Drei Jahre mit Mark Miles: Wo IndyCar heute steht

IndyCar-Chef Mark Miles feiert ein kleines Jubiläum: Drei Jahre nach Amtsantritt ist es an der Zeit für eine erste Bilanz - Bessere TV-Zahlen, aber auch Enttäuschungen

(Motorsport-Total.com) - Zum Start der IndyCar-Saison 2016 wird die Vereinigung der beiden rivalisierenden amerikanischen Monoposto-Rennserien ChampCar und IRL bereits acht Jahre zurückliegen, mehr als die Hälfte der Zeit der unrühmlichen Teilung von 1996 bis 2007. Trotzdem kämpft IndyCar noch immer mit den Folgen und kann dem Platzhirsch NASCAR in den USA nicht das Wasser reichen. Um der Situation Herr zu werden, wurde im Dezember 2012 mit Mark Miles ein erfahrener Sportmanager eingestellt. Zeit für eine erste Bilanz.

Titel-Bild zur News: Will Power, Sebastien Bourdais

IndyCar ist auf dem Weg nach oben, aber noch lange nicht am Ziel Zoom

Miles übernahm eine IndyCar-Serie im Quotenloch. Vier Jahre beim Spartensender Versus, ein letzter "Verdienst" der alten Führung rund um Tony George, hatten ihre Spuren hinterlassen. "Ich glaube an Fakten, daher zählen für uns die Zuschauerzahlen", sagt Miles, der standesgemäß in Indianapolis lebt. "Die geringen Einschaltquoten waren ein Problem für uns, wir haben sie als regelrechte Krise angesehen", erinnert er sich.

Dass Versus in NBC aufging, war für IndyCar ein Glücksfall. Alleine in den vergangenen beiden Jahren haben die Quoten um 38 Prozent angezogen. "Wir sind noch nicht zufrieden, aber haben gezeigt, dass wir echten Fortschritt verzeichnen können", so der Kommentar von Miles, der als CEO des Unternehmens Hulman & Company nicht nur die Fäden bei IndyCar, sondern auch des Indianapolis Motor Speedway (IMS) in den Händen hält. "Ich sage aber auch nicht, dass das alles auf mich zurückzuführen ist", fügt er bescheiden hinzu.

Mit neuem Kalender zu altem Glanz

Die zweite Großbaustelle hat sich der Sportmanager, der zwischen 1990 und 2005 bereits den Tennisverband ATP für das 21. Jahrhundert fit gemacht hat, selbst geschaffen. Zur Saison 2014 präsentierte IndyCar einen radikalen neuen Kalender, der bereits im August endete. Ziel dieser Maßnahme war es, der Football-Liga (NFL) aus dem Weg zu gehen. Doch die Entscheidung fand nicht nur Anhänger: Beinahe sieben Monate Winterpause sind vielen Fans zu viel. "Wenn ich wieder von vorne anfangen müsste, würde ich das nicht mehr machen", gibt er zu.

Juan Pablo Montoya

Die Rückkehr von Juan Pablo Montoya brachte IndyCar einen Popularitätsschub Zoom

"Ich hätte die Saison nicht gekürzt, wenn wir nicht früher hätten beginnen können", so Mark Miles weiter. Ursprüngliche Pläne sahen vor, eine Winterserie auf der Südhalbkugel zu veranstalten. Als diese sich nicht materialisierte, sollte die Saison 2015 zumindest in Brasilien starten, doch das Rennen, das auf Anfang März terminiert war, wurde von der lokalen Regierung wegen zu hoher Kosten abgesagt. 2016 geht es Anfang März los und die Saison endet erst im September, womit sie fünf Wochen länger andauert. Miles würde lieber noch früher anfangen. "Früh zu fahren ist besser als später. Aber wir brauchen einen Kalender, der Sinn ergibt."

Und hier wurde kaum ein Stein auf dem anderen gelassen: Erst führte IndyCar ab 2014 ein zweites Rennen in Indianapolis ein, zur Saison 2016 trennt man sich von gleich von vier Events (Milwaukee, Fontana, Houston und New Orleans). Dafür kehren mit dem Phoenix-Oval und Road America zwei Klassiker zurück, die IndyCar dabei helfen sollen, wieder an glorreiche Zeiten anzuknüpfen. Der IndyCar-Chef hofft, dass dies die letzte große Terminumwälzung war: "Ich hoffe, wir können jetzt etwas mehr Stabilität hineinbringen."

"Wir sind noch nicht zufrieden, aber haben gezeigt, dass wir echten Fortschritt verzeichnen können." Mark Miles

Problemfall Aerokits: Frust statt Lust

Eine klare Enttäuschung verbuchte Miles bei der Einführung der Aerokits zur Saison 2015, für die er sich stark eingesetzt hat, um den Autos wieder unterschiedliches Aussehen zu verleihen. Optische Unterschiede zwischen den Honda- und Chevrolet-Boliden sind jedoch nur für Kenner sichtbar. "Ich hatte gehofft, es würde zu einer kompletten Innovation führen, was leider nicht der Fall gewesen ist", gesteht Mark Miles ein.

Stattdessen gaben die Kits Anstoß zu viel Ärger: Beim Saisonauftakt in St. Petersburg erwischte ein Trümmerteil einen Zuschauer, in Indianapolis neigten Chevrolet-Boliden zum Abheben bei Unfällen. Honda hatte zu Saisonbeginn einen klaren Nachteil, schloss aber während der Saison immer weiter auf, auch weil Chevrolet seine Kits wegen jener Vorfälle immer wieder modifizieren musste.

Gabby Chaves

Spektakulär wie eh und je: Am sportlichen Wert fehlt es IndyCar nicht Zoom

Aktuell arbeitet IndyCar mit den beiden Herstellern an Lösungen für 2016, noch sind keine Details an die Öffentlichkeit gedrungen. Schon zeigt sich der nächste Scheideweg: Soll man die Entwicklung im Sinne des Wettbewerbs freigeben oder ein Balancing für bessere Action einführen? Die Baustellen der IndyCar Series sind also weiterhin nicht gelöst - acht Jahre nach der Wiedervereinigung.