• 20.09.2016 09:23

Mike Leitner im Interview: Darum wechselte er zu KTM

Nach mehr als zehn Jahren bei Honda schloss sich Mike Leitner dem MotoGP-Projekt von KTM an - Die Arbeitsweise der Österreicher ist anders als der Japaner

(Motorsport-Total.com) - Der Österreicher Mike Leitner ist sehr mehr als 30 Jahren im Grand-Prix-Sport aktiv. Zwischen 1984 und 1987 fuhr er in der 125er-Klasse, aber große Erfolge blieben aus. Leitner wechselte in die Box und arbeitete als Mechaniker für Fahrer wie Ralf Waldmann, Fonsi Nieto, Toni Elias, Garry McCoy und John Hopkins. Anschließend begann die erfolgreiche Zusammenarbeit mit Dani Pedrosa. Leitner fungierte elf Jahre als Crew-Chief des Spaniers. Gemeinsam gewannen sie zweimal die 250er-Weltmeisterschaft und drei Vizetitel in der MotoGP-Klasse.

Titel-Bild zur News: Mike Leitner

Der Österreicher Mike Leitner bringt viel MotoGP-Erfahrung zu KTM Zoom

Ende 2014 trennten sich die Wege, Leitner zog sich zurück und Pedrosa arbeitet seither mit Ramon Aurin als Crew-Chief zusammen. Lange genoss Leitner seine Rente aber nicht, denn bald schloss er sich dem MotoGP-Projekt von KTM als technischer Berater an. Als "Vice President Onroad bei KTM Motorsport" baute Leitner das MotoGP-Team auf und hilft mit seiner Erfahrung. Im Interview spricht der Oberösterreicher über seine Beweggründe, sich dem KTM-Projekt anzuschließen und warum die Marke anders arbeitet als die japanischen Hersteller.

Frage: "Mike, was bedeutet dein Jobtitel eigentlich?"
Mike Leitner: "Danach musst du Pit Beirer fragen! Spaß beiseite. Es ist eine gute Frage, weil es in einer anderen Firma etwas anderes bedeuten kann. Pit brauchte jemanden, der sich um alle Straßenrennsport-Aktivitäten im Grand-Prix-Fahrerlager kümmert, hauptsächlich MotoGP und Moto3. Da ich über viel Erfahrung verfüge und viele Kontakte habe, dachte er, dass ich die richtige Person für diesen Job sei. Ich manage das Personal, rekrutiere neue Leute und koordiniere die Dinge."

"Wo ich gebraucht werde, versuche ich KTM bei jedem Aspekt des Projektes zu helfen - selbst bei technischen Angelegenheiten, denn das ist mein Werdegang. Sebastian Risse ist der technische Leiter, aber jetzt gibt es mit mir noch jemanden, der Erfahrung einbringen kann. Man muss das Beste aus der vorhandenen Erfahrung und dem vorhandenen Wissen kombinieren."

Frage: "Warum hat es dich interessiert, dich diesem Projekt anzuschließen?"
Leitner: "Ich bin jetzt über 50 und wenn du mehr als 200 Tage im Jahr reist, wirst du müde. Ich habe das Grand-Prix-Fahrerlager nach 25 Jahren verlassen. Ich war nicht mehr im Business und plante auch kein neues Abenteuer. Nach einigen Monaten zuhause hat mich Pit immer wieder angerufen und nach diesem Projekt gefragt. Um ihn zu zitieren: 'Dieses Projekt ist praktisch vor meiner Haustüre.'"


Fotos: KTM präsentiert das MotoGP-Bike RC16


"Ich hatte bisher hauptsächlich für japanische Hersteller gearbeitet. Man gewöhnt sich an ihre Sichtweise an den Rennsport. Als ich mir den Spirit, den Stil und die Herangehensweise von KTM angesehen habe, dann ist es ganz anders, als ich es gewohnt war. In manchen Momenten dachte ich mir: 'Wow, das ist nicht der richtige Weg'. Aber oft war es auch nicht so dumm. Es ist ganz anders."

Mike Leitner, Daniel Pedrosa

Mike Leitner feierte als Crew-Chief von Dani Pedrosa viele Erfolge Zoom

"Aber diese Erfahrung hat mich wachgerüttelt. Mein Interesse wuchs und ich wurde wieder vom Rennvirus gepackt. Ich checkte meine Emails am Samstag und dachte darüber nach, wie wir verschiedene Herausforderungen angehen könnten. Genau das ist passiert. Ich hatte wieder Lust auf Racing und war somit zurück. Zu Beginn des Projekts war ich ein Berater und nach sechs Monaten wuchs meine Position innerhalb der Struktur."

Frage: "Was macht KTM anders?"
Leitner: "Um fair zu sein, es gibt viele enthusiastische Leute im Werksteam. Es ist ein gutes Gefühl und macht abhängig. Ich mag es, in einer Rennabteilung zu sein und mit einer Kaffeetasse in der Hand mit jemandem vom Rallye-Team zu sprechen. Auf deinem Weg zurück gehst du an den Leuten vorbei, die gerade an Jeffrey Herlings MX2-Bike arbeiten. Es hat etwas Gutes, wenn der Rennsport so tief in einer Firma verwurzelt ist."

"Als ich 2014 die MotoGP verlassen habe, habe ich elf Jahre lang als Crew-Chief von Dani Pedrosa bei Honda gearbeitet. Wir haben zweimal die 250er-Weltmeisterschaft gewonnen und viele MotoGP-Siege errungen. Die Japaner haben einen super professionellen Stil für den Rennsport und ich habe viel von dieser Herangehensweise gelernt. Ich habe in dieser Welt mit den besten Fahrern und dem besten Equipment gelebt. Es ist aber komplett anders und eine neue Motivation, wenn man von Null weg an einem neuen Projekt arbeitet. Man ist viel stärker involviert, aber es ist keine One-Man-Show. Man braucht viele motivierte Leute, und das ist bei KTM der Fall."

Mika Kallio, Alex Hofmann

2017 greift KTM erstmals in der Königsklasse MotoGP an Zoom

"Sie wollen es wirklich schaffen. Sicherlich wird es auf dem Weg mühsam werden, das ist zu 100 Prozent klar. So ist die MotoGP. Wer werden nicht einsteigen und die Konkurrenz zerstören. Man muss geduldig sein, ruhig sein und seinen Weg gehen. Ich mag die Art, wie hier gedacht wird. Wenn man man mit den Verantwortlichen der Firma spricht, dem Vorstand, dann verstehen sie sehr genau die Aufgabe, aber sie sind nicht weniger motiviert."