• 22.03.2017 10:32

  • von Roman Wittemeier

Le Mans 1990: Mark Blundells Ritt auf der Nissan-Rakete

Ein Fehler im Nissan-V8-Turbo bescherte Mark Blundell im Qualifying zu den 24 Stunden von Le Mans 1990 ein unvergessliches Erlebnis: Mega-Vorsprung!

(Motorsport-Total.com) - Der Motorsport bezieht seine Faszination oftmals aus den Überraschungen auf den Strecken. Teils können negative Ereignisse besondere Ergebnisse bringen. Der neue DTM-Boss Gerhard Berger hatte ein solches Erlebnis 1986 in Monza, als der BMW-Turbo im Heck seines Benetton bei maximalem Ladedruck hängen blieb. Pipo Derani erging es am vergangenen Wochenende im Nissan-DPi in Sebring genauso. Den wildesten Ritt dieser Art erlebte allerdings Mark Blundell im Jahr 1990.

Titel-Bild zur News: Mark Blundell (Nissan) in Le Mans 1990

Mark Blundell erinnert sich belustigt an die Raketen-Runde in Le Mans 1990 Zoom

Der damals gerade einmal 24 Jahre alte Brite war nach dem Ende seiner Formel-3000-Karriere zu Nissan gewechselt, um sich in jenem Jahr auf das Engagement der Japaner bei den 24 Stunden von Le Mans zu konzentrieren. Im Qualifing gelang Blundell etwas, das niemand dem damals äußerst fragilen Nissan R90CK zugetraut hätte: Pole-Position mit sechs Sekunden (!) Vorsprung vor dem zweitplatzierten Brun-Porsche 962C.

"An diese Runde werde ich mich mein Leben lang erinnern. Das steht fest", sagt der heutige TV-Formel-1-Experte rückblickend. Nissan war damals mit fünf Werksautos und zwei weiteren Fahrzeugen in Privathand in den Kampf gegen die Konkurrenz von Jaguar, Porsche und Toyota gezogen. Man hatte immer wieder Probleme mit der Standfestigkeit, die Performance war auf einem Niveau mit den Mitwerbern. Eines der Schwesterautos hatte eine Richtzeit gesetzt: 3:33.170 Minuten.

Instinkte retten Blundell über eine schnelle Runde

"Die gesamte Le-Mans-Woche vor meiner Qualirunde war einfach nur frustrierend gewesen. Julian Bailey und ich haben per Münzwurf entschieden, wer das Qualifying fährt und wer den Start. Die Entscheidung sah so aus, dass ich die schnelle Runde machen sollte", erzählt der Brite. Als Blundell von seiner Attacke zurückkehrte, stand auf den Zeitenmonitoren plötzliche die sagenhafte Marke von 3:27.020 Minuten. Wie war das möglich?

"In Le Mans gibt es in den Trainings immer diesen goldenen Moment, wo es zwar noch einen Rest Tageslicht gibt, aber die Luft schon wunderbar abgekühlt ist. Ich bin im genau richtigen Moment rausgefahren und dann ging es los. Ich flog dermaßen auf die Kurven zu, dass ich nur noch über meine Instinkte heil über die gut 13 Kilometer kam. Es ging alles so unglaublich schnell", schmunzelt Blundell, der sich während der fliegenden Runde sicher war, dass "irgendwann ein Crash" passieren würde.

Das Nissan-Aggregat im Heck des Autos mit der Startnummer 24 hatte einen Defekt, der den Wagen zu einer wahren Rakete machte. Ein Fehler am Wastegate des Turbos sorgte dafür, dass der Ladedruck in ungeahnte Höhen schoss. Der ansonsten knapp 800 PS starke Motor produzierte plötzlich 1.080 Pferdestärken. "Das Boost-Problem hatten wir schon zuvor immer wieder gehabt, aber nie in diesem Ausmaß."


Die Runde in der Nissan-Rakete

"Als während der Aufwärmrunde klar wurde, was mit dem Aggregat los ist, rief man mich sofort zur Box", sagt Blundell, der allerdings die Chance des Moments erahnte und prompt ergriff. "Ich war ein junger, vielleicht damals noch etwas naiver Werksfahrer. Der Frust der vorherigen Tage kam hoch und ich machte es auf die alte, bewährte Art. Ich habe den Funk einfach ausgestöpselt und mir gedacht: 'Leckt mich doch, ich kann euch einfach nicht hören.'"

Es hätte noch drei Sekunden schneller sein können...

"Aus der letzten Schikane heraus auf die Start-Ziel-Geraden habe ich erstmals so richtig auf das rechte Pedal getreten. Es war Wahnsinn. Die Räder drehten auf dem Weg zur Dunlop-Schikane bis zum vierten Gang durch! Die Schikane habe ich gerade so bekommen, es war richtig wild", so der Brite. "Aus Fahrersicht war das alles extrem spannend. Es ging die ganze Zeit ins Ungewisse. Das Handling des Autos war damals wirklich nicht das beste. Und dann entwickelt sich plötzlich daraus eine Rakete."

Auf der Hunaudieres-Geraden, die im Jahr 1990 erstmals von den neuen Schikanen in drei Abschnitte geteilt wurde, erreichte der Nissan einen unglaublichen Topspeed von 383 km/h. Blundell rettete sich mit viel Geschick und reichlich Arbeit am Lenkrad über die Runde. "Als ich in die Boxengasse kam, gab es einerseits Jubel über die Fabelzeit und die Pole, aber bei einigen Japanern von Nissan auch recht böse Gesichtsausdrücke", lacht er.

Mark Blundell (Nissan)

"Will To Win" stand auf dem Helm des damals 24-jährigen Mark Blundell Zoom

Die Japaner fluchten über den glühenden Motor, der Brite analysierte seine Fabelrunde. "Wir hatten entschieden, dass wir die Qualirunde auf normalen Rennreifen fahren und nicht auf den speziellen Pneus für das Qualifying. Wir hatten nämlich null Erfahrung mit den weichen Qualireifen", so Blundell. "Es waren auch kleine Fehler drin, in den Porsche-Kurven gab es etwas Verkehr. So gesehen hätte die Runde also mindestens zwei oder drei Sekunden schneller sein können!"

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