• 17.11.2016 17:56

  • von Kay MacKenneth

Der Kampf ums Patent

Rechtsanwalt George Selden beanspruchte das Patent für den Automotor - obwohl er nur etwas kopiert hatte.

(Motorsport-Total.com/Classic-Car.TV) - Am 5. November 1895 bekam Rechtsanwalt George Selden aus Rochester das US-Patent Nr. 549,160 für einen "verbesserten Straßenmotor", der von einem "flüssigen Kohlenwasserstoffmotor des Kompressionstyps" angetrieben wird. Aus diesem Blickwinkel, hatte George Selden sozusagen das Auto erfunden - obwohl er kein einziges gebaut hatte. Seldens Entwurf war in der Tat ziemlich vage und basierte aber auf einem Zweizylinder-Verbrennungsmotor. Erfunden hatte den aber ein anderer: Selden hatte einfach kopiert, was er auf einem Plakat der 1872 Philadelphia Centennial Exposition gesehen hatte.

Titel-Bild zur News: George Selden 1905

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1899 verkaufte Selden sein Patent an eine Gruppe von Investoren, die sich die Electric Vehicle Company nannte. Im Gegenzug verklagten diese sofort die Winton Motor Carriage Company, den seinerzeit größten Automobilhersteller der Vereinigten Staaten, wegen der Verletzung des Selden Patents durch den Bau von Gas-Autos. Winton setzte sich durch und das Gericht bestätigte Seldes Patent im Jahre 1903. Schon bald erkannten einige Autohersteller, dass das Selden-Patent keine Bedrohung für ihr Geschäft war. Im Gegenteil, es könnte sich sogar für sie auszahlen, denn der hart umkämpfte Markt grenzte sich so ab.

Ungefähr 30 Autofirmen, darunter Winton, schlossen sich mit Selden und dem EVC zusammen, um den Verband der Lizenzierten Automobilhersteller (ALAM) zu gründen. Die ALAM verklagte jeden, der ein gasbetriebenes Auto ohne Seldens Erlaubnis baute. Wer nicht bezahlt hatte und sich dem Selden-Kartell nicht anschloß hatte Probleme. Es wurden sogar die Käufer anderer Fabrikate bedroht, indem gewarnt wurde: "Kaufen Sie nicht eine Klage mit Ihrem neuen Automobil!"

Doch die Selden-Gruppe, die hauptsächlich aus östlichen Automobilherstellern bestand, die rasante Autos für reiche Käufer bauten, machte einen entscheidenden Fehler: Es schloss die Hersteller aus Midwestern aus, die billigere Autos für gewöhnliche Leute bauten. Henry Ford gehörte dazu.

Am 22. Oktober 1903 verklagte die ALAM Ford wegen der Patentverletzung. Es dauerte aber bis 1909 bis der Fall endlich vor Gericht kam - das war sieben Monate nachdem das Modell T eingeführt worden war. Die meisten Amerikaner, die die Gelegenheit hatten, ein erschwingliches Auto zu kaufen, waren auf der Seite von Ford, aber der Richter nicht: Das Gericht entschied, dass jedes gasbetriebene Fahrzeug, das von der ALAM nicht zugelassen wurde, das Selden Patent verletzte und illegal war. Aber am 11. Januar 1911 entschied das Berufungsgericht zu Gunsten von Ford: Das Selden-Patent sei nur auf Repliken des genauen Motors angewendet worden, die Selden 1872 gesehen hatte.