• 28.05.2014 11:23

  • von Mario Fritzsche & Roman Wittemeier

Streit um neues GT-Regelwerk: Porsche bezieht Stellung

Können sich die Hersteller doch noch auf ein einheitliches Reglement für GTE- und GT3-Fahrzeuge einigen? Porsche-Motorsportchef Kristen erklärt die Knackpunkte

(Motorsport-Total.com) - Die Pläne, die im internationalen Langstreckensport anzutreffenden GT-Kategorien GTE und GT3 mittels eines einheitlichen Reglements zusammenzulegen, sind vorerst gescheitert. Zwar sind sich die an den diesbezüglichen Gesprächen beteiligten Hersteller bei Grundfragen wie etwa dem Chassis einig. An der Motorenfrage aber scheiden sich die Geister.

Titel-Bild zur News: Hartmut Kristen

Porsche-Motorsportchef Hartmut Kristen hofft auf eine verspätete Einigung Zoom

Der Großteil der in der GTE-Kategorie engagierten Hersteller will auch im Falle einer Zusammenlegung an hochgezüchteten Rennmotoren festhalten. Befürworter der GT3-Kategorie hingegen sprechen sich für seriennahe Triebwerke aus. Muss man die Pläne für die Zusammenführung von GTE- und GT3-Kategorie nun als gescheitert betrachten?

"Das hängt wie immer in solchen Situationen davon ab, ob die Beteiligten bereit sind, sinnvolle Kompromisse im Interesse der Sache zu schließen oder nur ihre eigenen Interessen verfolgen", meint Porsche-Motorsportchef Hartmut Kristen im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com' und führt an: "Letztendlich reden wir bei einem Teil der an diesem Prozess Beteiligten über große getätigte und in der Zukunft zu tätigende Investitionen. Entsprechend sollte die Mitsprache möglich sein."

"Von Anfang an nicht wirklich ein gemeinsames Ziel"

Eine Einigung gestaltet sich dennoch schwierig. Kristen erklärt, warum: "Man hatte von Anfang an nicht wirklich ein gemeinsames Ziel. Es bestand zunächst die Hoffnung, dass im Sinne der Neuordnung des internationalen GT-Rennsports mit einem weißen Blatt Papier begonnen werden kann. Es wurde jedoch schnell deutlich, dass unter anderem aufgrund der weltweiten Verbreitung der aktuellen GT3- und GTE-Fahrzeuge keine fundamentale Neuausrichtung angestrebt wird."

Jörg Bergmeister, Patrick Pilet

Porsche engagiert sich mit eigenem Werksteam in der GTE-Pro-Klasse der WEC Zoom

Bei der GTE-Kategorie, wie sie in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) sowie in deren Unterserien zu finden ist, stehen laut Kristen "klare technische Parameter" wie Restriktordurchmesser (in Abhängigkeit von Hubraum), Radbreite, Flügelgröße und andere im Mittelpunkt. "Diese Elemente wurden zu einem homologierten Straßenfahrzeug hinzugefügt. Das Ergebnis war ein Rennfahrzeug mit einem bestimmten Leistungspotenzial", so der Porsche-Motorsportchef.

Auf der anderen Seite sah die Idee der GT3-Kategorie schon bei ihrer Einführung im Jahr 2006 vor, "bestehende GT-Rennfahrzeuge, die nicht in bestehende Klassen passten, aber in großer Stückzahl vorhanden waren unter möglichst freien Regeln zusammenzuführen und dadurch auch neue Mitstreiter in den GT-Sport zu locken", wie Kristen erinnert.

GT3-Autos können GTE-Autos distanzieren

Ein Beispiel für ein solches Fahrzeug ist der Porsche 911 GT3 Cup. "Die erste GT3-Europameisterschaft konnte mit einem originalen 911 GT3 Cup gewonnen werden, der zirka 160.000 Euro kostete", rechnet der Leiter des Motorsportprogramms bei Porsche vor und stellt damit den Anspruch der GT3-Kategorie heraus, "eindeutig auf Privatteams und Amateure, nicht aber auf Werksengagements" ausgerichtet zu sein.

Timo Bernhard

Der Porsche 911 GT3 Cup verkörpert die GT3-Kategorie wie kaum ein anderes Auto Zoom

"Danach setzte eine unkontrollierte Performance-Eskalation ein, die zu Fahrzeugen geführt hat, die heute bei Preisen um 400.000 Euro liegen", fährt Kristen fort und gibt zu bedenken: "Diese Fahrzeuge können heute schnellere Rundenzeiten fahren als GTE-Fahrzeuge. Nicht weil es die besseren Rennautos sind, sondern weil GTE-Autos über Reglementparameter und BoP (Balance of Performance; Anm. d. Red.) in ihren Fahrleistungen so begrenzt sind, dass sie in eine existierende Klassenstruktur passen."

Die Folge: Ein mit weniger Restriktionen belegtes und weniger gut kontrollierbares GT3-Fahrzeug ist in der Lage, ein stärker reglementiertes, besser kontrollierbares GTE-Fahrzeug zu distanzieren. "Dass Fahrzeughersteller, die seit Jahren ACO, WEC und USCC (früher ALMS beziehungsweise Grand-Am; Anm. d. Red.) mittragen, dieses Szenario nicht gerade begeistert aufnehmen, sollte einleuchten", so Kristen.

Kristen hofft auf späte Einigung

Wie stellt man sich also bei Porsche die Zukunft des GT-Sports vor? "Grundsätzlich haben wir in den Gesprächen darauf hingewiesen, dass die Entwicklung der Fahrzeug-Performance beziehungsweise der Art, wie diese Performance erreicht wird, aus unserer Sicht nicht zu den Anforderungen der aktuellen (Serien-)Fahrzeugentwicklung passt. Serienfahrzeuge müssen immer effizienter und trotzdem leistungsfähiger werden", betont Kristen.

"Es gibt in diesem Prozess nur Win-Win oder nur Verlierer." Porsche-Motorsportchef Hartmut Kristen

Im Juni sollen die bisher ohne Einigung verlaufenen Gespräche fortgesetzt werden. "Bis dahin haben sich hoffentlich die Emotionen wieder gelegt und es kann auf Basis von Fakten doch ein gemeinsamer Nenner gefunden werden", hofft der Porsche-Motorsportchef und ist überzeugt: "Es gibt in diesem Prozess nur Win-Win oder nur Verlierer."