• 05.11.2014 16:48

  • von Pete Fink

Vorschau: Der Entscheidungsthriller von Phoenix

Die Entscheidung muss fallen: Wer schafft es in diesen so kontroversen Chase-Tagen ins Homestead-Finale? Und wie oft wird es in Phoenix wieder krachen?

(Motorsport-Total.com) - Sogar die Klapperschlangen in der Wüste von Arizona gehen in Deckung: Brad Keselowski und Co. reisen am Wochenende zum Quicken Loans for Heroes 500k auf dem Phoenix International Raceway. Viel steht auf dem Spiel: Es ist das vorletzte Sprint-Cup-Saisonrennen, in dem die Entscheidung um den Einzug in die "Final-Four" von Homestead fallen muss. Noch sind alle acht Titelkandidaten der "Eliminator-Round" in der Verlosung und spätestens seit Texas wissen alle: Es herrscht jede Menge Zündstoff!

Titel-Bild zur News: Phoenix

Dämmerung in der Wüste von Arizona: Was passiert am Sonntagabend?

Sowohl sportlich wie auch emotional. Nur 18 Punkte trennen die letzten Acht und die große Frage ist, ob auch jeder dieser Acht die Zielflagge sehen wird. Weniger aufgrund technischer Gebrechen, sondern weil einige Hälse dick sind. Jeff Gordon, Denny Hamlin, Kevin Harvick, Matt Kenseth - Keselowski und sein Penske-Team haben sich in den vergangenen Wochen keine guten Freunde gemacht. Einst sang unser Fußball-Kaiser Franz Beckenbauer: "Gute Freunde kann niemand trennen." Nehmen die NASCAR-Stars dies in Phoenix wieder allzu wörtlich?

Dramen gab es in der jüngsten Phoenix-Vergangenheit einige: Hamlin warf 2010 seinen fast schon sicheren Titel weg, als ihn die Konkurrenz benzinstrategisch austrickste. 2012 versaute Jeff Gordon in einer Privatfehde samt angeschlossener Schlägerei Clint Bowyer (Waltrip-Toyota) dessen verbleibende Titelchancen. Im Vorjahr lieferte das Gibbs-Team von Matt Kenseth eine unterirdische Vorstellung ab, was Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet) wieder einmal eine Steilvorlage für Homestead bescherte.

Johnson war in den vergangenen Jahren quasi die einzige Phoenix-Konstante, weil er es in der Wüste von Arizona (fast) immer hinbekam, mit einem riesigen Punktevorsprung nach Homestead zu reisen. Dies wird am kommenden Wochenende nicht der Fall sein. 312 Runden sind auf dem flachen Ein-Meilen-Oval zu absolvieren und angesichts dessen, was auf dem Spiel steht, dürfen die Fans auch 312 Kracher-Runden erwarten. Im wahrsten Sinne des Wortes vermutlich.

Drei von Acht können taktieren - oder nicht?

Phoenix ist eigentlich ein Oval, das in den 1960er Jahren für die Open-Wheeler erbaut wurde. Seit den 1980er-Jahren übernahm dort die NASCAR sukzessive das Ruder und trägt seit der Installation der Flutlichtanlage 2005 sogar zwei Saisonrennen aus. Der letzte von mehreren Umbauten geschah im Jahr 2011, sodass die Strecke heute ein progressives Banking (10 bis 12 Grad in den Kurven eins und zwei, 8 bis 9 Grad in den Kurven drei und vier) aufweist. Der markante Punkt ist jedoch das "Dog-Leg" auf der Gegengerade.

Ryan Newman

Ist Ryan Newman der Hecht im Karpfenteich der Streithähne? Zoom

"Phoenix besitzt das Potenzial für einige verrückte Restarts, vor allem wegen dem Dog-Leg", orakelt etwa Ryan Newman. Der Childress-Pilot ist in diesen so turbulenten NASCAR-Tagen so etwas wie ein durchaus wohltuender Ruhepol und könnte, obwohl nach wie vor sieglos, zum ganz großen Schlag ausholen: "Es geht um Siege und die Konstanz. Siege haben wir nicht, dafür aber die Konstanz und daher gelten wir als Außenseiter." Er sagt mittlerweile: "Sicher wollen wir den Titel holen, aber die wirklich schwierige Frage ist die Frage nach dem Wie?"

Ist es 2014 vielleicht das Geheimnis, sich aus allen Scharmützeln heraus zu halten und quasi unbemerkt zum Titel zu fahren? Und wer spricht in diesen turbulenten Tagen eigentlich vom Gesamtführenden Joey Logano, der sich - im Gegensatz zu seinem Penske-Teamkollegen - eine starke Ausgangsposition gesichert hat? "Das ist definitiv das beste Jahr meiner Karriere", sagt der 24-Jährige. "Es klingt vielleicht blöd, aber wir werden genauso weitermachen wie bisher. Wir müssen das Rad nicht neu erfinden, wir betreiben Feintuning."


NASCAR in Phoenix

Kein Zweifel: Sollte Logano zum ganz großen Schlag ausholen können, dann wäre auch er mit seinen fünf Saisonsiegen ein verdienter Champion. Wie der punktgleiche Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) und Newman hat Logano sein Schicksal am Sonntagabend in der eigenen Hand. Aber: "So eng wie alles zusammen ist, kannst du nicht konservativ agieren", vermutet Hamlin. "Dann wirst du 17. Also musst du aggressiv zu Werke gehen, vor allem bei den Restarts."

Die Keselowski-Kontroverse

Phoenix ist als Ein-Meilen-Oval kein echter Short-Track, hat aber wie Martinsville bei den Restarts die Besonderheit, "dass du auf der Außenbahn festhängen kannst. Du kommst einfach nicht runter." Hamlin reicht - wie auch Logano und Newman - in Phoenix ein Top-10-Resultat, "aber bei acht Jungs, die noch im Geschäft sind, wird es wohl nicht möglich sein, seine Strategie auf ein Top-10-Resultat auszulegen." Jeff Gordon, Matt Kenseth, Carl Edwards, Brad Keselowski und Kevin Harvick haben ihr Schicksal nur im Siegfall in der eigenen Hand.

Brad Keselowski, Joey Logano

Joey Logano und Brad Keselowski: Zweimal Penske, zweimal Titelchance? Zoom

Laut Statistik hat dabei Stewart/Haas-Pilot Harvick die besten Chancen. Der heimliche Zündler der Texas-Keilerei gewann drei der letzten vier Phoenix-Rennen. Unter anderem dominierte er im Frühjahr 2014 mit stolzen 224 Führungsrunden, obwohl er nur von Startplatz 13 aus ins Rennen ging. Die Pole ging damals übrigens an den so schnellen Penske-Ford von Keselowski. Mit insgesamt fünf Phoenix-Erfolgen ist Harvick auch die aktuelle Nummer eins vor Johnson (vier).

Doch die wirklich spannende Frage dreht sich natürlich um das Duell Gordon/Keselowski. Kann Jeff Gordon sein Pech (Zweiter in Martinsville, nur 29. in Texas, nachdem er kurz vor dem Sieg stand) in Phoenix abschütteln? Kann Keselowski die 312 Runden zu Ende fahren? "An den Renntagen waren wir immer da", sagt der 30-Jährige. "Unser Team hält auch in diesen schwierigen Zeiten fest zusammen. Wir fahren mit erhobenem und fokussiertem Haupt nach Phoenix."


Gordon vs. Keselowski

In Talladega hat Keselowski eine ähnlich kritische Situation meistern können und kam eine Runde weiter. "Jetzt bin ich bereit für die nächste Herausforderung", versichert er und fügt fast ein wenig philosophisch-martialisch an: "In diesen Momenten zeigen große Teams, dass sie noch einmal zulegen können. Ich glaube, dass wir ein großes Team sind." Was er und seine Penske-Mannschaft in 312 kitzeligen Rennrunden unter vermutlich schwierigen Umständen unter Beweis stellen müssen. Es ist angerichtet für einen großartigen Wüstenthriller!

Motorvision live ab 20 Uhr

Weil auf der Meldeliste 44 Teilnehmer stehen, muss am Freitagabend nach der Qualifikation eine Mannschaft vorzeitig die Heimreise antreten. Erster Kandidat dafür ist vermutlich Clay Rogers, der zum dritten Mal in der Saison einen Beard-Chevrolet mit der Startnummer 75 qualifizieren will. In New Hampshire zog man die Meldung in letzter Sekunde zurück, in Richmond scheiterte man. Kandidat Nummer zwei ist Mike Bliss, der nach längerer Pause mal wieder einen dritten Baldwin-Chevrolet mit der 37 steuert.

Sonst noch neu im Vergleich zu Texas: Ty Dillon sitzt im Circle-Chevy mit der Startnummer 33 und ist damit quasi der vierte Childress-Chevrolet im Feld. Für den jüngeren Dillon-Bruder ist es nach Atlanta der zweite Sprint-Cup-Einsatz seiner Karriere. Mike Wallace übernimmt einmal mehr den Waltrip-Toyota mit der 66, den in Texas noch Rookie Brett Moffitt steuerte. Ein echtes Heimrennen hat der in Phoenix geborene J.J. Yeley im BK-Toyota mit der Startnummer 83.

Phoenix

Das Ein-Meilen-Oval von Phoenix: Wer schafft es nach Homestead? Zoom

Auch in der Wüste von Arizona sehen die Zuschauer am Wochenende wieder einen Triple-Header. In der Nacht von Freitag auf Samstag fahren die NASCAR-Trucks, am Samstagabend kann Shooting-Star Chase Elliott den Nationwide-Titel vorzeitig gewinnen. Der vermutlich wieder hochdramatische Sprint-Cup-Sonntag beginnt um 20:00 Uhr live auf 'Motorvision TV'. In der Kommentatorenkabine nehmen wieder Stefan Heinrich und Pete Fink Platz. Nach dieser Schlacht steht fest, wer in Homestead um den Titel fahren kann.

Der Zeitplan von Phoenix:

Freitag:
19:30 - 21:00 Uhr: Erstes Freies Training

Samstag:
ab 00:45 Uhr: Qualifikation
ab 02:30 Uhr: Truck-Rennen
17:30 - 18:20: Zweites Freies Training
20:30 - 21:20: Abschlusstraining
ab 22:00 Uhr: Nationwide-Rennen

Sonntag:
ab 20:00 Uhr: Quicken Loans for Heroes 500k (live auf Motorvision TV)

Die Meldeliste von Phoenix:

01. 1 Jamie McMurray (Ganassi-Chevrolet)
02. 2 Brad Keselowski (Penske-Ford) - C
03. 3 Austin Dillon (Childress-Chevrolet)
04. 4 Kevin Harvick (Stewart/Haas-Chevrolet) - C
05. 5 Kasey Kahne (Hendrick-Chevrolet)
06. 7 Michael Annett (Baldwin-Chevrolet)
07. 9 Marcos Ambrose (Petty-Ford)
08. 10 Danica Patrick (Stewart/Haas-Chevrolet)
09. 11 Denny Hamlin (Gibbs-Toyota) - C
10. 13 Casey Mears (Germain-Chevrolet)
11. 14 Tony Stewart (Stewart/Haas-Chevrolet)
12. 15 Clint Bowyer (Waltrip-Toyota)
13. 16 Greg Biffle (Roush-Ford)
14. 17 Ricky Stenhouse (Roush-Ford)
15. 18 Kyle Busch (Gibbs-Toyota)
16. 20 Matt Kenseth (Gibbs-Toyota) - C
17. 22 Joey Logano (Penske-Ford) - C
18. 23 Alex Bowman (BK-Toyota)
19. 24 Jeff Gordon (Hendrick-Chevrolet) - C
20. 26 Cole Whitt (BK-Toyota)
21. 27 Paul Menard (Childress-Chevrolet)
22. 31 Ryan Newman (Childress-Chevrolet) - C
23. 32 Joey Gase (FAS-Ford)
24. 33 Ty Dillon (Circle-Chevrolet)
25. 34 David Ragan (Front-Row-Ford)
26. 36 Reed Sorenson (Baldwin-Chevrolet)
27. 37 Mike Bliss (Baldwin-Chevrolet)
28. 38 David Gilliland (Front-Row-Ford)
29. 40 Landon Cassill (Circle-Chevrolet)
30. 41 Kurt Busch (Stewart/Haas-Chevrolet)
31. 42 Kyle Larson (Ganassi-Chevrolet)
32. 43 Aric Almirola (Petty-Ford)
33. 47 A.J. Allmendinger (JTG-Chevrolet)
34. 48 Jimmie Johnson (Hendrick-Chevrolet)
35. 51 Justin Allgaier (HScott-Chevrolet)
36. 55 Brian Vickers (Waltrip-Toyota)
37. 66 Mike Wallace (Waltrip-Toyota)
38. 75 Clay Rogers (Beard-Chevrolet)
39. 78 Martin Truex Jr. (Furniture-Row-Chevrolet)
40. 83 J.J. Yeley (BK-Toyota)
41. 88 Dale Earnhardt Jr. (Hendrick-Chevrolet)
42. 95 Michael McDowell (Leavine-Ford)
43. 98 Josh Wise (Parsons-Ford)
44. 99 Carl Edwards (Roush-Ford) - C

Alle Phoenix-Sieger auf einen Blick:

1988: Alan Kulwicki
1989: Bill Elliott
1990: Dale Earnhardt
1991: Davey Allison
1992: Davey Allison
1993: Mark Martin
1994: Terry Labonte
1995: Ricky Rudd
1996: Bobby Hamilton
1997: Dale Jarrett
1998: Rusty Wallace
1999: Tony Stewart
2000: Jeff Burton
2001: Jeff Burton
2002: Matt Kenseth
2003: Dale Earnhardt Jr.
2004: Dale Earnhardt Jr.
2005: Kurt Busch/Kyle Busch
2006: Kevin Harvick/Kevin Harvick
2007: Jeff Gordon/Jimmie Johnson
2008: Jimmie Johnson/Jimmie Johnson
2009: Mark Martin/Jimmie Johnson
2010: Ryan Newman/Carl Edwards
2011: Jeff Gordon/Kasey Kahne
2012: Denny Hamlin/Kevin Harvick
2013: Carl Edwards/Kevin Harvick
2014: Kevin Harvick/?