• 26.10.2011 21:35

  • von Pete Fink

IndyCar-Chef: "Die schlimmste Woche meines Lebens"

Randy Bernard spricht über die hinter ihm liegende Woche - Dario Franchitti glaubt weiterhin an IndyCar-Ovalrennen

(Motorsport-Total.com) - Eine ganze Woche lang schwieg IndyCar-Chef Randy Bernard. Sein erstes Anliegen war die Sorge um die Hinterbliebenen des verunglückten Dan Wheldon - und dessen würdevoller Abschied. Unmittelbar danach berief er am Montag in Indianapolis ein dreistündiges Meeting mit fast allen IndyCar-Piloten ein und informierte gleichzeitig die Öffentlichkeit darüber, wie die Serie die Aufarbeitung des tragischen Unfalls von Las Vegas gestalten will.

Titel-Bild zur News: Randy Bernard IndyCar-Chef

IndyCar-Chef Randy Bernard auf der Trauerfeier für Dan Wheldon

Doch in dieser Woche sah sich Bernard - vor allem in den USA - auch einigen unschönen Angriffen ausgesetzt. Einige Internet-Blogger und Mainstream-Kolumnisten sahen in ihm den eigentlichen Verursacher für den Wheldon-Unfall, weil das Saisonfinale von Las Vegas angeblich zu sehr zu einer Showveranstaltung geraten sei. All dies hat natürlich Spuren hinterlassen.

"Die vergangene Woche war vermutlich die schlimmste Woche meines Lebens", sagte Bernard jetzt gegenüber der US-amerikanischen Nachrichtenagentur 'AP'. Obwohl der IndyCar-Boss dabei auch das Wort Krise in den Mund nahm, will er jedoch nichts von jeglichen Rücktrittsgedanken wissen. "Wir haben eine Krise und wir brauchen jetzt Antworten", lautet seine kämpferische und genauso eindeutige Maßgabe.

"In schwierigen Zeiten musst du extrem fokussiert sein", weiß der 45-jährige Kalifornier. "Du bist in der Führungsposition und mir ist durchaus klar, dass man nun von mir erwartet, ein entschlossener und artikulierter Anführer zu sein. In schweren Zeiten bildest du deinen Charakter, nicht in den Guten." Aufgeben oder Resignation kommt in seinem Wortschatz also nicht vor.

Viel Rückenwind für den IndyCar-Chef

Dario Franchitti

Dario Franchitti war nach dem Las-Vegas-Rennen sichtlich gezeichnet Zoom

Denn jenseits aller Anfeindungen erfährt Bernard auch eine sehr breite Unterstützung innerhalb der Motorsportszene. Also genau jenseits der schlagzeilenträchtigen US-Medienlandschaft, die sich nur dann mit den IndyCars auseinandersetzen, wenn es vermarktbare Bilder gibt. Zum Beispiel aus der NASCAR.

"Jeder ist ein Fernsehsessel-Experte, der glaubt, gute Ratschläge abgeben zu können", wetterte etwa Tony Stewart am Talladega-Wochenende. "Leider wird es eine 100prozentige Sicherheit nicht geben. Ich bin ein großer Fan der IndyCars. Das war ich immer und werde es immer bleiben. Auch sehe ich sie lieber auf einem Oval, anstatt eines Rundkurses."

Ins gleiche Horn blies auch Dario Franchitti. "Ich liebe genau die Tatsache, dass die IndyCar-Serie ein Mix aus allen Disziplinen ist", sagte der Schotte gegenüber der 'AP'. "Wenn du da den Titel holen willst, dann musst du überall stark sein. Also möchte ich, dass wir auch in Zukunft auf den Ovalen fahren. Es muss nur wesentlich sicherer werden. Aber alles an einer Person fest zu machen, das geht nicht. Der Rennsport wird nie zu 100 Prozent sicher werden."

Natürlich war Bernard daran interessiert, in Las Vegas die breite Öffentlichkeit zu gewinnen. Dies gelang ihm, wenn auch vermutlich nicht aus den gewünschten Gründen. 1,8 Millionen US-Haushalte sahen den IndyCars zu, in der Spitze waren es sogar knapp fünf Millionen. Allerdings lag dies auch daran, dass 'ABC' nach dem schrecklichen Wheldon-Unfall noch fast zwei Stunden auf Sendung blieb.

Keine vorschnellen Entscheidungen

Randy Bernard IndyCar-Chef

Randy Bernard: Erst die Analyse, dann die weiteren Schritte... Zoom

"Es ist nun einmal so: Immer wenn wir auf der Strecke sind, ist dies gefährlich", unterstreicht Bernard. "Aber wir haben niemals Überschriften nach dem Motto 'Kommt und seht euch dieses gefährliche Event an' gestrickt. Wir haben also niemals mit dem Thema Gefahr geworben. Und wenn das Rennen morgen stattfinden würde, dann würden wir das auch nicht tun."

Doch wie wird es nun weitergehen? Werden die IndyCars in der kommenden Saison mit dem neuen Auto wieder auf den schnellen 1,5 Meilenovalen fahren? "Im Nachhinein ist man immer klüger", lautet Franchittis diesbezügliche Analyse. "Aber wir sind ja schon vorher auf den 1,5 Meilenovalen gefahren." Und dies nicht nur in Las Vegas, sondern auch in Texas, Kansas, Kentucky, Homestead oder Chicagoland. Alles Strecken, die eigentlich für die NASCAR gebaut wurden.

Bernard möchte sich zu dieser Frage nicht äußern. "Zum jetzigen Zeitpunkt wäre alles vorschnell", sagt der IndyCar-Chef. "Erst möchte ich die Ergebnisse der Untersuchungen sehen." Diese findet in zwei Phasen statt: Erst wird sich ein Expertenteam der IndyCars mit den Vorfällen von Las Vegas beschäftigen, dann werden diese Resultate von unabhängigen Experten überprüft.

Dieses Prozedere wird sicherlich einige Wochen, wenn nicht Monate benötigen. Einen IndyCar-Kalender 2012 gibt es noch nicht und dürfte vermutlich auch nicht vor dem Abschluss der Untersuchungen erscheinen. Aber immerhin: "Es war immer ein Teil der IndyCars, auf Ovalen und 1,5 Meilenovalen zu fahren", weiß Bernard. Bleibt nur die Frage, unter welchen Sicherheitsaspekten. Eines ist also sicher: Die Winterpause wird mit jeder Menge Arbeit verbunden sein...