• 26.06.2017 09:24

  • von Gerald Dirnbeck & David Emmett

Regenpoker: Warum der Bike-Wechsel in Assen sinnlos war

"Sonst wäre ich jetzt der Gott": Johann Zarco verpokert sich mit seinem Flag-to-Flag-Wechsel - Warum sich Valentino Rossi und Co. anders entschieden haben

(Motorsport-Total.com) - Das Wetter sorgte bei der Dutch TT in Assen wieder einmal für viele Dramen. Als es im Rennen anfing zu tröpfeln, standen die Fahrer vor einer schwierigen Entscheidung. Weiterfahren mit Slicks und hoffen, dass es nicht stärker regnet, oder den Poker riskieren und auf das zweite Motorrad mit Regenreifen zu wechseln? Aus der Spitzengruppe entschied sich nur ein Fahrer für den Boxenstopp: Johann Zarco. Der Poker ging nicht auf. Der Regen nahm nicht zu und der Pole-Setter kam nur als 14. ins Ziel.

Titel-Bild zur News: Johann Zarco

Nur Johann Zarco wechselte von der Spitzengruppe das Motorrad Zoom

"Wenn sie die Regenflagge zeigen, heißt das, dass es regnet", sagt der Franzose nach dem Rennen. "Man weiß nicht, wie es sich entwickelt. Es wäre richtig gewesen, draußen zu bleiben, weil Rossi gewonnen hat. Er hat das Risiko genommen und hat verdient gewonnen. Ich habe den Boxenstopp riskiert und verdiene damit mein Ergebnis." Der MotoGP-Rookie nimmt seinen Fehler aber auf die leichte Schulter. Das gehört zum Lernprozess dazu. Hätte es stärker geregnet und Zarco hätte gewonnen, dann wäre er jetzt in Frankreich der neue "Sonnenkönig".

"Es ist in diesem Fall auch eine Frage von Glück oder Pech", hält Rossi fest, als er gefragt wurde, ob ein Motorradwechsel eine Option gewesen wäre. "Ich habe die Wettervorschau genau beobachtet und war mir sicher, dass es nicht stärker regnen wird. Zumindest habe ich das gehofft. Es waren nur noch sieben, acht Runden zu fahren. Deshalb fand ich es besser, weiterzufahren, denn beim Motorradwechsel verliert man viel Zeit."


Fotos: MotoGP in Assen, Rennen


Die Fahrer müssen die Situation selbst einschätzen und eine Entscheidung treffen. Als Anhaltspunkte dienen Details, wie Danilo Petrucci erläutert: "Am Windschutzschild sah ich Regentropfen, aber nicht viele. Wenn das Wasser über das Windschutzschild fließt, dann regnet es stark. Das war aber nicht der Fall. Man musste vorsichtig sein, aber auf der Strecke war nicht genug Wasser. Deshalb wäre es nutzlos gewesen, das Motorrad zu wechseln."

"Ich dachte daran, dass es holländische Streckenposten sind. Sie müssen das Wetter kennen!" Johann Zarco

Neben Zarco entschieden sich auch Hector Barbera, Jorge Lorenzo und Alex Rins für den Flag-to-Flag-Wechsel. Da dieses Trio aber ohnehin weit hinten war, konnten sie etwas riskieren. Zarco brachte die Fehlentscheidung um ein gutes Ergebnis. "Mit Slicks hatte ich richtig Angst", gibt der Tech-3-Pilot zu, als er die Hintergründe für seine Entscheidung erklärt. "Wir sind schon im Trockenen am Limit. Also kann man sich vorstellen, dass man stürzen kann, wenn es feucht wird."

Einen Sturz wollte Zarco nicht riskieren und bog in die Boxengasse ab. "Als die Streckenposten die Regenflagge zeigten, dachte ich daran, dass es holländische Streckenposten sind. Sie müssen das Wetter kennen!" Und so nutzte er gleich die erste Gelegenheit zum Boxenstopp. "Hätte es stärker geregnet, könnte ich jetzt der Gott sein. Statt der Held zu sein, bin ich jetzt die Null, aber das gehört dazu. Das ist meine Art zu lernen. In den nächsten Rennen will ich wieder um das Podium kämpfen."

Einen anderen Gedankengang hatte Marc Marquez: "Ich entschied mich dazu, die Leute vor mir zu kopieren", gibt er unumwunden zu. "Es war schwierig zu entscheiden, ob man wechseln soll. Normalerweise bin ich bei diesen Entscheidungen sehr gut, aber nur, wenn es von nass auf trocken geht. Im umgekehrten Fall ist es viel schwieriger. Mit Slicks waren die Rundenzeiten immer noch schneller als mit Regenreifen." Die Rundenzeiten von Sieger Rossi wurden im letzten Renndrittel nur um drei bis vier Sekunden langsamer. Zarco fuhr mit Regenreifen rund fünf Sekunden langsamer als die Spitze mit Slicks.