudas Aufgabe ist es, dass das auch innerhalb Japans funktioniert." Bisher war Kazutoshi Seki der Projektleiter der M1. Er wird künftig das Testteam rund um Cal Crutchlow leiten. Ein weiterer neuer Techniker ist CFD-Spezialist Marco Nicotra, der ebenfalls von Ducati gekommen ist.

Yamaha hat klare Ziele

"Das Ziel ist klar. Wir müssen schneller, aggressiver und abenteuerlustiger sein. Wir müssen diesen Konservatismus loswerden. Das ist der Plan", unterstreicht Jarvis, dass man bei Yamaha verstanden hat, dass man das Team ändern muss, um wieder erfolgreich zu werden.

"Es ist der Anfang einer neuen Phase. Wir müssen aufholen. Wir waren Weltmeister, dann Zweiter und im Vorjahr hatten wir wirklich große Probleme. Es war klar, dass wir viele Dinge verändern mussten. Wir haben unsere internen Abläufe komplett verändert."

Alex Rins

Motor, Aerodynamik und viele Details hinter der Verkleidung wurden verändert Zoom

"Beim Shakedown-Test war es das erste Mal, dass alles zusammengekommen ist. Wir wissen, dass es nicht sofort gelingen wird, aber es ist der Beginn unseres Kampfes zurück. Ich bin optimistisch, weil ich gesehen habe, welche Veränderungen wir vornehmen."

"Ich bin aber auch nicht unrealistisch, weil es kein schnelles Aufholen gibt. Es ist ein gradueller Prozess. Wir unterschätzen nicht das Level unserer Konkurrenz. Es ist nicht einfach, aber ich denke, wir haben gute Veränderungen vorgenommen."

Vor allem muss Yamaha die Entwicklung beschleunigen, um aufholen zu können. Dafür sollen auch die neuen Zugeständnisse sorgen. Laut den neuen Concessions kann Yamaha auch mit den Stammfahrern testen, die Motorspezifikation ändern und eine dritte Verkleidung homologieren.

Concessions: Yamaha muss während Saison Fortschritte machen

Wichtig ist für Jarvis vor allem: "Wir dürfen nicht dort stehenbleiben, wo wir die Saison beginnen, sondern sollten im Laufe des Jahres Fortschritte schaffen." Fortschritte, die auch auf politischer Ebene wichtig sein werden.

"Ich glaube, dass sie eine große Unterstützung sind. Wir können viel mehr Dinge tun. Die Concessions bieten uns Möglichkeiten, aber es liegt an uns, sie maximal zu nutzen, damit wir Fortschritte schaffen."

"Es stimmt, dass die Verträge unserer beiden Fahrer mit Saisonende auslaufen. Das gilt aber auch für sehr viele andere Fahrer. Damit wir unsere Fahrer behalten können, müssen wir zeigen was wir können und wie wir zurückschlagen."

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