Die mentale Komponente ist ein wichtiger Erfolgsfaktor

Die mentale Seite des Rennsports ist für Sieg und Niederlage eine wichtige Komponente - Doch kann man sich diese Eigenschaft aneignen?

(Motorsport-Total.com) - Damit ein Fahrer im Motorradrennsport erfolgreich ist, braucht es eine Portion Talent, das richtige Motorrad und eine eingespielte Crew. Allerdings gibt es auch einen weiteren Aspekt, der schwieriger zu beziffern ist, nämlich die mentale Seite. Bei Weltmeister Marc Marquez läuft seit seiner schweren Verletzung Ende 2011, als seine Sicht für mehrere Monate beeinträchtigt war, alles wie am Schnürchen. Selbst nach (seltenen) Niederlagen und Stürzen ist der Spanier sofort wieder zur Stelle.

Titel-Bild zur News: Marc Marquez

Marc Marquez geht gewöhnlich die Runde wie ein Skifahrer die Piste im Kopf durch Zoom

Dagegen verlor beispielsweise Valentino Rossi nach der schwierigen Ducati-Zeit die Überzeugung, ob er immer noch zu den Topfahrern zählt. Im Vorjahr sah er, dass er immer noch schnell ist und steigerte sich in diesem Jahr erneut. Vieles davon spielt sich in den Köpfen der Fahrer ab. Ein weiteres Beispiel ist Philipp Öttl in der Moto3, bei dem es in diesem Jahr überhaupt nicht läuft und er teilweise langsamere Zeiten als im Vorjahr fährt. Auch bei ihm spielt die mentale Seite eine Rolle, denn dass der Deutsche schnell ist und Talent hat, hat er in der WM bereits bewiesen.

Die mentale Seite sieht man aktuell auch bei Jorge Lorenzo, der derzeit wieder souverän auf der Strecke agiert, während es zu Saisonbeginn überhaupt nicht lief. Auch Yamaha hat technische Fortschritte geschafft, aber den größten Unterschied zwischen Frühling 2014 und jetzt machte Lorenzo selbst. Die konstant hohen Rundenzeiten bei seinem Sieg in Motegi waren ein weiterer Beweis für seine mentale Stärke und Konzentrationsfähigkeit.

Ein gutes Training kann den Unterschied machen

In der MotoGP erlebt derzeit Cal Crutchlow eine schwierige Saison. Auch er weiß um die mentale Seite des Sports. "Ich glaube, dass Valentino in Misano gewonnen hat, weil er in einem Freien Training stärker als alle anderen war. Er hatte mental die Einstellung zu gewinnen, egal ob Marc auf dem Motorrad sitzen würde", zeigt sich der Ducati-Werksfahrer bei 'MotoMatters.com' überzeugt. "Das zeigt, wie stark er ist, denn in Silverstone fehlten ihm im Ziel neun Sekunden."

"Neun Sekunden sind kein großer Rückstand, aber er ist groß genug. Eine Woche später konnte er gewinnen, weil er ein starkes Training hatte." Wie wichtig solche Erfolgsmomente sind, zeigt auch das Beispiel Andrea Dovizioso. In Silverstone hatte der Ducati-Star nur neun Sekunden Rückstand auf den Sieger, was zu diesem Zeitpunkt den klaren Aufwärtstrend des italienischen Herstellers untermauerte. Anschließend fehlten Dovizioso in Misano im Ziel nur noch fünf Sekunden.

Cal Crutchlow

In Aragon war Cal Crutchlow plötzlich oben auf, in Motegi lag der Brite im Kiesbett Zoom

An der Rimini-Küste konnte Dovizioso bis zum Ende mit Honda-Werksfahrer Dani Pedrosa mitfahren, obwohl er nach dem Rennen sagte, dass er ständig über dem Limit war, und er so normalerweise nicht fährt. Ohne der mentalen Stärke und der gewonnenen Zuversicht hätte Dovizioso in Misano diese Leistung nicht erbringen können, wie er nach dem Rennen meinte. Nun will der Italiener die nächstjährige Ducati so fahrbar machen, damit er diese Leistung auch ohne extremes Risiko fahren kann.

Vor allem bei vielen Teenagern der kleinen Klassen lassen sich Formschwankungen oft durch die mentale Seite erklären, während die älteren Fahrer mit deutlich mehr Routine zur Sache gehen. Kann man den mentalen Aspekt lernen? "Ich weiß es nicht", meint Crutchlow, der sich von Niederlagen noch nie aus dem Konzept bringen ließ. "Ich glaube, man kann das, denn ich glaube, ich bin in bestimmten Situationen zu schwach", meint der Brite dennoch.


Fotos: MotoGP in Aragon, Girls


"Auf der anderen Seite glaube ich, dass mich in anderen Situationen niemand schlagen kann. Ich glaube, man kann es lernen, aber man muss es für sich selbst finden. Jeder will das können. Ich glaube aber auch, dass jeder Fahrer mental stark ist, denn sonst wären sie nicht hier. Man muss es aber für sich selbst finden", ist Crutchlow überzeugt. Durch den Sturz in den ersten Runden in Motegi konnte er das Hoch vom Podestplatz in Aragon nicht fortsetzen. So schnell kann sich das Blatt auf die eine oder andere Seite wenden.