• 30.04.2015 08:06

  • von Roman Wittemeier

WEC ist für Nico Hülkenberg "langfristige Alternative"

Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg kann sich eine lange Karriere auf der Langstrecke vorstellen: Liebe zu Le Mans ist in den vergangenen Jahren gewachsen

(Motorsport-Total.com) - Bei genauer Betrachtung der Starterfelder beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans fällt auf: Immer wieder in der langen Geschichte des Rennens an der Sarthe gab es Phasen, in denen die Teilnahme am Klassiker für die Piloten der Formel 1 nahezu selbstverständlich war. In den 1950er-Jahren waren Stars wie Juan Manuel Fangio, Alberto Ascari und Giuseppe Farina auf der Meldeliste, in späteren Jahren fuhren unter anderem Graham Hill, Mario Andretti oder Jochen Rindt.

Titel-Bild zur News: Nico Hülkenberg

Formel-1-Pilot Nico Hülkenberg sieht sich nicht nur ein Jahr in Le Mans fahren Zoom

In einigen Jahren war fast das komplette Feld der Formel 1 auch in Le Mans am Start. Einen solchen Wandel zwischen den Welten Königsklassen-Sprint und Langstrecken-Klassiker hat es seit langer Zeit nicht mehr gegeben - auch, weil Bernie Eccelstone dies durch bewusste Terminkollisionen viele Jahre lang verhinderte. Aber nun könnte sich bald vielleicht wieder ein solcher Trend durchsetzen. Den Anfang macht zumindest einmal Nico Hülkenberg.

Der Emmericher ist der einzige aktuelle Formel-1-Pilot, der im Juni am berühmten 24-Stunden-Rennen teilnimmt. Das Interesse anderer Fahrer aus der Szene wird offen kommuniziert: Fernando Alonso oder Jenson Button machen keinen Hehl aus ihrer Liebe zu Le Mans und den schnellen LMP1-Prototypen. "Es war Mitte vergangenen Jahres, als Porsche und ich in Gespräche gegangen sind", sagt Hülkenberg, der am kommenden Wochenende sein erstes WEC-Rennen für Porsche absolvieren wird.

Hülkenberg findet Interesse an der WEC

"Sie hatten damals den Gedanken, ein drittes Auto für Le Mans zu bringen. Und wer ein zusätzliches Auto fahren lassen möchte, der braucht auch zusätzliche Piloten. Da fing ich zu überlegen an", meint der LMP1-Neuling. "Bis dorthin hatte ich mich zwar komplett auf die Formel 1 fokussiert, aber die WEC und Le Mans haben in den vergangenen Jahren immer mehr Aufmerksamkeit erhalten. Als Kind gab es für mich nur Formel 1, Formel 1, Formel 1. Seit drei oder vier Jahren habe ich auch die WEC beobachtet. Ich mag die Serie."

"Die LMP1-Autos haben tolle Technologie an Bord. Sie sind schnell, nicht weit weg von den Formel-1-Autos. Außerdem ist das Regelwerk gut. Es ist halt eine andere Art Rennsport, es ist eben Langstrecke - eine andere Herausforderung", sagt Hülkenberg, der 2011 einen Test im Peugeot 908 absolviert hatte. "Es ist schon recht anders als ein Formel-1-Fahrzeug. Man muss sich darauf einstellen, muss sich schon damit auseinandersetzen. Wenn es um Dinge wie Allrad oder Traktionskontrolle geht, dann braucht es seine Zeit, um sich darauf einzuschießen."

Nico Hülkenberg

Mit einem Dach über dem Kopf: Nico Hülkenberg im Porsche 919 Hybrid Zoom

"Den Fahrstil muss man schon erheblich anpassen", sagt der Deutsche und geht etwas in die Details: "Der Allrad macht den Unterschied. Wenn man so viel Power zur Verfügung hat, dann muss man zusehen, dass einen die Leistung nach vorne bringt - es darf nicht zu viel Energie für seitliche Bewegungen des Autos verschwendet werden. Es gibt außerdem ein paar Tricks, um die Traktionskontrolle optimal zu nutzen. Wenn die volle Leistung einsetzt, dann ist es wirklich beeindruckend. Ich bin das Auto nun schon mehrmals gefahren, aber der erste Eindruck war: 'Wow, das ist Spaß!'"

Wieder Lob für die LMP1-Michelins

"Es macht Laune, die Autos bringen viel Freude. Man kann Runde für Runde pushen. Eigentlich würde man meinen, dass es gerade auf der Langstrecke nicht so wäre, aber hier wird jede Runde Vollgas gefahren", bringt Hülkenberg das auf den Punkt, was auch schon Andre Lotterer bei seinem Formel-1-Einsatz 2014 in Spa-Francorchamps zur Überraschung vieler Formel-1-Fans zu Protokoll gab. "Die Reifen sind sehr haltbar, sehr konstant - das kenne ich aus der Formel 1 nicht so."

Durch diese Haltbarkeit der Reifen ist Ausdauer gefordert - nicht nur vom Material, sondern auch vom Piloten. Die Michelins in der LMP1-Klasse erlauben in Le Mans Dreifach- oder sogar Vierfach-Stints. Man ist plötzlich weit weg von einem Sprintrennen wie in der Formel 1. "Das ist wirklich hart. In Le Mans geht es viel geradeaus, aber wenn du in Le Castellet oder Aragon fährst und dort drei Stunden lang Kurve auf Kurve folgt, dann ist das schon anstrengend", weiß der Porsche-Neuzugang,

Ebenfalls ein Faktor in der WEC: Niemand hat ein Auto für sich allein. Hülkenberg muss sich seinen 919 mit Earl Bamber und Nick Tandy teilen. "Das finde ich gar nicht so schwierig", sagt ehemalige GP2- und A1GP-Champion. "Klar, in der Formel 1 ist man voll auf einen einzelnen Fahrer fokussiert. Das Auto wird in allen Details auf den Piloten abgestimmt. In der LMP1 muss man halt mit Kompromissen leben, beispielsweise bei der Sitzposition. Aber diese Autos haben auch ein breiteres Fenster für die Abstimmung. Ich bin noch neu dabei und kümmere mich bislang sowieso nur um das Fahren."


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"Ich denke, ich kann meinen Ehrgeiz, meinen Hunger auf Erfolg und meine Leidenschaft für den Sport bei Porsche einbringen", freut sich Hülkenberg auf sein erstes Rennen mit Porsche in Spa-Francorchamps. Es wird womöglich nicht nur bei den zwei Einsätzen in Belgien und Le Mans bleiben. Hülkenberg hat einen Plan - und der beinhaltet die WEC. "Es ist ein großes Projekt, für mich eine Alternative auf lange Sicht", sagt der Emmericher, der in der Formel 1 oftmals zu Teamwechseln gezwungen war.