Dakar 2017: Cyril Despres schlägt Peterhansel, Loeb und Co.

Auf der anspruchsvollen vierten Dakar-Etappe geraten die Favoriten in Probleme: Ex-Motorrad-Sieger Cyril Despres feiert seinen ersten Tagessieg

(Motorsport-Total.com) - Auch die vierte Etappe der Rallye Dakar 2017 wurde von einem Peugeot-Fahrer gewonnen. Doch diesmal schaffte ein ehemaliger Motorrad-Sieger die große Überraschung. Auf den anspruchsvollen 416 gezeiteten Kilometern von San Salvador de Jujuy in Argentinien nach Tupiza in Bolivien holte sich Cyril Despres seinen ersten Etappensieg, seit er am Steuer eines Automobils sitzt. Damit übernahm der Franzose auch die Führung in der Gesamtwertung, denn seine Teamkollegen Stephane Peterhansel, Sebastien Loeb und Carlos Sainz hatten allesamt Probleme.

Titel-Bild zur News: Cyril Despres

Cyril Despres gewinnt zum ersten Mal eine Etappe am Steuer eines Autos Zoom

Zunächst begann für "Mr. Dakar" Peterhansel alles nach Plan. Der Routinier legte zu Beginn der Etappe das Tempo vor, während Sainz schon nach einer halben Stunde rund zehn Minuten eingebüßt hatte. Aber dann verfuhr sich Peterhansel und folgte zu lange den falschen Spuren. Die Navigation war für die vierte Etappe entscheidend. Aber auch Loeb musste wegen Problemen mit dem Turbolader für mehrere Minuten anhalten und verlor Zeit. Dadurch entbrannte ein Duell Despres gegen Nani Roma im Toyota um den Tagessieg.

Beim zweiten Wegpunkt hatte Roma im virtuellen Klassement einige Sekunden Vorsprung auf Despres. Und auch Mini-Fahrer Mikko Hirvonen war als Dritter gut dabei. Peterhansel lag bei WP2 schon 15 Minuten zurück und Loeb deren 25! "Wir machten einen schweren Navigationsfehler", ärgert sich Peterhansel. Als er dann querfeldein zurück auf den richtigen Weg fahren wollte, blieb er in einem Flussbett stecken. Ein Reifen und die Lenkung waren ebenfalls beschädigt. "Das hat uns 15 bis 20 Minuten gekostet. Schade, weil vom Speed her waren wir schneller", so Peterhansel.

Turbo-Probleme bei Loeb, Überschlag von Sainz

Mit anderen Problemen musste sich Teamkollege Loeb herumschlagen: "Wir hatten Probleme mit dem Motor und wussten nicht, was genau nicht funktioniert. Dann stellten wir fest, dass der Turbolader verstopft ist." Den Zeitverlust beziffert Loeb mit einer halben Stunde. Bis zum Grenzübertritt nach Bolivien konnte Despres Verfolger Roma wieder etwas distanzieren und holte auf bolivianischem Boden mehrere Minuten Vorsprung auf den Spanier heraus.

Kurz vor dem Ziel verabschiedete sich ein Peugeot aus dem Rennen. "Ich wusste nicht, ob es Cyril oder Carlos war", sagt Peterhansel. Despres folgte nämlich lange den Spuren von Sainz, bis sich der Spanier in einem kurvigen Abschnitt überschlug. Sainz und Co-Pilot Lucas Cruz blieben laut Informationen von Peugeot unverletzt. Es ist aber offen, ob die beiden die Rallye fortsetzen können. Mit zwei Stunden Rückstand kam der Peugeot von Sainz am Abschleppseil ins Ziel. Nasser Al-Attiyah konnte wegen seines gestrigen Unfalls die vierte Etappe nicht beginnen. Auch Yazeed Al-Rajhi (Mini) mit Co-Pilot Timo Gottschalk gab im Verlaufe der Speziale auf.

Despres macht die wenigsten Fehler

Schließlich erreichte Despres das Ziel nach mehr als vier Stunden Fahrzeit als Erster. Hirvonen schnappte sich noch den zweiten Platz von Roma - aber fast elf Minuten hinter Despres! Peterhansel büßte heute 15 Minuten ein, Loeb konnte seinen Rückstand noch auf 22 Minuten reduzieren. Damit führt Despres erstmals in seiner Karriere die Automobil-Wertung an und muss morgen zum ersten Mal eine Etappe eröffnen.

"Es war kein perfekter Tag. Nach 60 Kilometern haben wir uns verfahren und etwa zwei bis drei Minuten verloren", berichtet Despres, der dennoch im Ziel strahlt: "Es war eine richtige Dakar-Etappe mit vielen Fallen. Hätte mir jemand gesagt, dass ich schon bei meinem dritten Auto-Start eine Etappe gewinne, hätte ich es nicht geglaubt. Ein Tageserfolg ist aber etwas anderes als der Gesamtsieg. Man konnte heute viele Fehler begehen, und wir machten weniger als die anderen Fahrer."

Die Gesamtwertung wurde heute wieder komplett auf den Kopf gestellt, wobei die Zeitabstände der Spitzenfahrer überschaubar sind. Loeb hat die Führung an Despres abgegeben, der nun vier Minuten Vorsprung auf Peterhansel hat. Neuer Dritter ist Mini-Pilot Hirvonen mit fünf Minuten Rückstand. Loeb ist an die vierte Stelle zurückgefallen, hat aber mit knapp sieben Minuten Defizit auch noch alle Chancen. Letzte verbliebene Toyota-Speerspitze ist Roma als Fünfter. Er liegt zehneinhalb Minuten hinter Despres.

Auch Reifenschäden bei de Villiers

Auch das Toyota-Duo Giniel de Villiers/Dirk von Zitzewitz hat in der Gesamtwertung schon fast 45 Minuten verloren. "Gleich im ersten Dünengürtel haben wir uns festgefahren und die ersten sieben Minuten verloren", berichtet von Zitzewitz. "Anschließend haben wir uns einen Plattfuß eingefangen und einige Minuten nach einem Wegpunkt gesucht. Danach hatten wir wieder einen Platten. Wir mussten den gesamten Tag mit wenig Luftdruck in den Reifen auskommen, denn nach dem Ablassen der Luft vor den Dünen streikte das Luftdrucksystem, um sie wieder zu füllen. Der Ausgang des Tages ist ärgerlich. Uns bleiben aber weiter ausreichend Chancen, Zeit bis ins Ziel gutzumachen."

Am Freitag stehen auf dem fünften Teilstück zwischen Tupiza und Oruro in Bolivien 692 Kilometer auf dem Programm - 447 davon auf Zeit. Es geht um und in die Höhe. Für Mensch und Maschine wird die Luft dünner. Durchweg oberhalb 3.700 Meter über Normalnull mit Spitzen knapp oberhalb der 4.400 Meter - hier muss mit der Physis von Körper und Material clever hausgehalten werden. Weil das allein bei einer echten Dakar nicht genügt, kommt noch das Gelände für die Teilnehmer als sportliches und für die Fans als optisches Schmankerl dazu. Variantenreich und fordernd wird es werden - vor allem angesichts zweier kniffliger Dünen-Abschnitte.

Ergebnis der 4. Etappe (Top 10):
01. Despres/Castera (Peugeot) - 4:22:55 Stunden
02. Hirvonen/Perin (Mini) +10:51 Minuten
03. Roma/Haro Bravo (Toyota) +12:51
04. Peterhansel/Cottret (Peugeot) +15:15
05. Loeb/Elena (Peugeot) +22:13
06. de Villiers/Zitzewitz (Toyota) +24:04
07. Przygonski/Colsoul (Mini) +24:23
08. Van Loon/Rosegaar (Toyota) +27:02
09. Garafulic/Palmeiro (Mini) +32:48
10. Terranova/Schulz (Mini) +42:33

Gesamtwertung nach 4 von 12 Etappen (Top 10):
01. Despres/Castera (Peugeot) - 11:33:16 Stunden
02. Peterhansel/Cottret (Peugeot) +4:08 Minuten
03. Hirvonen/Perin (Mini) +5:04
04. Loeb/Elena (Peugeot) +6:48
05. Roma/Haro Bravo (Toyota) +10:30
06. Przygonski/Colsoul (Mini) +36:35
07. de Villiers/von Zitzewitz (Toyota) +43:59
08. Terranova/Schulz (Mini) +48:37
09. Garafulic/Palmeiro (Mini) +1:21:20
10. Abu-Issa/Panseri (Mini) +1:35:50