Rallye Dakar - was bisher geschah: Motorräder

Nach dem Rücktritt von Marc Coma ist der Weg frei für eine neue Generation, doch wer sich den Sieg bei der Rallye Dakar 2016 sichert, ist bei weitem noch nicht klar

(Motorsport-Total.com) - Nachdem über mehr als zehn Jahre hinweg lediglich Marc Coma und Cyril Despres die Motorradwertung der Rallye Dakar gewinnen konnten, muss es 2016 zwangsläufig einen neuen Sieger geben. Despres fährt mittlerweile in der Autowertung, Coma hat seine Karriere beendet. Joan Barreda Bort übernahm automatisch die Rolle des Favoriten, doch bekanntlich kommt es erstens anders und zweitens als man denkt. So auch bei der 38. Auflage der härtesten Rallye der Welt: Barreda ist draußen, doch schon zuvor bekam er mächtig Druck.

Titel-Bild zur News: Paulo Goncalves, Rallye Dakar

Paulo Goncalves hält eine dünne Führung nach der ersten Woche Zoom

Es war nicht Favorit Barreda Bort, der sich anschickte, die seit dem Jahr 2001 andauernde Siegesserie von KTM zu beenden. Zwar war der spanische Topfavorit schnell unterwegs, oftmals jedoch zu schnell: Insgesamt sechs Strafminuten für zu schnelles Fahren in Ortschaften warfen den Honda-Piloten zwar nicht hoffnungslos, aber doch merklich zurück. Der Blitz schlug dann auf der sechsten Etappe im Honda-Lager ein: Wie schon im Vorjahr streikte Barredas CRF450 Rally im bolivianischen Hochland um den Salar de Uyuni. Hondas Aushängeschild ist raus.

Schon zuvor begann Paulo Goncalves, dem Markenkollegen die Vorherrschaft bei HRC streitig zu machen: Der Vorjahreszweite übernahm mit einer Bestzeit auf der vierten Etappe die Führung und hält diese seitdem. Die KTM-Attacke in Bolivien konnte er erfolgreich abschmettern und baute auf der letzten Etappe vor dem Ruhetag seinen Vorsprung wieder auf über drei Minuten aus. Bislang leistete er sich nur einen kleinen Navigationsfehler auf dem fünften Teilstück, fährt aber sonst fehlerfrei.

Schwankende Form bei KTM

KTM hat mit Toby Price und Matthias Walkner bereits 2015 zwei potenzielle Nachfolger für Marc Coma erfolgreich ins Feld geführt. Der Australier enttäuschte auch dieses Jahr nicht und startete mit einer Bestzeit auf der zweiten Etappe in die Rallye (die erste musste abgesagt werden). Danach schien es zunächst so, als würden die KTM-Piloten gegenüber den Honda-Fahrern das Nachsehen haben. Sowohl Price als auch Walkner tauchten für zwei Prüfungen ab - auch wegen einer defensiven Reifenwahl auf der Marathonprüfung.

Just als die KTM-Piloten schon vorderhand abgeschrieben wurden, machte die österreichische Marke ernst: Price holte zwei Tagessiege hintereinander und kam in der Gesamtwertung bis auf eine halbe Minute an Goncalves heran. In Bolivien schien KTM die Oberhand zu gewinnen, doch dann wendete sich das Blatt auf der siebten Prüfung erneut: Price verlor wieder Zeit auf Goncalves, während Walkner stürzte. Ausgerechnet Rivale Goncalves leistete erste Hilfe - bei allem Wettbewerb wird der Sportsgeist groß geschrieben.

Neben dem KTM-Werksteam zeigt Stefan Svitko mit einer privat eingesetzten KTM 450 Rally, was mit dem Fabrikat möglich ist: Der Slowake liegt auf der dritten Position der Gesamtwertung und beeindruckt vor allem mit seiner Konstanz. Zwar konnte er noch keinen Tagessieg verbuchen, ist aber schnell und sicher unterwegs. Er liegt in einer perfekten Lauerstellung, sollten sich Goncalves und Price in ihrem hitzigen Zweikampf zu weit pushen.

Starke Debütanten: Meo und Benavides

Die Rallye Dakar 2016 bringt zwei Offenbarungen mit sich, die niemand auf dem Zettel hatte: Honda-Pilot Kevin Benavides und KTM-Werksfahrer Antoine Meo, die beide ihre erste Rallye Dakar bestreiten, haben mit Tagessiegen bereits für viel Staunen im Fahrerlager gesorgt. Beide verloren zwar wegen einiger Navigationsfehler etwas Zeit, doch ihr Speed macht sie zu Favoriten für kommende Ausgaben der "Dakar". Benavides hat sich für eine Werksmaschine bereits jetzt empfohlen. Und endgültig aus dem diesjährigen Rennen sind sie mit 20 Minuten Rückstand auch noch nicht.

Vor der zweiten Woche ist die Lage offen: Goncalves und Price haben zwar einen Vorsprung auf den Rest, der aber für die zweite Woche, in der der Schwierigkeitsgrad noch einmal richtig anziehen wird, eher klein ausfällt. Die Erfahrung spricht für Goncalves, der seine zehnte Rallye Dakar bestreitet. Price hat jedoch schon im Vorjahr bewiesen, dass er auch ein hervorragender Navigator ist. Svitko kann ebenfalls auf die Erfahrung aus sechs Dakar-Teilnahmen bauen, dahinter lauert Pablo Quintanilla auf Fehler seiner Kontrahenten. Für die beiden starken Rookies dahinter steht die große Bewährungsprobe erst noch an.

Gesamtstand nach 7 Etappen (Top 10, inklusive aller Zeitgutschriften)
01. Paulo Goncalves (Honda) - 22:52:30 Stunden
02. Toby Price (KTM) +3:12 Minuten
03. Stefan Svitko (KTM) +9:24
04. Pablo Quintanilla (Husqvarna) +18:06
05. Kevin Benavides (Honda) +21:01
06. Antoine Meo (KTM) +21:06
07. Helder Rodrigues (Yamaha) +24:44
08. Gerard Farres Guell (KTM) +29:57
09. Alain Duclos (Sherco TVS) +30:32
10. Juan Pedrero Garcia (Sherco TVS) +31:45

Noch im Rennen: 112/136 Fahrern