Kritik am Tech-3-Moto2-Projekt nervt Teamchef Poncharal

Teamchef Herve Poncharal reagiert auf die Kritik, holt zum Gegenangriff aus und verteidigt den Weg, den Tech 3 in der Moto2 eingeschlagen hat

(Motorsport-Total.com) - Seit der Gründung der Moto2 setzt Tech 3in der mittleren Klasse ein eigenes Chassis ein. War die Mistral 610 zu Beginn noch für Podestplätze gut, so fährt man seit der laufenden Saison meist hinterher. Experimente mit Federelementen von Kayaba verschlimmerten die Lage und sorgten im Team für schlechte Stimmung. Die Fahrer scheinen den Glauben an das Projekt immer mehr zu verlieren, was Teamchef Herve Poncharal verärgert.

Titel-Bild zur News: Marcel Schrötter

Tech-3-Pilot Marcel Schrötter kämpft momentan mit stumpfen Waffen Zoom

"Was soll ich sagen? Wenn ich wüsste, woran es liegt, wären wir weiter vorne. Ich bin ein bisschen genervt, immer wieder die gleichen Dinge zu erklären", schimpft der Franzose. Im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' versucht Poncharal die Situation zu beschreiben: "Wir hatten 2014 eine ziemlich gute Saison mit Marcel. Er landete in den Top 10. Es war mit Abstand seine beste Saison in der Moto2. Ich war sehr zufrieden mit der Saison."

"Wir waren bei einigen Rennen näher dran als im vergangenen Jahr, doch die Platzierungen waren schlechter. Das Feld ist zusammengerückt. Das zeigt, dass wir nicht langsamer sind sondern schneller", betont der Tech-3-Teamchef. "Sicher müssen wir uns verbessern und weiterarbeiten. Ehrlich gesagt macht mich diese Diskussion ein bisschen traurig und verärgert mich. Wollen die Leute, dass alle Fahrer das gleiche Motorrad fahren?", fragt sich der 58-Jährige.

Poncharal vom Einheitsbrei genervt

"Soll die Moto2-Weltmeisterschaft ein Cup werden, in dem alle Fahrer die gleichen Reifen, Motoren und Chassis fahren? Auf dem Gebiet der Federelemente gab es einige Neuerungen. Auf diesem Gebiet gibt es jetzt einen Wettbewerb. Bei den Bremsen gibt es ebenfalls Alternativen. Solange wir ein eigenes Chassis einsetzen, wird es aber immer wieder Stimmen von Journalisten oder Fahrern geben, die sagen, dass es am Chassis liegt. Das kann auch der Fall sein, doch man muss damit zurechtkommen, was man hat", betont Poncharal.

Der Tech-3-Teamchef macht auch die Fahrer für die Probleme mit dem Motorrad verantwortlich: "Wir hören auf die Feedbacks der Fahrer, um das Motorrad voranzubringen. Sicher sind wir nicht führend, aber wir sind auch nicht ganz hinten. Es gibt also auch Kalex-Fahrer, die langsamer sind als wir. Das zeigt, dass die Kalex kein Allheilmittel ist", so Poncharal. "Kalex gewinnt Rennen, doch man benötigt neben dem Motorrad ein gutes Paket."

"Man benötigt neben der Kalex gute Federelemente, gute Bremsen, gute Reifen, einen guten Fahrer und ein gutes Team. Es geht um das komplette Paket", stellt der Teamchef von Marcel Schrötter klar. In der laufenden Saison setzt nicht nur das Tech-3-Team das hauseigene Chassis ein. Tasca-Pilot Louis Rossi sitzt ebenfalls auf einer Mistral 610. "Es war geplant, mehr Feedbacks zu erhalten. Wir hatten einen guten Start, denn Louis erreichte sein bisher bestes Moto2-Ergebnis, als er in Katar Neunter wurde", blickt Poncharal zurück.


Fotos: Moto2 in Brünn


In der Fahrerwertung ist Rossi momentan aber nur 23. und somit zwei Position hinter Tech-3-Pilot Schrötter gelistet. Schrötter, der 2014 immerhin WM-Zehnter war, konnte die Leistungen der vergangenen Saison nicht bestätigen. Im Sommer reagierte der Deutsche frustriert, als er in Holland und in Deutschland mit Kayaba-Federelementen fahren musste. Poncharal verteidigt diesen Schritt.

Tech 3 glaubt an Kayaba

"Es ist schon lange her, doch wir haben mit Kayaba bereits die Meisterschaft gewonnen. Wir setzten auch bei den 500ern auf Kayaba. Bradley, Pol und Nakasuga haben das 8-Stunden-Rennen in Suzuka mit Kayaba gewonnen. Sie haben also das Potenzial", schildert der Tech-3-Teamchef. "Wir testeten Kayaba in Assen und am Sachsenring. Unsere Fahrer waren der Meinung, dass die Federelemente noch Entwicklungszeit benötigen. Deswegen kehrten wir zu Öhlins zurück. Ich bin überzeugt, dass Kayaba das Zeug hat, doch wir müssen mehr Zeit investieren. Zudem müssen alle daran glauben."

Die Diskussionen um das Material nerven Poncharal. "Warum gibt es in der MotoGP Einheitsreifen von Bridgestone? Weil damals alle Bridgestone-Reifen fahren wollten. Und diejenigen, die sich über die Einheitsreifen beschweren, sind die, die damals unbedingt Bridgestone-Reifen fahren wollten. Ich will mich nicht beschweren, aber langsam nervt es mich. Die Fahrer denken immer, dass es am Paket liegt, mit dem sie fahren", schimpft er.

Herve Poncharal

Herve Poncharal: "Sind die ehemaligen Suter-Piloten mit der Kalex besser?" Zoom

"Wenn Marquez in der MotoGP gewinnt, dann gibt es immer einige Honda-Piloten, die nicht so schnell sind. Hat also Marquez gewonnen oder hat Honda gewonnen? Kalex ist momentan führend, aber es gibt sehr viele Fahrer, die mit der Kalex nicht gewinnen können", vergleicht Poncharal, der genau beobachtet, wie sich die Fahrer schlagen, die zu Kalex wechselten.

Poncharal sucht nach Vergleichen

Tom Lüthi und Dominique Aegerter tauschten im Winter ihre Suter-Maschinen ein und vertrauen 2015 auf Kalex. "Warum gibt es 2015 nur noch eine Suter im Feld? War das Motorrad so schlecht? Sind die ehemaligen Suter-Piloten in diesem Jahr mit der Kalex besser? Ich bin mir nicht sicher, aber ich bezweifle, dass sie in diesem Jahr mehr Punkte haben", grübelt Poncharal und spielt auf die Probleme bei Aegerter an.

Poncharal findet ein weiteres Beispiel: "In der MotoGP gibt es praktisch nur noch einen Federelemente-Hersteller. Warum? War Showa so schlecht? War Kayaba so schlecht? Scott Redding beschwerte sich im vergangenen Jahr über die Federelemente von Showa und die Bremsen von Nissin. Ist er in diesem Jahr mit Öhlins und Brembo besser unterwegs?"