• 04.02.2010 17:12

Brivio: "Ich hätte gerne zwei Valentinos"

In der Brust von Davide Brivio schlagen zwei Herzen: "Ich hätte gerne zwei Valentinos: einen für Yamaha und einen für Ferrari"

(Motorsport-Total.com) - Davide Brivio geht 2010 in sein siebtes Jahr als Valentino Rossis Teammanager bei Yamaha. Brivio ist nach wie vor vom Antrieb seines Schützlings überrascht. Im Interview schildert der Teammanager, wie sehr sich Rossis reinhängt, um an der Spitze des Feldes zu bleiben. Außerdem kündigt Brivio ein paar Änderungen in Hinblick auf die ominöse Trennwand in der Yamaha-Box an.

Titel-Bild zur News: Davide Brivio

Davide Brivio wünscht sich, dass Valentino Rossi Yamaha erhalten bleibt

Frage: "Davide, Jahr für Jahr steht Valentino an der Spitze seines Sports. Was ist sein Geheimnis?"
Davide Brivio: "Er hat kein Geheimnis, es geht dabei nur um harte Arbeit. Er ist ein großartiges Talent, aber verbringt auch viel Zeit mit den Vorbereitungen und Trainings vor den Rennen, und unter der Woche mit der Vorbereitung seines Motorrads und der Abstimmung. Er ist sehr motiviert, um an der Spitze zu bleiben. Das ist sein Antrieb."#w1#

Frage: "Wer stellt deiner Meinung nach in Sachen Meisterschaft die größte Gefahr für Valentino dar?"
Brivio: "Ich sehe Stoner und Lorenzo auf dem selben Niveau, denn am Ende der vergangenen Saison waren sie sehr stark. Diese Fahrer werden die Hauptdarsteller in der Meisterschaft sein. Andere Rookies, wie Ben und Simoncelli, könnten für Überraschungen sorgen. Ich denke, dass wir für die Meisterschaft diese drei, vier Fahrer auf der Rechnung haben müssen."

Frage: "Valentino hat zugegeben, dass ihm im vergangenen Jahr ein paar Fehler unterlaufen sind. Was planst du, damit sich das in diesem Jahr nicht wiederholt?"
Brivio: "Wir haben ein paar wenige Fehler in Regenrennen gemacht, in denen wir traditionell nicht besonders stark sind. 2009 haben wir gelernt, dass alle Teilnehmer sehr stark und sehr motiviert sind. Wir müssen sie alle auf dem Top-Niveau einstufen. Manchmal werden wir akzeptieren müssen, dass wir hinter ihnen ins Ziel kommen, wenn es nicht möglich war, zu gewinnen. Das ist die größte Lehre, die wir aus dem vergangenen Jahr gezogen haben."

"Wir haben ein paar wenige Fehler in Regenrennen gemacht, in denen wir traditionell nicht besonders stark sind." Davide Brivio

Frage: "Valentino wird in diesem Jahr wieder mit dem selben Mechanikerteam zusammenarbeiten. Wie hat man sich deren Arbeitsbeziehung vorzustellen und warum sind sie so erfolgreich?"
Brivio: "Mit manchen Mitgliedern seiner Crew arbeitet Valentino seit mehr als zehn Jahren zusammen - und nun schon in seinem siebten Jahr bei Yamaha. Ich denke, dass Chemie, die das Team stark macht, in ihrer Motivation und ihrem Wettbewerbseifer begründet ist. Das ist der selbe Antrieb, den Valentino hat, um die Nummer eins zu bleiben - und das überträgt er auf das Team. Jeder in unserer Gruppe versucht in seinem Job der Beste zu sein. Wir versuchen immer schneller zu sein, selbst in den normalsten Abläufen des Wochenendes. Unser Geheimnis ist unser andauernder Spirit und der Wille, uns zu verbessern."

Frage: "Es wird weiterhin eine Trennwand in der Box geben. Wie viele Informationen über die Abstimmung des jeweiligen Fahrers wird den Teamkollegen zur Verfügung stehen - und was bleibt geheim?"
Brivio: "2010 werden wir diesbezüglich ein paar kleine Änderungen im Vergleich zu 2009 vornehmen, als der Wettbewerb während der Wochenenden und der Testfahrten komplett offen war. In Anbetracht der Tatsache, dass die zwei Fahrer die Hauptkonkurrenten um die Meisterschaft sind, haben wir uns dazu entschieden, diesen Wettbewerb auch intern zu respektieren. Wir respektieren ihre eigenen Wege Rennen zu fahren und den Wettbewerb anzugehen."

"Also werden die zwei Teams während der Wochenenden wesentlich unabhängiger voneinander sein und der Wettstreit wird enger sein. Zwischen den Teams können nicht viele Informationen ausgetauscht werden. Bei YMC, im Büro, können die Ingenieure die Daten und Informationen vergleichen, aber die zwei Teams in der Boxengarage können in technischer Hinsicht unabhängiger voneinander arbeiten."


Fotos: Präsentation der Yamaha YZR-M1 2010


Frage: "Was kannst du uns über die 2010er Yamaha YZR-M1 verraten?"
Brivio: "Die Arbeit konzentrierte sich im Wesentlichen auf zwei Punkte: in erster Linie das Chassis, um die Eigenschaften unserer Maschine weiter zu verbessern. Und dann noch der Motor, aufgrund des neuen Reglements. In diesem Jahr stehen uns lediglich sechs Motoren für die gesamte Saison zur Verfügung und das bedeutet, dass der Motor eine längere Laufzeit haben muss. Darauf haben unsere Ingenieure ihre meiste Energie verwendet. Der Motor muss schnell bleiben, mit einer guten Leistung, aber er muss länger laufen - und das ist nicht leicht. Die Saison wird zeigen, ob wir einen guten Job gemacht haben."

Frage: "Wie sehr werden die gegenwärtigen MotoGP-Maschinen weiterentwickelt? Sind die jetzigen 800-cm³-Maschinen schon auf ihrem Höhepunkt angekommen oder wird es da noch große Fortschritte geben?"
Brivio: "Diese Technologie wird immer weiterentwickelt. Leistungen sind immer optimierbar. Die MotoGP ist ein recht junger Sport mit der Viertakttechnologie, denn wir haben vor weniger als zehn Jahren damit angefangen. Bei den Autos, zum Beispiel, haben sie schon immer Viertaktmotoren benutzt und ihre Leistungen von Jahr zu Jahr verbessert."

"Wir können uns in der MotoGP immer noch verbessern. Zudem ändert sich die Arbeit der Ingenieure von Jahr zu Jahr, abhängig vom technischen Reglement: Änderung des Hubraums, Änderungen der Laufzeit, usw. Es gibt in jedem Jahr viele neue Regeln und die machen den Job der Ingenieure sehr schwierig und herausfordernd."

Frage: "Wilco Zeelenberg wird neben dir als Teammanager arbeiten. Du kennst Wilco seit vielen Jahren. Was denkst du über ihn und die Wahl Yamahas?"
Brivio: "Ich heiße Wilco willkommen und wünsche ihm viel Glück bei seinem Job. Für Yamaha ist er eine gute Wahl, denn er ist ein ehemaliger Rennfahrer und verfügt über viel Erfahrung als Teammanager. Also bringt er alle Qualitäten und Fähigkeiten mit, um diesen Job zu machen. Natürlich muss er sich erst an die MotoGP gewöhnen, die sich seit seiner aktiven Zeit wahrscheinlich verändert hat. Aber er ist, denke ich, eine gute Wahl für Yamaha und Lorenzo wird für Valentino in diesem Jahr ein noch stärkerer Gegner sein."

"Valentino hat uns im vergangenen Jahr ständig überrascht, im Guten wie im Schlechten." Davide Brivio

Frage: "Du arbeitest nun schon seit sechs Jahren mit Valentino zusammen. Kann er dich immer noch überraschen?"
Brivio: "Valentino hat uns im vergangenen Jahr ständig überrascht, im Guten wie im Schlechten. Er hat uns mit seinen Siegen und einigen sensationellen Gesten überrascht, die in jedermanns Erinnerung bleiben. Manchmal hat er uns mit Fehlern überrascht, die er hätte verhindern können. Aber die ganz große Überraschung ist seine Entschlossenheit, mit der er nach neun Weltmeisterschaften die Nummer eins in seinem Sport bleiben möchte. Der nächste Sieg ist für ihn wie der erste. Das ist die größte Überraschung."

Frage: "Würdest du irgendetwas an Valentino ändern, wenn du es könntest?"
Brivio: "Vielleicht ist es besser, wenn wir nichts anrühren und ihn so lassen, wie er ist. Er ist ein großartiger Champion und hat so viele Titel gewonnen. Es ist toll, mit ihm zusammenzuarbeiten. Er macht viel Spaß und hat großen Respekt für die Leute, mit denen er zusammenarbeitet. Vielleicht würde ich die Zeit vergrößern, die wir während der Wochenenden zusammen verbringen können, denn er ist immer so beschäftigt. Aber letzten Endes würde ich ihn einfach so lassen, wie er jetzt ist."

"Es gibt drei Hersteller mit vier starken Fahrern, also muss einer von ihnen zwei Nummer-eins-Fahrer haben." Davide Brivio

Frage: "Wir wird Valentino deiner Meinung nach den internen Wettbewerb bei Yamaha handhaben, mit Jorge und Ben Spies?"
Brivio: "Das wird für Valentino nicht so einfach. Dieser interne Wettkampf verursacht noch mehr Spannungen und mehr Stress. Ich denke, er wird dieser Situation mit noch mehr Arbeit und Fleiß begegnen. Er will seinen Nummer-eins-Status innerhalb und außerhalb Yamahas behalten. Er wird mit einer höheren Leistungsbereitschaft und mehr Eifer dieser Herausforderung begegnen."

Frage: "Valentinos Vertrag mit Yamaha endet 2010, genauso wie Jorges. Stoners und Pedrosas Verträge laufen ebenfalls am Saisonende aus. Wie stellst du dir Valentinos Zukunft und die der anderen Fahrer vor?"
Brivio: "Als erstes wird man Valentinos Entscheidung abwarten müssen, ob er 2011 weitermacht, oder nicht. Falls ja, ist es Yamahas Wunsch mit ihm weiterzumachen, denke ich. Es gibt drei Hersteller mit vier starken Fahrern, also muss einer von ihnen zwei Nummer-eins-Fahrer haben. Im Moment ist das Yamaha. Wir müssen abwarten, ob wir dieses starke Team zusammenhalten und weiterhin siegen können."

Frage: "Es wird viel über Valentino und Ferrari geredet. Welche Meinung hast du darüber - sowohl als Yamaha-Teammanager als auch als italienischer Sportler?"
Brivio: "Ich habe da einen kleinen inneren Konflikt, denn ich bin ein Yamaha-Teammanager und auch ein großer Ferrari-Fan. Ich hätte gerne zwei Valentinos: einen für Yamaha und einen für Ferrari. Natürlich hoffe ich, dass er weiter mit uns Rennen fährt und in unserem Team bleibt, denn ich liebe es, mit ihm zusammenzuarbeiten. Was die mögliche Herausforderung mit Ferrari angeht, verfügt er über ein gutes Potenzial, denke ich."

"Aber er würde wohl etwas Zeit brauchen, um zu lernen und Erfahrungen zu sammeln. Erfahrung ist etwas, das man nicht kaufen kann. Ich weiß nicht, ob die Öffentlichkeit und die Medien die Geduld aufbringen würden, um auf ihn zu warten. Als Sportler und Ferrari-Fan wäre es sehr interessant, aber ich hoffe, dass er weiter im Motorradsport bleibt und nur von Zeit zu Zeit für Ferrari testet."