Kalex kritisiert die intransparente Zusammenarbeit mit Dunlop

Die Probleme mit dem 2015er-Chassis führt Kalex auf die undurchsichtigen Aussagen von Dunlop zurück - Alex Baumgärtel erklärt Johann Zarcos Erfolgsrezept

(Motorsport-Total.com) - Die Saison 2015 verlief für Kalex erwartungsgemäß der sehr erfolgreich. Der Großteil des Feldes setzte auf Material von Kalex. Die Top 3 der Fahrerwertung vertrauten auf die Chassis-Teile aus Deutschland. Mit Sam Lowes konnte sich lediglich ein Nicht-Kalex-Pilot in den Top 10 behaupten. Konstrukteur Alex Baumgärtel zieht ein positives Fazit, auch wenn nicht alles zu 100 Prozent nach Plan lief.

Titel-Bild zur News: Dunlop

Die 2015er-Reifen von Dunlop bereiteten Kalex einige Kopfschmerzen Zoom

"Es ist alles gut gelaufen. Wir sind vor allem stolz darauf, dass wir die Logistik sauber im Griff hatten. Es ist bei der Teileversorgung nie jemand in eine knappe Situation geraten. Wir haben gutes Feedback von unseren Teams bezüglich unserer Arbeitsweise bekommen. Von daher sind wir sehr zufrieden", bemerkt Baumgärtel gegenüber 'Motorsport-Total.com'. "Eigentlich waren wir zu gut vorbereitet: Wir haben noch 2015er-Material da, weil es im Durchschnitt weniger harte Stürze gab. Somit waren wir technisch besser vorbereitet als eigentlich notwendig."

Kleine Probleme gab es mit dem 2015er-Modell. Die Fahrer bemängelten immer wieder ein mangelndes Gefühl für das Vorderrad. Baumgärtel führt die Probleme auf die überarbeiteten Dunlop-Reifen zurück, die nicht mit dem Motorrad harmonierten. Zeitig stellte sich heraus, dass das 2015er-Motorrad kein wirklicher Fortschritt war: "Man muss ganz klar zugeben, dass wir da nicht durchgeschlagen haben - bedingt durch die Reifensituation Anfang des Jahres. Die hat eine neue Balance gefordert", bestätigt der Kalex-Konstrukteur.

Die Balance stimmt nicht

"Wir haben für das 2015er-Fahrzeug an der Hinterradhaftung gearbeitet und da auch mehr Grip gefunden haben. Aber die Problematik lag am Vorderrad", schildert der Deutsche. "Und da war das Motorrad in Sachen Geometrie und Steifigkeit unverändert. Und deshalb konnte sich das neue Motorrad nicht richtig durchsetzen. Zudem haben wir relativ spät verstanden, was sich da geändert hat. Bei den Frühjahrstests war es unmöglich, das herauszufinden."

"Zum einen waren die Temperaturen zu niedrig und dann gab es auch keine klaren Informationen von Dunlop, ob sich etwas geändert hat. Das kann man ihnen klar zum Vorwurf machen", kritisiert Baumgärtel und fügt hinzu: "Wir haben gesagt: 'Da war irgendetwas am Reifen, ihr habt da was geändert.' Ihre Antwort war: 'Nein, auf dem Papier müssen sie gleich sein.' Dann mussten wir uns dazu durchringen, einfach mal zwei Reifen aufzuschneiden. Dort konnte jeder Laie sehen, dass da etwas unterschiedlich ist."

Alex Baumgärtel

Alex Baumgärtel (Kalex): "Man kann Dunlop einen Vorwurf machen" Zoom

"Die Aussage war: 'Auf dem Papier müssten sie gleich sein.' Das hat bis nach Übersee gedauert, in Jerez wurde es dann klarer. Da haben wir auch besser verstanden, wo die Reise hingeht. Das hat sich dann auch in die Entwicklung des 2016er-Fahrzeugs übertragen. Da gab es die ganz klare Aussage von Dunlop: 'Vorne passiert nichts.' Da haben wir gesagt: 'Jetzt könnt ihr aber nicht im Frühjahr wieder einen neuen Reifen bringen, wenn die Entwicklung eigentlich schon im August beginnt.'"

Kalex kritisiert Qualitätsschwankungen

"Es ist immer schwer, da etwas herauszubekommen, weil sie mit ihrem französischen Werk teilweise noch immer Qualitätsschwankungen haben. Natürlich versucht man da, klar zu kommunizieren. Aber eindeutige Antworten sind immer schwierig zu kriegen. Als Einheitsreifenhersteller musst du natürlich nicht so breit Informationen streuen", bemerkt der Kalex-Konstrukteur. "Aber es wäre halt schon gut, wenn klare Aussagen kommen würden."

Ajo-Pilot Johann Zarco dominierte die Saison mit einer 2014er-Kalex mit WP-Federelementen. "Zarco war sehr beeindruckend", lobt Baumgärtel. Nach dem Wechsel von Caterham-Suter zu Kalex platzte im Winter 2014/2015 der Knoten. "Für ihn war die Umstellung mit dem Reifen die geringste, weil er einfach mit einem komplett offenen Kopf auf das Motorrad gestiegen ist. Alles war neu und frisch und dadurch hat er sich ganz schnell adaptiert. Er ist ein sehr präziser Pilot."

"Aegerter hatte die gleiche Vorderradproblematik wie Kallio. Die haben sich da unglaublich schwer getan. Lüthi zeigte hintenraus unglaublich tolle Leistungen. Er musste sich natürlich auch von Öhlins auf WP umstellen. Aber wie man jetzt sieht, ist er da auf einem tollen Weg. Ich wünsche mir, dass auch Aegerter da wieder Anschluss findet, denn er hat ein paar wirklich tolle Rennen gehabt, sogar mit Führungsrunden. Das ist ganz schwierig zu verstehen. Er war relativ von den Temperaturschwankungen morgens zu mittags betroffen. Das musste er kompensieren. Schauen wir mal, wie sich das im nächsten Jahr entwickelt."


Moto2 in Valencia

"Es war eine unglückliche Saison für ihn, genau wie für Rabat, der einige unglückliche Situationen zu meistern hatte. In Jerez wurde er von Rins abgeschossen und so weiter und so fort", erinnert sich Baumgärtel. Die Probleme mit den Vorderreifen konnten von den WP-Fahrern tendenziell besser gemeistert werden als von den Öhlins-Fahrern.

WP hat die besseren Antworten

"Die Kombination WP mit dem Reifen, den wir vorne haben, ist eine wirklich sehr schlagkräftige - sehr, sehr gut", bestätigt Baumgärtel. "Da hat auch Öhlins viel Entwicklung im Gabelbereich durchgesetzt, sie haben eine unglaubliche Matrix aufgebaut und haben damit in Aragon eigentlich relativ gut aufgeschlossen zu WP, was das Gefühl für das Vorderrad angeht. Rabat war da gar nicht so sehr betroffen. Es war viel mehr Kallio, der dadurch in ein großes Loch gefallen und fast nicht rausgekommen ist."

Speed Up war in der Saison 2015 der einzige ernstzunehmende Herausforderer von Kalex. Durch die Änderungen im Winter gelang es Sam Lowes vor allem in den Trainings, die Kalex-Dominanz zu brechen. In Austin gewann er das Rennen. Zudem stand er vier weitere Male auf dem Podium. Besonders interessant ist die Speed Up für Baumgärtel aber nicht. Inspiration sucht sich der Kalex-Konstrukteur woanders: "Natürlich sieht man gewisse Sachen, aber ich denke, dass man sich auf sich selbst konzentrieren muss. Man muss versuchen, seinen eigenen Weg einzuschlagen. Nur so kann man selbst klare Entwicklungsschritte unternehmen", so der Deutsche.