• 08.09.2010 11:25

  • von Pete Fink

Alles Wissenswerte zum NASCAR-Chase

Seit der Saison 2004 wird der NASCAR-Champion in einem Playoff-Modus ausgefahren: Wie funktioniert der Sprint-Cup-Chase genau?

(Motorsport-Total.com) - Zwischen 1975 und 2003 war das Punktesystem der NASCAR denkbar einfach: Es ging schlicht und ergreifend darum, mehr Punkte als die Konkurrenz zu sammeln. Am Ende der Saison war derjenige der Champion, der nach dem letzten Rennen die meisten Zähler auf seinem Konto verbuchen konnte.

Titel-Bild zur News: NASCAR Richmond

In Richmond wird die Chase-Qualifikation endgültig entschieden

Doch mit dem Ende der Saison 2003 wurde dieses System grundlegend verändert - und der Hintergrund war ebenfalls denkbar einfach: Matt Kenseth wurde in der Saison 2003 der Winston-Cup-Titelträger, hatte am Ende des Jahres aber gerade einmal ein einziges der 36 Punkterennen gewonnen!#w1#

Der heutige Dauerchampion Jimmie Johnson landete damals auf Rang zwei mit drei Rennsiegen. "Rocket-Man" Ryan Newman, der in der Saison 2003 nicht weniger als achtmal in der Victory-Lane stand, wurde gar nur Sechster, weil sein Penske-Dodge gleich siebenmal ausgefallen war.

Was folgte, war die Einführung eines Playoff-Systems, das böse Zungen natürlich als "Matt-Kenseth-Regel" bezeichneten. Der Roush-Pilot gewann den Titel aufgrund seiner Konstanz, denn er fuhr nicht weniger als 25 Mal in die Top 10. Natürlich wurden daraufhin viele Stimmen laut, die forderten, dass der NASCAR-Champion nicht durch Konstanz, sondern durch Rennsiege ermittelt werden sollte.

Matt Kenseth war der "böse Bube"

Matt Kenseth

Matt Kenseth bescherte den NASCAR-Fans das aktuelle Chase-System Zoom

Das Problem war aber nicht neu, sondern bereits in der Vergangenheit zu beobachten. Denn durch die sehr lange NASCAR-Saison mit über 30 Rennen kristallisierte sich auch zuvor des Öfteren ein Fahrer als der klar beste Pilot eines Jahres heraus. Die letzten Saisonrennen wurden also abgehalten, obwohl der Meister bereits feststand.

2002 gewann Jeff Gordon den damaligen Winston-Cup mit 349 Punkten Vorsprung vor Tony Stewart. In der Saison 2000 lag Bobby Labonte am Ende 265 Zähler vor Dale Earnhardt Sr., ein Jahr zuvor sicherte sich Dale Jarrett den Winston-Cup mit einem Abstand von 201 Punkten auf Labonte. 1998 hatte Jeff Gordon am Ende sage und schreibe 364 Punkte Vorsprung auf Mark Martin.

Und natürlich ging es auch ums Geld, denn die Popularität der NASCAR war in den Jahren zuvor sprunghaft angestiegen. Wenn der Titelkampf im Herbst bereits so gut wie entschieden war, so bestand die große Gefahr, dass Zuschauer und Werbekunden ihr Interesse am Saisonende eher dem American Football zuwandten, denn die Footballer starten ihre Saison immer Mitte September.

So wurde beschlossen, dass fortan nach Saisonrennen Nummer 26 ein Zwischenstrich gezogen werden sollte. Die zu diesem Zeitpunkt besten zehn Piloten qualifizierten sich für eine Art Playoff-System, was die Amerikaner eigentlich in jeder großen US-Sportart am Ende einer Saison installiert haben. Die Punktezahl dieser zehn Fahrer wurde so gewählt, dass nur noch diese Piloten eine mathematische Chance auf den Titel haben sollten.

Siege wichtiger als Konstanz

Jimmie Johnson

Vier Titel in Folge: Jimmie Johnson ist der absolute Chase-Spezialist Zoom

Im ersten Jahr des Chase (2004) sah dies wie folgt aus: Der Punktbeste wurde auf 5.050 Zähler gesetzt, der Zweite auf 5.045, der Dritte auf 5.040 und so weiter. Zufällig war es just der Zeitpunkt, als das Titelsponsoring der Serie von Winston-Cup auf den Nextel-Cup wechselte.

In diesem Zusammenhang führte man zusätzlich auch das bis heute bestehende Bonuspunktesystem ein, das fünf Punkte pro Führungsrunde und weitere fünf Zähler für die pro Rennen insgesamt meisten erzielten Führungsrunden verteilte.

Aber es sollte sich bald herausstellen, dass auch das Chase-System ein grundlegendes NASCAR-Problem nicht verändern konnte. Denn weder Kurt Busch (2004), noch Tony Stewart (2005) oder Jimmie Johnson (2006) waren am Saisonende auch diejenigen Piloten, die zu Jahresschluss am öftesten in der Victory-Lane gestanden waren. Johnson gewann 2004 zehn Rennen, Greg Biffle und Kasey Kahne siegten 2005 und 2006 in jeweils sechs Läufen - Meister wurden sie trotzdem nicht.

Also wurde zu Saisonbeginn 2007 versucht, das Playoff-System noch mehr in Richtung Rennsiege zu bewegen. Seit dieser Saison werden alle Qualifikanten auf 5.000 Punkte gesetzt. Darüber hinaus bekommt ein Pilot zehn Bonuspunkte pro Erfolg in der regulären Saison.

Seit 2007 zwölf Chase-Teilnehmer

Dale Earnhardt Jun.

Pech für NASCAR: Auch 2010 steht Superstar Dale Earnhardt nicht im Chase Zoom

Seit 2007 ist ebenfalls neu die Anzahl der Qualifikanten, die von zehn auf zwölf erhöht wurde. Böse Zungen sprachen im Winter 2007 - nicht zu unrecht, wie sich herausstellen sollte - von einer "Lex Earnhardt", denn natürlich sollte vermieden werden, dass genau die Situation entstand, die dann trotzdem eintrat: Der NASCAR-Superstar wurde in Richmond 2007 von Kurt Busch aus dem Chase gekickt.

Der eigentliche und offizielle Hintergrund war jedoch ein Passus im Originalkontext, der vorsah, dass zusätzlich zu den zehn qualifizierten Fahrern all diejenigen Piloten ebenfalls am Chase teilnehmen dürften, die zu diesem Zeitpunkt weniger als 400 Punkte hinter dem Führenden lagen. Nur: Das war in keiner früheren Saison so der Fall, und so erweiterte man das Feld kurzerhand auf zwölf Piloten.

Die Betonung auf die Rennsiege wurde ebenfalls untermauert, denn seit Saisonbeginn 2007 erhält der Gewinner nicht mehr 180 Punkte, sondern 185. Damit liegt die Maximalpunktzahl pro Rennen bei 195 Zählern (fünf Punkte für eine Führungsrunde und weitere fünf für die meisten Führungsrunden), die restliche Staffelung blieb unverändert - auch während der Playoffs.

Übrigens, um ein Missverständnis von vornherein aufzuklären: Natürlich fahren in den letzten zehn Saisonrennen alle 43 Sprint-Cup-Piloten mit. Aber aufgrund der nach Richmond neu verteilten Gesamtpunkte haben dann nur noch die besten zwölf Fahrer Titelchancen. Für alle anderen geht es nur noch um lukrative und prestigeträchtige Rennsiege.

Das NASCAR-Punktesystem im Überblick:

01. - 185 Punkte
02. - 170
03. - 165
04. - 160
05. - 155
06. - 150

07. - 146
08. - 142
09. - 138
10. - 134
11. - 130
12. - 127

13. - 124
14. - 121
15. - 118
16. - 115
17. - 112
18. - 109
19. - 106
20. - 103
21. - 100
22. - 97
23. - 94
24. - 91
25. - 88
26. - 85
27. - 82
28. - 79
29. - 76
30. - 73
31. - 70
32. - 67
33. - 64
34. - 61
35. - 58
36. - 55
37. - 52
38. - 49
39. - 46
40. - 43
41. - 40
42. - 37
43. - 34