• 06.07.2012 11:56

85 Jahre Abenteuer - der Sachsenring feiert Geburtstag

Der Sachsenring hat in den vergangenen 85 Jahren viel erlebt - Alex Hofmann: "Diese Region lebt Motorradsport wie keine andere"

(Motorsport-Total.com/SID) - im Blindflug über die Kuppe in Kurve elf, dann ab in den freien Fall - die steile Gegengerade ist der charakteristischste Abschnitt des Sachsenrings und gleichzeitig eine Hommage an die jungen Tage der Rennstrecke, die zu den traditionsreichsten in Deutschland gehört. In diesem Jahr feiert der Ring seinen 85. Geburtstag. Der Kurs, auf dem am Sonntag MotoGP-Pilot Stefan Bradl und Co. um Punkte in der Motorrad-WM kämpfen, hat Generationen von Weltmeistern kommen und gehen sehen, war Todesfalle und Politikum, wurde geschlossen und in neuem Gewand wiedereröffnet - und war dabei immer Publikumsmagnet.

Titel-Bild zur News:

Der Sachsenring wird bis mindestens 2016 die MotoGP ausrichten

Er wird es auch in den kommenden Jahren sein. Pünktlich zum Jubiläum ereilte die Motorrad-Fans in der vergangenen Woche die frohe Botschaft: Bis 2016 bleibt der Sachsenring Bestandteil des WM-Kalenders - in den Monaten zuvor hatte der Kurs vor dem Aus gestanden. "Den Grand Prix hier zu halten, das war ganz wichtig", bemerkt Rennfahrer-Legende Toni Mang: "Die Veranstalter haben da Großes geleistet."

Der fünfmalige Weltmeister ist selbst als Profi nie auf der Strecke nahe Hohenstein-Ernstthal gefahren, seine Beziehung zu ihr ist dennoch eine besondere. "Die Euphorie, die hier rund um das Rennen herrscht, ist einzigartig, so was gibt es nicht nochmal", stellt Mang fest. Im vergangenen Jahr erreichte die Begeisterung ihren Höhepunkt. Die Rekordzahl von 230.133 Zuschauern pilgerte am Rennwochenende zum Sachsenring - einmal im Jahr herrscht Ausnahmezustand rund um das sonst so beschauliche Hohenstein-Ernstthal.

"Was das Rennen so besonders macht, das sind die Menschen hier", sagt Mang: "Sie haben den Sachsenring zu dem gemacht, was er ist." Alex Hofmann sieht das genauso. Der frühere MotoGP-Pilot steht auch an diesem Wochenende als Sport1-Experte in der Boxengasse. "Allein wegen der Fans und der Atmosphäre hat es der Sachsenring verdient, den Großen Preis von Deutschland auch in Zukunft auszurichten - weil diese Region Motorradsport lebt wie keine andere", erklärt Hofmann.

Sie tut dies seit dem 26. Mai 1927. Die erste Ausgabe, damals noch unter dem Namen Badberg-Viereck-Rennen, lockte mehr als 140.000 Zuschauer an die Strecke, die auch durch Hohenstein-Ernstthal führte. Kopfsteinpflaster, dunkle Waldabschnitte und die charakteristischen Gefälle und Steigungen machten das Rennen zum PS-Abenteuer - und forderten über die Jahre viele Todesopfer. Seit 1937 trägt der Kurs offiziell den Namen Sachsenring.

Alex Hofmann

Alex Hofmann schwärmt von der Begeisterung der Sachsenring-Fans Zoom

Seine Blüte erlebte er erstmals ab 1961: Die Motorrad-WM gab sich die Ehre, jährlich wurde der große Preis der DDR ausgetragen. Der italienische Rekordweltmeister Giacomo Agostini feierte insgesamt elf Siege am Sachsenring, der heute 70-Jährige ist auch am Rennwochenende vor Ort, um den Geburtstag mitzufeiern. Auch Dieter Braun ist einer der Helden, die in dieser Zeit ihre Geschichte am Sachsenring schrieben. "Ich komme jedes Jahr hierher, mit den besten Gefühlen", berichtet der zweimalige Weltmeister und blickt zurück.

Es war der 11. Juli 1971. Braun, ein Schwabe, ein Westdeutscher, gewann den 250er-Grand-Prix der DDR. Bei der Siegerehrung sangen Zehntausende die westdeutsche Nationalhymne. "Das war zu Zeiten des Eisernen Vorhangs, die Menschen haben sich nach Freiheit gesehnt", erinnert sich Braun: "Sie waren dem Westen zugetan und haben diese Sympathie auf meine Person übertragen. Das war überwältigend, das hat mich emotional tief bewegt." Wenig gerührt war dagegen die politische Führung der DDR - zwei Jahre später strich sie das Rennen. Erst 1998 kehrte die WM auf die neu errichtete Strecke zurück.

Bis heute ist Braun der letzte deutsche Sieger am Sachsenring. Vor allem Sandro Cortese, WM-Zweiter in der Moto3, hat am Sonntag beste Chancen, in die großen Fußstapfen zu treten. Die Strecke, auf der er dies versucht, hat nur noch wenig mit dem alten Sachsenring zu tun. Eng und klein ist sie mittlerweile, Infrastruktur, Sicherheit und Streckenführung entsprechen den aktuellsten Ansprüchen an einen WM-Kurs. Und doch, ein bisschen Abenteuer ist immer noch dabei - vor allem auf der Gegengeraden.