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Volvo-Motorsportchef: WM-Titel 2017 ist das Ziel

Volvo-Motorsportchef Alexander Murdzevski Schedvin blickt im Interview auf die erste WTCC-Saison seines Teams zurück und gibt 2017 das Ziel WM-Titel vor

(Motorsport-Total.com) - Mit Volvo stieg 2016 ein neuer Hersteller in die Tourenwagen-Weltmeisterschaft ein - und das mit Erfolg. Denn das Lernjahr wurde in Schanghai von Thed Björk mit dem ersten Sieg gekrönt. Aus Sicht von Motorsportchef Alexander Murdzevski Schedvin war der Saisonauftakt in Le Castellet, bei dem Volvo direkt unter die Top 5 fahren konnte, aber die viel größere Überraschung, wie der Schwede im Interview mit 'Motorsport-Total.com' erklärt.

Titel-Bild zur News: Alexander Murdzevski Schedvin

Alexander Murdzevski Schedvin (li.) spricht über die Premierensaison von Volvo Zoom

Dieser frühe und unerwartet Erfolg habe beim Team allerdings zu einer emotionalen Achterbahnfahrt geführt, denn Rückschläge blieben nicht aus. So bezeichnet Murdzevski Schedvin die Vorstellung bei den Regenrennen in Marrakesch als "fast schon etwas peinlich." Im Interview spricht der Volvo-Motorsportchef auch über die Planungen für die Saison 2017, in der Volvo um den WM-Titel mitfahren will.

Frage: "Alexander, wie lautet Ihr Urteil nach der ersten Saison Ihres WTCC-Projekts mit Volvo?"
Alexander Murdzevski Schedvin: "Aus sportlicher Sicht können wir mit den Fortschritten mehr als zufrieden sein. Zu Beginn der Saison war unser Ziel, am Ende der Saison in die Top 5 zu fahren. Das haben wir aber schon deutlich früher erreicht, was emotional nicht ganz einfach war. Denn wenn man Fünfter war, will man danach Vierter, Dritter, Zweiter werden und schließlich Rennen gewinnen. Dadurch hat sich bei allen im Team die Zielsetzung ein wenig verändert, denn man kann Leuten den Ehrgeiz nicht austreiben."

"Es kam dann eine Phase, wo wir in der letzten Session des Wochenendes, dem zweiten Rennen, sehr dicht dran waren. Mit dieser Erwartungshaltung geht man dann zum nächsten Rennen. Das ist dann aber eine völlig neue Strecke, wo man wieder zurückfällt und sich erneut nach vorne kämpfen muss. Das war zeitweise sehr frustrierend. Wir waren zwar generell zufrieden, wollten aber innerlich mehr."

Starke Pace zum Saisonauftakt überrascht

"Es kam dann darauf an, beim 'Patienten Auto' die richtige Diagnose zu stellen und dann bei den Tests die passende Medizin zu finden. In Japan waren die Ergebnisse sehr ermutigend, und in Schanghai wurden wir dann belohnt. Ich kenne die Statistiken nicht genau, aber ich glaube, dass es nicht vielen Herstellern gelungen ist, in ihrem ersten Jahr in einer etablierten Meisterschaft zu gewinnen. Darauf kann das Team stolz sein."

Frage: "Waren Sie überrascht, schon in der ersten Saison ein Rennen zu gewinnen?"
Murdzevski Schedvin: "Dass wir in Le Castellet schon unter den Top 5 waren, war die viel größere Überraschung. Da wussten wir, dass das Potenzial da ist und wir bei einer guten Entwicklung noch besser werden würden. Wenn man sich ansieht, was Chevrolet oder Lada jahrelang gemacht haben, ehe sie vorne dran waren, war das wirklich überraschend."

Frage: "Damit haben Sie die Antwort auf meine nächste Frage im Grunde schon vorweggenommen, denn ich wollte wissen, ob irgend etwas besser als erwartet gelaufen ist."
Murdzevski Schedvin: "Das Auto war aus dem Stand besser, als wir erwartet hatte. Wir hatten beispielsweise nur wenig technische Probleme. Mit Ausfällen muss man am Anfang normalerweise immer rechnen. Darauf hatten wir uns eingestellt, sind aber völlig davon verschont geblieben."


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Frage: "Gab es auch etwas, das schlechter als erwartet funktioniert hat?"
Murdzevski Schedvin: "Bei Regen hatten wir mehr zu kämpfen, als wir erwartet hatten. Der Rückflug aus Marokko war der längste Flug meines Lebens, dort wurden wir sogar überrundet. Dafür haben wir uns ein bisschen geschämt, obwohl wir wussten, dass das passieren kann, wenn man nicht die richtige Abstimmung findet. Aber das war für unsere Maßstäbe fast schon peinlich."

Marrakesch war ein bisschen peinlich

Frage: "Wie Sie schon sagten, ging die Formkurve in der zweiten Saisonhälfte klar nach oben, was mutmaßlich Ihrem Testprogramm geschuldet ist. Haben Sie im Kopf, wie viele Tage Sie getestet haben?"
Murdzevski Schedvin: "Vor der Saison sind wir 23 Tage in Trockenen und drei Tage im Nassen gefahren. Seitdem war es gar nicht mehr so viel, denn im Grunde testet man ja auch bei den Rennen. Da entwickelt man Theorien, was funktionieren könnte und was nicht. Und das probiert man dann bei den Tests aus. Wir sprechen da aber nicht von 20 Tagen, sondern eher von sechs bis acht."

Frage: "Gab es bei den Tests einen bestimmten Schwerpunkt? Beispielsweise die Abstimmung oder einen bestimmten Bereich des Autos, den Sie verbessern wollten?"
Murdzevski Schedvin: "Wir wussten, dass die Aerodynamik in dieser Meisterschaft nicht so entscheidend ist. Wenn man dann bei der Höchstgeschwindigkeit vorne dabei ist, weiß man, dass man sich um den Motor nicht weiter kümmern muss. Die meiste Zeit haben wir daher am Chassis gearbeitet, um die Balance von Front und Heck zu verbessern."

Volvo S60 Polestar

Seit der Einführung des Testautos ging es bei Volvo bergauf Zoom

Frage: "Im zweiten Auto haben sich drei Fahrer abgewechselt. War das zu Beginn der Saison so geplant oder hat sich das kurzfristig ergeben?"
Murdzevski Schedvin: "Wir haben am 14. Oktober 2015 (zusammen mit dem WTCC-Einstieg; Anm. d. Red.) verkündet, dass mit Ekblom, Dahlgren und Björk drei Fahrer zu unserem WTCC-Projekt gehören. Alle drei haben nicht nur menschlich, sondern auch fahrarisch unterschiedliche Qualitäten. So kann man an verschiedenen Punkten des Projekts arbeiten."

"Es war klar, dass wir die Saison mit Ekblom beginnen, aber jederzeit Robert einwechseln können, wenn wir wollen. Girolami war dann gewissermaßen ein Glückstreffer. Wir waren ohnehin in Argentinien und hatten Vergleichsdaten. Das ist die beste Möglichkeit, um einen Fahrer zu testen. Diese Möglichkeit, die uns hauptsächlich von der WTCC-Organisation eröffnet wurde, haben wir genutzt."

Frage: "Lassen Sie uns auf die nächste Saison blicken. Wie viele Autos werden Sie einsetzen?"
Murdzevski Schedvin: "Auf jeden Fall drei. Wir haben darüber nachgedacht, noch mehr einzusetzen, worum uns auch Francois (Ribeiro, Serienchef; Anm. d. Red.) gebeten hat. Aber wenn man zwei Stunden einplant, um ein Essen für sechs Leute zu kochen, dann aber nur eineinhalb Stunden Zeit hat und am Ende zehn Leute kommen, wir es ziemlich unerfreulich, wenn man den Einkaufszettel nicht verändert."

"Wenn wir uns auf drei Autos konzentrieren, die gegenüber Honda sehr konkurrenzfähig sein können, hat die Meisterschaft mehr davon, als wenn wir möglichst viele Autos einsetzen, aber nicht so nahe an Honda dran sind. Drei Autos sind sowohl aus unserem Blickwinkel als auch aus dem der WTCC im nächsten Jahr das Optimum."

2017 keine Volvos für Privatteams

Frage: "Es gibt also keine Pläne, Autos an Privatteams abzugeben?"
Murdzevski Schedvin: "Nein, dafür ist es noch zu früh. Das Auto befindet sich immer noch in der Entwicklung. Da kann es vorkommen, dass etwas zwar schnell ist, aber kaputt geht. Das führt bei Privatteams dann zu Beeinträchtigungen, auch finanzieller Art. Wenn wir etwas verkaufen, soll es auch konkurrenzfähig sein."

Frage: "Ich frage deshalb, weil das Team WestCoast, welches in diesem Jahr Ihren Werkseinsatz in der skandinavischen Meisterschaft durchgeführt hat, unlängst seinen Rückzug aus der TCR-Serie erklärt hat. Daher kamen Spekulationen auf, sie könnten Ihr Kundenteam in der WTCC werden."
Murdzevski Schedvin: "Nein, das hat nichts damit zu tun."

Frage: "Und wer werden die Fahrer sein? Die drei Schweden?"
Murdzevski Schedvin: "Wir haben noch niemanden bestätigt. Es gibt zwar einige Fahrer, die bei uns unter Vertrag stehen. Ihnen wurde aber noch nicht gesagt, in welcher Meisterschaft sie fahren werden. Daher möchte ich darauf jetzt nicht näher eingehen. Wir wissen, was funktionieren könnte, aber die Entscheidung ist noch nicht gefallen."

Frage: "Lassen Sie uns auf die Gesamtsituation der WTCC blicken. Mit Citroen und Lada steigen zwei Hersteller aus. Wie sehen Sie die aktuelle Lage der WTCC? Macht es Ihnen Sorgen, dass zwei Ihrer Gegner das Feld verlassen?"
Murdzevski Schedvin: "Bei Citroen war das keine Überraschung. Als sie es vor der Saison verkündet haben, gab es negative Reaktionen von den Medien und der Organisation, aber man muss sich anschauen, was sie zu der Meisterschaft beigetragen haben. Ich persönlich bin froh darüber, dass sie einige Jahre lang so professionell aufgetreten sind. Auch Lada hat mit dem Vesta und der Wahl ihrer Fahrer einiges zur WTCC beigetragen, vor allem in Russland."


Fotostrecke: Volvo in der WTCC

"Wir werden sie sicherlich vermissen, aber als Hersteller kann ich einen anderen Hersteller für eine solche Entscheidung, die auf wirtschaftlichen Kriterien beruht, nicht kritisieren. Wenn es für sie nicht mehr funktioniert, kann ich dieser Entscheidung akzeptieren. Als Hersteller muss man immer damit rechnen, dass jemand neues kommt, der vielleicht mehr Geld hat oder bessere Arbeit macht. Oder das halt jemand aussteigt. Unsere Planung wird durch Citroen oder Lada nicht beeinflusst."

Frage: "Zu guter letzt: Was sind Ihre Ziele für 2017? Was muss passieren, damit Sie in einem Jahr auf eine erfolgreiche Saison zurückblicken können?"
Murdzevski Schedvin: "Wie ich schon sagte, hatten wir vor dem Einstieg damit gerechnet, dass wir einige technische Probleme aussortieren müssen und dass es einige Zeit dauern wird, bis wir unter den Top 5 landen werden. Wenn Sie mich heute fragen, ob wir unsere Ziel ändern müssen, wäre ich unentschlossen. Wir hatten ursprünglich gedacht, dass wir erst 2018 die ersten Chance auf den Gewinn der Meisterschaft haben. Nun könnte es aber sein, dass wir schon 2017 um die Meisterschaft kämpfen können. Das ist unser Ziel."

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