• 23.06.2013 12:33

Kubica: "Meine Situation ist komplexer als sie aussieht"

Zweiter WRC2-Sieg in Folge: Robert Kubica spricht in der Pressekonferenz über sein Leben als Rallye-Fahrer, seine Zukunft und äußert Kritik an der Sardinien Rallye

(Motorsport-Total.com) - Robert Kubica dominierte auf Sardinien und feierte nach Griechenland seinen zweiten WRC2-Sieg. Trotzdem war der Pole wütend, weil die WRC2-Autos im Abstand von einer Minute auf die Strecke geschickt wurden, wodurch viel Staub in der Luft stand. Für den Samstag durfte Kubica zwei Minuten hinter dem vor ihm fahrenden Auto starten, was seine WRC2-Konkurrenten ärgerte. Die Rennleitung versicherte aber, dass das innerhalb der Regeln geschehen war.

Titel-Bild zur News: Robert Kubica

Ex-Formel-1-Pilot Robert Kubica sammelt mit jeder Rallye mehr Erfahrung Zoom

Mit dem zweiten großen Erfolg zeigte der ehemalige Formel-1-Fahrer seinen Aufwärtstrend. Einfach fällt ihm die Adaption an den losen Untergrund aber immer noch nicht. Erfahrung ist im Rallye-Sport alles und Kubica hat kaum welche. In der Pressekonferenz sprach der Pole sehr ausführlich über seine derzeitige Situation, wie es ihm geht, welche Gründe für den Rallye-Sport gesprochen haben und wie es in Zukunft weitergehen kann.

Frage: "Robert, Gratulation zu deinem zweiten WRC2-Sieg. Das ist dein zweiter Erfolg in Serie. Es hat einfach ausgesehen."
Robert Kubica: "Es war eine schwierige Rallye. Die Prüfungen waren schwierig, sehr eng, sehr schnell und es gab viele Steine. Es war nicht einfach. Es gibt eine Sache über die wir sprechen oder hervorheben müssen, obwohl ich gewonnen habe. Ich finde es zu gefährlich im Minutenabstand bei Schotter-Rallyes zu starten. In der ersten 30 Kilometer langen Prüfung war die Sicht nach zehn Kilometern sehr schlecht. Ich musste 20 Kilometer im Staub fahren und das ist einfach zu gefährlich."

"Ich habe mich sehr geärgert. Okay, die Bedingungen sind für alle gleich, aber die Startreihenfolge ist nicht für alle gleich. Wenn man weiter hinten ist, dann verliert man Zeit. Außerdem ist es sehr gefährlich. Normalerweise macht die FIA bei der Sicherheit einen tollen Job, aber ich bin enttäuscht darüber was ich hier gesehen habe. Es scheint, dass sich niemand um die Fahrer schert. Es geht aber nicht nur um die Fahrer, sondern auch um die Prüfungen."

"Ich fuhr 20 Sekunden hinter Wiegand und es standen Leute mitten auf der Straße, weil sie nicht erwartet haben, dass unser Auto so dicht dahinter folgt. Sie konnten aufgrund des Staubes auch nichts sehen. Wir müssen etwas dagegen tun, denn früher oder später wird etwas passieren. Es ist besser, wenn man etwas macht bevor etwas passiert."


Fotos: WRC: Rallye Italien


"Ich will es auch hervorheben, weil ich denke, dass der Rallye-Sport ohnehin schon gefährlich ist. Wenn die Leute es dann noch gefährlicher machen, dann ist etwas falsch. Ich bin ehrlich. Am Freitag habe ich mich dazu entschieden, dass ich nicht weiterfahren werde, wenn das Startintervall bei einer Minute bleibt. Es gibt keinen Grund sich selbst, das Auto und die Fans zu riskieren. Der Preis für den Sieg ist nicht der gleiche wie für dein Leben. Es ist sehr simpel."

Langsam kommen Fortschritte

Frage: "Hast du das Gefühl, dass sich deine Pace seit Griechenland verbessert hat?"
Kubica: "Es ist noch ein weiter Weg. In Portugal bin ich meine erste WRC-Rallye in meinem Leben gefahren. Es war nach einem 300 Kilometertest meine erste Schotter-Rallye. In Portugal hatten wir etwas Pech, ich machte einen kleinen Fehler, aber meine Pace war gut. Jeden Tag lerne ich etwas dazu. Ich werde zwar nicht schneller, fahre aber sicherer. Ich habe mehr Kontrolle über das Auto und verstehe die Bedingungen besser."

"Für mich ist aber jede Rallye neu. Zunächst muss ich die Straßen in der Recce erkunden und den Aufschrieb vorbereiten. Das ist nicht einfach. Dann muss ich lernen wie ich konstant fahre, und viele neue Dinge auf Schotter lerne. Es ist ein komplexer Sport. Portugal war meine erste WRC-Rallye auf Schotter. Dann kam Griechenland und jetzt Italien. Natürlich sieht es schön aus, aber ich weiß, dass es für mich noch ein langer Weg ist, bis ich meine Pace verbessere. Man braucht Erfahrung, aber ich habe keine. Ich muss also so viele Rallyes wie möglich fahren, damit ich mich verbessern kann."

Robert Kubica

Mit Ausnahme von einer Prüfung dominierte Robert Kubica in Sardinien souverän Zoom

Frage: "Wie laufen deine Fortschritte beim Aufschrieb? Machst du vor der zweiten Schleife viele Veränderungen?"
Kubica: "Eigentlich nicht, denn es fällt mir auf Schotter schwer, vor allem wenn die Strecke breit ist. In der Recce bereite ich den Aufschrieb vor und habe eine Idee davon, wo ich sein will und wo ich das Auto platzieren will. Ich finde dann heraus, dass meine Ideen alle falsch sind. Alle anderen Fahrer nehmen komplett andere Linien. Oft sind in langen Kurven meine Notizen komplett falsch, vor allem am Kurveneingang. Ich habe andere Vorstellungen, aber ich war in meinem Leben zu 100 Prozent ein Asphalt-Fahrer."

"Für Asphalt gibt es andere Regeln. Wir versuchen es natürlich richtig zu machen, aber es ist nicht einfach. Alle WRC-Rallyes sind aus unterschiedlichen Gründen schwierig. Griechenland war schwierig, weil es sehr hart war. Portugal war ebenfalls anstrengend, weil man fast ständig über Kuppen fährt. Finnland wird wahrscheinlich am schlimmsten werden. Hier in Sardinien sind die Straßen sehr sandig, sehr rutschig und sehr schmal. Man muss schnell fahren, aber es bleibt kein Raum für Fehler."

"Ich finde dann heraus, dass meine Ideen alle falsch sind. Alle anderen Fahrer nehmen komplett andere Linien." Robert Kubica

Frage: "Du hast in Griechenland gesagt, dass du nicht an den WM-Titel denkst. Wie siehst du das jetzt nach zwei Siegen?"
Kubica: "Ich habe mich die vergangenen beiden Jahre von einer schweren Verletzung erholt. Manchmal bemerke ich, dass ich dadurch einige Dinge etwas anders sehe, weil ich noch nicht zu 100 Prozent fit bin und es noch lange dauert, bis ich dort bin wo ich hin will. Schon meine Entscheidung für den Rallye-Sport und gegen die DTM scheint merkwürdig zu sein. Die erste Priorität in diesem Jahr war es, das Beste zu tun, damit ich mich so schnell und gut wie möglich erhole."

Entscheidung für Rallye war richtig

"Ich will wieder ein kompletter Rennfahrer werden. Ich glaube, dass mir der Rallye-Sport die extra Puzzleteile gibt, weil es verschiedene Charakteristiken bietet. Als Rallye-Fahrer muss man andere Charakteristiken haben als ein Rundstreckenfahrer. Man wird kein Rundstreckenfahrer an einem Tag und man wird auch kein Rallye-Fahrer an einem Tag. Es ist ein langer und komplexer Prozess. Ich will lernen und so wird es immer in diesem Jahr sein. Egal wie das Resultat ist, wichtig ist für mich wie viel ich gelernt habe, wie sehr ich meine Fähigkeiten als Fahrer gesteigert habe und um wie viel mein Arm besser wird."

Frage: "Du hast gemeint, dass es dauert, bis man bei Schotter-Rallyes Erfahrung sammelt. Gleichzeitig kostet der Rallye-Sport Geld. Kannst du Ressourcen finden, oder wirst du bald ein Werksfahrer, der bezahlt wird?"
Kubica: "Ich glaube, dass es sehr schwierig ist im Rallye-Sport bezahlt zu werden. Wenn ich ein Gehalt hätte haben wollen, dann hätte ich bei der Rundstrecke bleiben können, denn ich habe immer noch einen guten Namen und viel Erfahrung. Ich glaube nicht, dass es für mich schwierig wäre bei der Rundstrecke bezahlt zu werden."

Robert Kubica

Robert Kubica testete Anfang des Jahres auch einen DTM-Mercedes Zoom

"Meine Situation ist aber schwieriger und komplexer als es aussieht. Ich spürte, dass ich eine neue Herausforderung brauchte, denn ich fuhr in der höchsten Motorsportkategorie der Welt, der Formel 1. Die Formel 1 steht weit über allem anderen Motorsport in dieser Welt. Ich musste mich verändern, damit ich die gleiche Herausforderung habe. Deshalb habe ich mich für den Rallye-Sport entschieden.

"Für die Zukunft weiß ich es ehrlich gesagt nicht, aber ich bedanke mich bei meinem Hauptsponsor, denn ohne Lotos wäre es nicht möglich. Auch Citroen hilft mir. Dazu hilft mir auch meine eigene Tasche mit Investments von meiner Seite. Wir werden sehen was die Zukunft bringt. Wir müssen weiterarbeiten und versuchen gute Möglichkeiten zu finden, falls ich mich auch für die Zukunft für Rallyes entscheide. Es ist noch ein langer Weg und ehrlich gesagt denke ich derzeit gar nicht darüber nach."

"Die Formel 1 steht weit über allem anderen Motorsport in dieser Welt. Ich musste mich verändern, damit ich die gleiche Herausforderung habe." Robert Kubica

Frage: "Du bist noch nicht viele WRC-Rallyes gefahren. Was bedeutet dir der zweite Sieg in Folge?"
Kubica: "Ehrlich gesagt, es bedeutet mir nicht viel. Was ich gelernt habe bedeutet viel, aber nur großes Wissen. Ich bin nur drei Rallyes gefahren, aber wenn man keine Erfahrung hat, dann bringen dir diese drei Rallyes viel Erfahrung. Ich glaube, dass man als Fahrer in seiner gesamten Karriere etwas lernen kann. Zu Beginn lernt man sicherlich am meisten. Das ist meine Herangehensweise für jeden einzelnen Tag, für jede einzelne Rallye."

"Wenn man langsam fährt und versucht ins Ziel zu kommen, dann lernt man nicht viel, denn man muss nahe am Limit sein, um zu sehen ob der Aufschrieb stimmt, wie sich das Auto verhält und wie sich der Grip ändert. Man muss die richtige Balance finden und an diesem Wochenende haben wir es gut gemacht. Alle weiteren Rallyes werden Neuland für mich sein. Sie werden wieder schwierig sein und ich muss vor allem in Finnland ruhig bleiben."