• 03.07.2013 11:16

  • von Pete Fink

Vorschau: Pocono-Comeback und die glorreichen Zeiten

Zum ersten Mal seit der Saison 1989 fahren die IndyCars wieder auf dem superschnellen Tri-Oval von Pocono: Gibt es einen Überraschungssieger?

(Motorsport-Total.com) - Das Pocono IndyCar 400 ist ein Rennen, dem am kommenden Wochenende viele Szenebeobachter mit großer Spannung entgegensehen. Zum ersten Mal seit der Saison 1989 fahren die IndyCars wieder auf dem riesigen 2,5 Meilen langen Tri-Oval am Fuße der Pocono Mountains, etwa 100 Meilen westlich von New York City. Diese Gegend besteht aus den Ausläufern der Appalachen, also des großen Mittelgebirgszuges, der von Kanada bis fast an die kurze Golfküste von Alabama herunterreicht. Pocono selbst liegt im US-Bundesstaat Pennsylvania.

Titel-Bild zur News: Jimmie Johnson

Auch die IndyCars besuchen wieder die weiten Pocono Mountains

1971, also drei Jahre vor dem ersten NASCAR-Rennen (1974), trugen die IndyCars ihre Pocono-Premiere aus, die der unvergessene Mark Donohue für Roger Penske gewann. Viermal A.J. Foyt, dazu Johnny Rutherford, Al und Bobby Unser, Rick Mears, Mario Andretti, Bobby Rahal - die Siegerliste von Pocono quillt geradezu über von US-Motorsport-Prominenz. Oder anders formuliert: Wer wirklich etwas auf sich hält, der hat in Pocono mindestens einmal die Karierte Flagge als Erster gesehen.

Es ist also nicht einfach nur ein neues IndyCar-Rennen im Kalender, der Pocono Raceway besitzt auch ein gewisses Flair der goldenen IndyCar-Zeiten früherer Tage. Für die Andretti-Familie ist es ein waschechtes Heimspiel, denn der Wohnsitz des Clans befindet sich in Nazareth, Pennsylvania, nur ein paar Kilometer südlich der Pocono Mountains. Und das mittlerweile 73-jährige Familienoberhaupt Mario Andretti war im April höchstpersönlich anwesend, als sein Enkel Marco Andretti die ersten IndyCar-Testrunden der Neuzeit in Angriff nahm.

Klar, dass man auf dem flachen Tri-Oval, dessen drei Kurven allesamt unterschiedlich ausgelegt sind, mehrmals testete. Immerhin stellte Emerson Fittipaldi mit seiner Pole-Runde 1989 einen Schnitt von 211,715 Meilen pro Stunde (oder 340,72 km/h) auf. In der Zwischenzeit hat das früher recht holprige Pocono einen neuen, topfebenen Belag erhalten, was die Speeds am kommenden Wochenende sicherlich zu neuen Rekorden (erwartet werden bis zu 220 Meilen) treiben wird. Daher haben die IndyCar-Offiziellen für Donnerstag einen kompletten Testtag für alle 24 gemeldeten Fahrer angesetzt.


Das Pocono-Rennen von 1989 (komplett)

Andretti und Kanaan im Fokus

Und es ist ebenfalls klar, dass die vier in diesem Jahr so starken Andretti-Piloten (Marco Andretti, Ryan Hunter-Reay, James Hinchcliffe und Ernesto Viso) auch beim Comeback-Rennen zu den Top-Favoriten gehören werden. Vor allem im Fall des 26-jährigen Marco Andretti ist sein erster Saisonsieg mittlerweile überfällig. Gäbe es dafür einen geeigneteren Ort als das Heimspiel in Pocono? Der Venezolaner Viso wartet noch auf sein Debüt in der Victory Lane, Hunter-Reay siegte in Barber und Milwaukee, Hinchcliffe in St. Petersburg, Sao Paulo und zuletzt in Iowa.

Sozusagen eine Million Gründe zu gewinnen, hat am Wochenende Tony Kanaan. Der KV-Pilot ist als Sieger des Indy 500 in der Situation, nach wie vor um die diesjährige Triple-Crown zu kämpfen. Soll heißen: Gewinnt ein Pilot das Indy 500, Pocono und das Saisonfinale in Fontana, dann gibt es einen Scheck über eine Million US-Dollar. Sollte Kanaan in Pocono siegen, dann sind ihm immerhin 250.000 US-Dollar Bonus (Zwei-von-drei-Regel) sicher. "Ich bin der einzige, der die Triple-Crown noch holen kann", weiß der Brasilianer. "Der Druck ist also da. Aber wir hatten in Indy ein gutes Auto und die Tests in Pocono liefen auch gut."

Marco Andretti

Marco und Mario Andretti haben nur ein paar Kilometer zur Strecke Zoom

Pocono-Streckenchef Brandon Igdalsky hat hingegen einen ganz anderen Tipp: "Es ist ein Tri-Oval, das sich wie eine Rundstrecke fährt. Also gibt es keinen Favoriten und ich glaube daran, dass wir einen Überraschungssieger sehen werden." Igdalsky hofft zudem auf ein volles Haus mit knapp 100.000 Zuschauern: "Viele Fans haben mir gesagt, dass sie kommen werden. Sie wurden vor 1989 von ihren Vätern zum IndyCar-Rennen mitgenommen und sie sagen jetzt, dass sie ihre Kids nach Pocono bringen werden."

Castroneves gegen Hunter-Reay

Der Termin ist gut gewählt, denn an diesem Wochenende ist in den USA das Independence-Day-Weekend. Neben dem Andretti-Duo Hunter-Reay und Marco Andretti sind mit Ed Carpenter (Carpenter-Chevrolet), Graham Rahal (Rahal-Honda), Charlie Kimball (Ganassi-Honda) und Josef Newgarden (Fisher-Honda) noch vier weitere US-Boys am Start. Ist einer dieser Piloten der von Streckenchef Igdalsky angesprochene Überraschungssieger?

Oder behalten auf der für alle neuen Strecke die Routiniers die Oberhand, die in der aktuellen Tabelle von Helio Castroneves angeführt werden? Denn natürlich wird im elften von 19 Saisonrennen auch um knallharte Meisterschaftspunkte gekämpft. Der Vorsprung des Penske-Piloten beträgt gerade einmal neun winzige Zähler vor seinem Verfolger, dem amtierenden IndyCar-Champion Hunter-Reay. Und was macht Will Power? Kann der zweite Penske-Pilot ausgerechnet in Pocono seine über ein Jahr andauernde Pechsträhne abschütteln?

Helio Castroneves

Helio Castroneves kommt als Tabellenführer nach Pocono Zoom

Die 160 Rennrunden am Sonntagabend (ab 18:15 Uhr MESZ) werden es zeigen. Ryan Briscoe übernimmt wieder den Panther-Chevy, wer den zweiten Dale-Coyne-Honda neben Justin Wilson fahren wird, steht zur Stunde noch nicht fest. Nach dem Testtag am Donnerstag ist der Freitag komplett für die IndyLights-Serie reserviert. Training und Qualifikation der IndyCars gehen also am Samstag über die Bühne.

Der Zeitplan für Pocono (in MESZ):

Donnerstag:
15:00 Uhr bis 23:00 Uhr: Offizieller Testtag

Samstag:
16:00 Uhr bis 17:00 Uhr: Erstes Freies Training
19:15 Uhr bis 20:45 Uhr: Qualifikation
23:30 Uhr bis 24:00 Uhr: Abschlusstraining

Sonntag:
ab 18:15 Uhr: Pocono IndyCar 400 (160 Runden)

Die Meldeliste für Pocono:

01. 1 Ryan Hunter-Reay (Andretti-Chevrolet)
02. 3 Helio Castroneves (Penske-Chevrolet)
03. 4 Ryan Briscoe (Panther-Chevrolet)
04. 5 Ernesto Viso (Andretti-Chevrolet)
05. 6 Sebastian Saavedra (Dragon-Chevrolet)
06. 7 Sebastien Bourdais (Dragon-Chevrolet)
07. 9 Scott Dixon (Ganassi-Honda)
08. 10 Dario Franchitti (Ganassi-Honda)
09. 11 Tony Kanaan (KV-Chevrolet)
10. 12 Will Power (Penske-Chevrolet)
11. 14 Takuma Sato (Foyt-Honda)
12. 15 Graham Rahal (Rahal-Honda)
13. 16 James Jakes (Rahal-Honda)
14. 18 Pippa Mann (Coyne-Honda)
15. 19 Justin Wilson (Coyne-Honda)
16. 20 Ed Carpenter (Carpenter-Chevrolet)
17. 25 Marco Andretti (Andretti-Chevrolet)
18. 27 James Hinchcliffe (Andretti-Chevrolet)
19. 55 Tristan Vautier (Schmidt-Honda)
20. 67 Josef Newgarden (Fisher-Honda)
21. 77 Simon Pagenaud (Schmidt-Honda)
22. 78 Simona de Silvestro (KV-Chevrolet)
23. 83 Charlie Kimball (Ganassi-Honda)
24. 98 Alex Tagliani (Herta-Honda)

Alle Pocono-Sieger auf einen Blick:

1971 Mark Donohue
1972 Joe Leonard
1973 A.J. Foyt
1974 Johnny Rutherford
1975 A.J. Foyt
1976 Al Unser Sr.
1977 Tom Sneva
1978 Al Unser Sr.
1979 A.J. Foyt
1980 Bobby Unser
1981 A.J. Foyt
1982 Rick Mears
1983 Teo Fabi
1984 Danny Sullivan
1985 Rick Mears
1986 Mario Andretti
1987 Rick Mears
1988 Bobby Rahal
1989 Danny Sullivan