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  • 21.11.2012 16:25

  • von Stefan Ziegler

Das große WM-Interview mit Huff

Der neue Tourenwagen-Weltmeister im ausführlichen Interview: Rob Huff über die WM-Entscheidung in Macao, schlaflose Nächte und etwas Lotto-Glück

(Motorsport-Total.com) - "Eigentlich bin ich ziemlich sprachlos", sagte Rob Huff direkt nach seinem WM-Titelgewinn in Macao. Doch schon wenige Augenblicke später sprudelten die Worte nur so aus dem neuen Tourenwagen-Weltmeister heraus. Im ausführlichen Interview erklärt der 32-jährige Brite, wie er die entscheidenden Szenen des Jahres erlebt hat und wie es nach dem Crash in Macao um seinen Gemütszustand bestellt war. Außerdem spricht Huff auch über seine Pläne für 2013.

Titel-Bild zur News: Robert Huff

Er hat es endlich geschafft: Rob Huff ist der neue Tourenwagen-Weltmeister Zoom

Frage: "Rob, du kamst dem WM-Titel in der Vergangenheit schon recht nahe. Du warst zweimal Dritter und einmal Zweiter. Jetzt ist es Platz eins. Wie fühlst du dich?"
Rob Huff: "Ich weiß es gar nicht so genau. Ich denke, ich bin eigentlich ziemlich sprachlos. Es wird wohl eine ganze Weile dauern, bis es eingesickert ist. Wenn das überhaupt jemals der Fall sein wird. Es war ein sehr aufregender Tag an einem sehr emotionalen Wochenende."

"Ich möchte an dieser Stelle auf Eric Neve verweisen. Eric, vielen Dank. Ohne dich wäre all dies nicht passiert. Danke auch an Ron Hartvelt, den Chevrolet-Projektmanager. Ich möchte mich bei allen Beteiligten bedanken. Es war eine sehr emotionale Reise. Vor acht Jahren sind diese Jungs mit mir ein recht großes Risiko eingegangen. Ich hoffe, ich konnte ihnen zeigen, dass sie sich damals richtig entschieden haben."

Erst ein Überholmanöver, dann ein Crash

Frage: "Wir hatten eigentlich gedacht, die Entscheidung würde schon nach dem ersten Macao-Rennen fallen. Da kam uns aber dein Unfall dazwischen ..."
Huff: "Allerdings (lacht; Anm. d. Red.). Was für ein dummer Fehler. Es nahm aber ein gutes Ende. Deshalb bin ich sehr zufrieden."

"Kurz danach brach dann das Unheil über mich herein." Rob Huff

"Ich hatte ein gutes Manöver gegen Yvan gezeigt. Eigentlich war ich sehr zufrieden gewesen mit meiner Position, doch er bremste die Lisboa-Kurve sehr früh an. Es gelang mir einfach, nach innen zu ziehen und etwas später zu bremsen. Kurz danach brach dann das Unheil über mich herein. Ich krachte in die Mauer und beschädigte mein Auto ziemlich. Sprechen wir lieber über das zweite Rennen ..."

Frage: "Dazu kommen wir noch. Erst einmal: Wie lange kam dir die Pause zwischen den beiden Rennen vor?"
Huff: "Das war sicherlich eine ungeheuer schreckliche Erfahrung. Ich nutzte die Zeit, um über die jüngsten Ereignisse nachzudenken."

"Ich wusste: Ich müsste nur auf Position fünf oder sechs einlaufen." Rob Huff

"Ich dachte an meinen Fehler. Und ich versprach mir selbst, im zweiten Rennen nicht erneut eine solche Dummheit zu begehen. Ich wusste: Ich müsste nur auf Position fünf oder sechs einlaufen. Ich wartete einfach ab. Die Lotterie von Macao kam mir da zugute, denn vor mir gab es ein paar Zwischenfälle."

Frage: "Hattest du Sorgen, dein Auto könnte irreparabel beschädigt sein?"
Huff: "Nein. Es gibt nichts, was die RML-Jungs nicht wieder hinkriegen könnten. Das Auto könnte in zwei Teilen vor der Box liegen und sie würden es trotzdem reparieren. Es sind tolle Jungs. Ich muss mich sehr bei ihnen bedanken. Alle haben geholfen, um das Fahrzeug wieder hinzukriegen. Deshalb sind diese Jungs die besten überhaupt."

Mit repariertem Fahrzeug zurück im Titelrennen

Frage: "Wie du schon sagst: Es gab einige Zwischenfälle im zweiten Rennen. Für dich ging es daher wohl nur darum, dich aus allem Ärger herauszuhalten, nicht wahr?"
Huff: "Genau. Nach der ersten Safety-Car-Phase fand ich mich in einer guten Position wieder."

Robert Huff

Chevrolet-Fahrer Rob Huff mit dem Pokal für den zweiten Platz in Macao Zoom

"Mir war klar: Ich könnte sogar hinter Tiago (Monteiro; Anm. d. Red.) zurückfallen, der zwei Ränge hinter mir fuhr. Es würde trotzdem reichen. Ich ließ es daher vorsichtig angehen und versuchte einfach nur, nicht noch einmal in der Mauer zu landen. Ich muss mich aber sehr herzlich bei RML bedanken. In der Box half wirklich jeder mit."

"Das Auto war nach dem Mauerkuss im ersten Rennen doch ziemlich beschädigt. Im zweiten Rennen hatte ich aber wieder ein perfektes Auto. Nicht nur meine eigene Crew hatte bei der Reparatur mitgeholfen, sondern auch die Jungs von Alain und Yvan. Jeder packte mit an. Ohne all diese helfenden Hände wäre ich jetzt nicht hier. Vielen, vielen Dank dafür."


Fotos: Robert Huff, WTCC-Finale in Macao


Frage: "Hast du dein Team darum gebeten, dich während der Rennen über den Stand in der WM-Gesamtwertung zu informieren? Wann war dir klar, du bist Weltmeister?"
Huff: "Nach dem ersten Rennen führte ich eine Unterhaltung mit meinem Ingenieur, von der ich gehofft hatte, sie nicht führen zu müssen."

"Er sagte mir: Wenn Alain gewinnt, müsste ich mindestens Fünfter werden. Wenn Yvan gewinnt, müsste ich mindestens Sechster werden. Das hatte ich im Hinterkopf. Alain führte später ein paar Runden lang, während ich an siebter Stelle lag. Ich tat dann einfach, was ich tun musste."

Der letzte Tourenwagen-Weltmeister von Chevrolet

Frage: "Wie gut hast du eigentlich vor diesen Rennen geschlafen und was ging dir am Vormittag durch den Kopf?"
Huff: "Nun, das ist eine sehr persönliche Frage. Dessen bist du dir bewusst (lacht; Anm. d. Red.)? Nein, wir hatten ein schönes Dinner am Samstagabend. Wir waren bei McDonald's (lacht). Der Abend war sehr entspannt."

"Bis zwei Uhr früh zählte ich dann Schäfchen." Rob Huff

"Ich war dann sehr früh im Bett. Bis zwei Uhr früh zählte ich dann aber Schäfchen. Es ist halt sehr schwierig, wenn du dich in einer solchen Position befindest. Vielleicht war ich am Vormittag ein bisschen schwierig drauf. Es ging aber gut aus. Und es war ein schöner Tag. Danke der Nachfrage (lacht)."

Frage: "Mit dem Saisonfinale in Macao geht eine lange Reise zu Ende. Du warst seit 2005 mit Chevrolet in der WTCC unterwegs. Das ist jetzt vorbei ..."
Huff: "Und das ist sehr, sehr traurig. Ich freue mich natürlich darüber, Weltmeister zu sein. Gleichwohl stimmt es mich auch traurig, dass all dies jetzt endet."

"Nun heißt es Daumen drücken, dass wir für 2013 etwas Gutes finden. Ich weiß noch nicht, was es sein wird. Wir arbeiten an mehreren Optionen. Es war auf jeden Fall eine sehr emotionale Reise. Ich war von Anfang an und bis zum letzten Moment ein Teil davon. Das ist etwas Besonderes."

"Wir waren zweimal Dritter, einmal Zweiter. Und jetzt ist es Platz eins." Rob Huff

Frage: "2005 kamst du als Rookie in die Meisterschaft, sieben Jahre später bist du Weltmeister ..."
Huff: "Ja, was für eine erstaunliche Entwicklung. Klasse. In jedem Jahr sind wir besser geworden. Wir haben uns immer gesteigert. Wir waren zweimal Dritter, einmal Zweiter. Und jetzt ist es Platz eins."

"Das hört sich seltsam an, aber gut. Es war eine schöne Reise. Vielleicht war ich 2011 sogar besser als 2012. Dennoch: Wir waren konstant, als es darauf ankam. Wir haben die Punkte eben geholt, als Andere das vielleicht nicht taten. So gewinnst du Meisterschaften."

Die Nervosität vor dem Finale war groß

Frage: "Gab es in diesem Jahr einen Punkt, an dem du dachtest: 'Mensch, hätte ich bloß 2011 gewonnen, denn 2012 ist es viel schwieriger.' Was denkst du?"
Huff: "Das dachte ich vielleicht 2011. Schwierig. Es ist halt keine einfache Meisterschaft, denn ansonsten würde hier jeder siegen. Du musst schnell und konstant sein, brauchst aber auch ein gutes Auto. Wir drei hatten all dies - in den vergangenen vier Jahren. Das haben wir uns zunutze gemacht."

Robert Huff

Rob Huff gelang auf seiner erklärten Lieblingsstrecke der WM-Titelgewinn Zoom

Frage: "Dein Name taucht nun in den Geschichtsbüchern auf und steht neben denen von Roberto Ravaglia, Andy Priaulx, Yvan Muller und Gabriele Tarquini ..."
Huff: "Das ist einfach fantastisch. Ich glaube, es braucht ein bisschen Zeit, bis man das alles realisiert hat."

"Ich habe in dieser Woche nicht sehr viel geschlafen. Und das war nicht freiwillig. Ich habe sicher nicht die ganze Zeit über Party gemacht. Ich habe einfach nur so viel darüber nachgedacht, was hier passiert. Und jetzt bin ich wirklich müde."


Fotos: WTCC-Siegerehrung in Macao


Frage: "Du bist der erste britische Weltmeister seit Jenson Button 2009 ..."
Huff: "Das ist ziemlich cool. Ich bin sehr zufrieden damit. Es gibt viele Rennfahrer, die das Zeug dazu haben, Weltmeister zu haben. Dein Paket muss aber stimmen. Es braucht auch ein Quäntchen Glück. Es liegt auch nicht nur an dir, sondern auch an den Leuten um dich herum. Ohne sie könntest du nicht tun, was du tust."

Was 2013 kommt, ist noch offen ...

Frage: "2012 scheint ein gutes Jahr für dich zu sein. Erst die Hochzeit, dann der Titelgewinn ..."
Huff: "Ich hatte wirklich ein fantastisches Jahr. Irre. Ich habe geheiratet und nun auch die WM gewonnen. Für mich war es das ultimative Jahr. Und am Freitag spiele ich noch Lotto, um zu sehen, ob da noch mehr geht (lacht; Anm. d. Red.)."

"Und am Freitag spiele ich noch Lotto, um zu sehen, ob da noch mehr geht." Rob Huff

"Es war einfach unglaublich in diesem Jahr. Ich möchte mich bei all denen bedanken, die mich hierher gebracht haben. Von den ersten Tagen im Kartsport bis hin zum Tourenwagen-WM-Titelgewinn. Es war eine klasse Reise. Und Weltmeister hört sich verdammt cool an, finde ich."

Frage: "Bist du durch deine Hochzeit schneller geworden?"
Huff: "Ja, es scheint so. Es heißt ja, dass eine Hochzeit und Nachwuchs langsamer machen. Für mich war es genau das Gegenteil: Ich wurde immer schneller und schneller."

"Was danach kommt, weiß ich nicht." Rob Huff

"Gabriele (Tarquini; Anm. d. Red.) sagte mir in den USA, dass wir gewonnen haben, weil wir nach der Hochzeit schneller geworden waren. Ich sagte ihm: Vielleicht sollte ich vor jedem Rennwochenende erneut heiraten. Das könnte aber ziemlich teuer werden, denn Hochzeiten sind nicht billig."

Frage: "Jetzt bist du Weltmeister. Was kommt als nächstes?"
Huff: "Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich bin Weltmeister, verheiratet und werde ausgiebig feiern. Was danach kommt, weiß ich nicht. Und offen gestanden: Im Augenblick ist mir das auch noch völlig egal. Ich bin einfach nur stolz darauf, letzter Weltmeister für Chevrolet zu sein."

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