Bradl: "Im Großen und Ganzen passt es"

Moto2-Weltmeister Stefan Bradl ist mit dem ersten Testtag in Jerez zufrieden - Die Konkurrenz rechnet mit dem Deutschen in Zukunft als harten Konkurrenten

(Motorsport-Total.com/Sport1) - Stefan Bradl hat am heutigen Freitag die Testfahrten für sein MotoGP-Debüt fortgesetzt. Insgesamt fuhr der Deutsche 64 Runden mit seiner LCR-Honda und reihte sich auf dem zehnten Platz ein. Auf Casey Stoner an der Spitze verlor der Moto2-Weltmeister 1,8 Sekunden. Ursprünglich hatte sich Bradl vorgenommen, in Jerez unter einer Sekunde zu bleiben. Seine unmittelbaren Gegner fuhren aber ähnliche Zeiten, darunter auch Superstar Valentino Rossi, der mit seiner Ducati lediglich um 63 Tausendstelsekunden schneller war als der Deutsche. "Es schaut nicht schlecht aus. Wir sind ungefähr dort, wo wir in Sepang aufgehört haben."

Titel-Bild zur News: Stefan Bradl

Stefan Bradl fuhr am ersten Testtag die zehntschnellste Rundenzeit

"Wir sind wieder nicht schlecht dabei. Im Großen und Ganzen passt es", zieht Bradl ein positives Fazit nach dem ersten von drei Tagen. "Wir hatten heute schon einige Probleme, weil es auch für mich auf der neuen Strecke eine Umstellung war. Am Anfang habe ich ganz schön zu kämpfen gehabt, weil das Motorrad wegen der Temperaturen noch mehr Leistung hat. Wir haben noch eine kürzere Übersetzung da, weil die Strecke viel kürzer ist. Wir hatten deshalb viele Probleme mit Wheelies."

"Ich habe hart damit kämpfen müssen, dass das Motorrad auf dem Boden bleibt. Das haben wir dann Schritt für Schritt besser hinbekommen und haben dann noch verschiedene Reifen- und Setuparbeiten durchgeführt. Da müssen wir morgen noch die Mitte finden, aber im Großen und Ganzen war es für den ersten Tag nicht schlecht und ich bin zufrieden. Der Abstand ist mit 1,8 Sekunden etwas größer als in Sepang, aber wir sind nahe an den Leuten vor mir dran. Wir haben noch nichts verloren."


Fotos: LCR, MotoGP-Tests in Jerez, Freitag


Obwohl Bradl 64 Runden auf dem 4,4 Kilometer langen Kurs drehte, hatte er keine körperlichen Probleme, weil es ein angenehmer Frühlingstag mit etwas Wind war. "Es ist deutlich angenehmer zu fahren als in Malaysia. Ich merke aber schon, dass es hier mehr Kraft kostet, speziell beim bremsen, weil man hier viel stärker bremsen muss. Die Beschleunigungsphasen sind hier deutlich kürzer."

Auch über die Distanz fühlte sich der 22-Jährige gut. "Wir sind auch einen längeren Turn gefahren, dabei hat alles gepasst. Wir müssen das Motorrad aber schon noch deutlich verbessern, damit ich mich leichter tu. Dann geht noch etwas von der Zeit." Erstmals trafen in Jerez alle neuen Claiming-Rule-Motorräder auf die reinrassigen Prototypen. Wie war der Eindruck? "Nur kurz gesehen. Randy de Puniet macht einen guten Job und ist flott unterwegs", lobt Bradl den Franzosen auf der Aprilia.

"Die anderen habe ich nicht so beobachtet, weil ich auf der Strecke mehr auf mich geachtet habe. Ich glaube, es ist nicht so schlecht, wie manche erwartet haben. Ich hätte auch gedacht, dass der Abstand größer ist, aber sie schlagen sich recht wacker. Der Unterschied ist da, aber nicht so groß, wie viele erwartet haben."


Fotos: Präsentation LCR-Honda


Für Samstag ist Regen in Jerez angesagt, der das Testprogramm durcheinanderwirbeln könnte. "Es war heute sehr windig, das war ein kleines Handicap. Mein Team ist sehr professionell, wir können rasch einen neuen Plan aufstellen. Ich bin bereit zu fahren, es macht viel Spaß und ich genieße es. Vom letzten Jahr weiß ich, dass diese Strecke im Regen viel Grip bietet. Egal ob Wind, Regen oder Sonnenschein, ich bin für alles bereit."

Konkurrenz lobt Bradl

Bei den Testfahrten hat sich Bradl bislang gut präsentiert. Das ist auch der Konkurrenz nicht entgangen. So meint Yamaha-Werksfahrer Ben Spies: "Er ist ein großes Talent. Es wird sein erstes Jahr sein. Er sollte jetzt nicht den Druck haben, um Siege zu kämpfen und um die WM zu kämpfen. Er ist aber sicher ein Fahrer für die Zukunft. Das hat er gezeigt. Ich habe noch nicht viel mit ihm gesprochen, aber er scheint immer höflich und bodenständig zu sein. Dass braucht man."

Spies ist 2010 als großes Talent in die MotoGP gekommen und konnte bislang nur ein Rennen gewinnen. Der US-Amerikaner hat in den beiden Jahren viel gelernt und weiß nun, was es braucht, um erfolgreich zu sein: "Jeder in der MotoGP hat das Potenzial. Man muss aber alles auf die Reihe bekommen. Oft verstehen die Leute nicht, dass es nicht nur um das pure Talent geht. Es gibt viele Rennen, den Jetlag, Stürze, Regenerationsphasen und man muss zwischen April und November hoch konzentriert sein. Es ist eine lange Saison."

"Deutschland hat jetzt einen Fahrer, der das Zeug dazu hat, in der Königsklasse den Titel zu holen." Jorge Lorenzo

"Er hat in der Moto2 gezeigt, dass er es kann. Jetzt muss er sich an die MotoGP gewöhnen, an die Motorräder und die Rennen. Er hat die gleichen Chancen wie alle. Ich schätze, dass viele Leute ihn für die Zukunft auf dem Radar haben und denke, dass er im nächsten Jahr eine gute Saison haben wird. Ab 2013 wird er ein Herausforderer sein."

Auch Ex-Weltmeister Jorge Lorenzo rechnet in Zukunft mit Bradl als Konkurrenten. "Stefan hat sich in den letzten zwei bis drei Jahren stark entwickelt. Davor war er nicht besonders konkurrenzfähig, wenn es darum ging, unter die ersten Fünf zu fahren. Und plötzlich hat er sich von einem Jahr auf das andere massiv gesteigert. Letzte Saison war er in der Moto2 sehr konstant, aber am Ende ist er für den Titel ein bisschen sehr auf Sicherheit gefahren."

"Deutschland hat jetzt einen Fahrer, der das Zeug dazu hat, in der Königsklasse den Titel zu holen. Definitiv", ist der Spanier gegenüber 'MotoGP.com' überzeugt. "Er wäre der erste Deutsche überhaupt. Wenn er noch dazu lernt, nicht zu oft ausfällt und so motiviert bleibt, kann er es schaffen." Aber auch die ehemaligen Moto2-Konkurrenten verfolgen gespannt, wie sich Bradl in der Königsklasse schlägt.

"Ich habe das schon mitverfolgt", sagt der Schweizer Tom Lüthi. "Die gesamte MotoGP ist derzeit spannend zu verfolgen, weil es durch die Claiming-Rule-Teams einen kleinen Umbruch gibt. Ich bin gespannt, wie sich das entwickelt. Der Stefan schlägt sich bis jetzt gut. Ich glaube, er hat den Umstieg schon ziemlich gut gemeistert. Ich kann es natürlich nicht genau beurteilen, weil ich nicht wirklich weiß, wie sich das anfühlt. Aber ich hoffe, dass ich auch noch einmal dazukomme. Jetzt ist mal 2012 und ich muss meinen Job machen. Bislang hat es gut geklappt."