• 21.05.2024 08:13

Drei Lkw, 30 Tonnen Material: Logistik-Herausforderung 24h Nürburgring

Das 24-Stunden-Rennen am Nürburgring ist für die großen Teams eine logistische Meisterleistung: Rowe gibt Einblicke in die Vorbereitung und den Renneinsatz

(Motorsport-Total.com) - Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring ist nicht nur am Rennwochenende selbst eine große Herausforderung für alle Beteiligten, sondern auch in den Wochen und Monaten davor. Denn der Einsatz auf der Nordschleife muss bis ins Detail plant, Rennfahrzeuge vorbereitet und Strategien erarbeitet werden.

Titel-Bild zur News: Rowe-BMW

Der Einsatz der beiden BMW ist für Rowe ein logistischer Kraftakt Zoom

"Die Vorbereitungen beginnen in der Regel schon zwölf Monate vorher, und selbst das ist fast schon zu wenig", verrät Teamchef Hans-Peter Naundorf, Teamchef von Rowe, die auch in diesem Jahr wieder zwei werksunterstützte BMW M4 GT3 einsetzen. "Wir schauen uns schon während des Rennens genau an, was wir eventuell falsch gemacht haben, was fehlt und was wir ändern können oder müssen", erklärt Naundorf.

"In den ersten Wochen nach dem Rennen wird dann bei uns im Haus eine umfassende Analyse erstellt, was gut und was nicht so gut gelaufen ist - organisatorisch, technisch, personell, strategisch, politisch und sportrechtlich", so der Teamchef. Aus dieser Analyse und einer abschließenden Diskussion entsteht dann eine To-Do-Liste für das nächste Rennen.

Bereits im September und Oktober beginnen die Gespräche mit den Partnern Rowe und der Motorsportabteilung von BMW, aber auch mit den Zulieferern, etwa für die Reifen oder die Funkausrüstung. Dabei wird der Zeitrahmen für mögliche Modifikationen festgelegt, zum Beispiel an Motor, Antrieb, Fahrwerk, Elektronik oder Sensorik. Zwischen Oktober und Dezember wird mit BMW geklärt, welche Werksfahrer für die Einsätze zur Verfügung stehen.

Sobald die Fahrer feststehen, beginnen in der Regel im Februar die strategischen Überlegungen, wie sie auf die beiden Fahrzeuge verteilt werden und welche spezifischen Aufgaben sie übernehmen sollen. Für jede Fahrerbesatzung wird zudem ein Kapitän bestimmt, der als Hauptansprechpartner für die Ingenieure fungiert.


Fotostrecke: 24h Nürburgring 2024: Die Teilnehmer des Top-Qualifyings

In den Wochen vor den ersten Vorbereitungsrennen entstehen die Pläne, wie die neuen Reifen getestet und eingesetzt werden, in welcher Reihenfolge und in welchen Situationen die Fahrer am besten zum Einsatz kommen. "Jeder Fahrer hat seine eigenen Stärken, die wir bestmöglich nutzen wollen", erklärt Naundorf.

Drei LKW und 25 bis 30 Tonnen Material

Während Rowe für den Nürburgring vor allem entscheidet, welche Öle und Schmierstoffe zum Einsatz kommen, beginnt im Februar auch die Planung, welche Gäste von den Partnern erwartet werden, welche Veranstaltungen parallel zum Rennen stattfinden oder ob Fahrzeuge vor Ort ausgestellt werden.

Nach den ersten Vorbereitungen wird im April das Arbeitslayout für die 24h Nürburgring erstellt. "Dabei geht es darum, wie die Zelte im Fahrerlager aufgebaut werden, ob es Änderungen zum Vorjahr gibt, wie voll die Boxen sein werden und ob weitere Ausweichflächen benötigt werden. Für ein 24-Stunden-Rennen nehmen wir auch immer eine eigene Wuchtmaschine und eine Reifenmontiermaschine mit, um flexibler reagieren zu können und unsere Qualitätskontrolle zu optimieren", sagt der Teamchef.

Rowe-BMW

Mit drei Lkw werden Autos und Material zum Nürburgring gebracht Zoom

Insgesamt reist das Rowe-Team daher mit drei statt der sonst üblichen zwei großen Trucks zum "Eifel-Marathon", die 25 bis 30 Tonnen Material transportieren. Hinzu kommt ein weiteres Auto mit Anhänger, das auch während des Rennwochenendes eingesetzt werden kann, um ein auf der Nordschleife liegengebliebenes Fahrzeug selbst zu bergen oder gegebenenfalls ein beschädigtes Fahrzeug zur Reparatur zu bringen.

Derzeit befindet sich das Team in der heißen Phase der Vorbereitung auf den Nürburgring. Nachdem die Einsatzfahrzeuge nach ihrem letzten Einsatz komplett zerlegt und zahlreiche Komponenten erneuert wurden, folgte ein Roll-out auf einem Flughafen, nach dem die beiden BMW M4 GT3 noch einmal komplett durchgecheckt wurden.

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In der letzten Woche vor dem Rennen werden ab Mittwoch die Trucks beladen. "In der Regel sind wir Freitagmittag damit fertig, dann kann sich das ganze Team noch einmal ein Wochenende erholen", sagt Naundorf.

Am Montag vor dem Rennen geht es dann an die Rennstrecke, am Dienstag wird vor Ort aufgebaut, am Mittwoch reisen die Fahrer und der Teamchef an, der das gesamte Team auf das Rennwochenende einstimmt. Insgesamt besteht das Team aus 65 internen und externen Personen, hinzu kommen Mitarbeiter für Marketing, Pressearbeit und Catering.

Rowe-Teamchef Hans-Peter Naundorf

Bei Rowe-Teamchef Hans-Peter Naundorf laufen alle Fäden zusammen Zoom

"Der erste Tag der Veranstaltung ist für alle schon Hardcore, da muss man gut durchkommen", erklärt der Teamchef mit Blick auf den Donnerstag mit dem ersten Qualifying und dem Nacht-Qualifying, in dem sich möglicherweise ein oder beide Fahrzeuge für das wichtige Top-Qualifying qualifizieren müssen.

"Da ist die Anspannung schon groß, und für den einen oder anderen Fahrer ist es auch der einzige Tag, an dem er vor dem eigentlichen Rennen im Auto sitzt", sagt Naundorf. Die Pause kann dann schon mal von Donnerstagabend bis Samstagabend dauern. In dieser Zeit feilen der Teamchef, zwei BMW-Ingenieure, die beiden Renningenieure, der Performance-Ingenieur sowie Material-, Werkstatt- und Fahrzeugchef an der Strategie.

Unterschiedliche Ansätze auf dem Nürburgring und in Spa

Auch wenn die 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring und in Spa auf den ersten Blick viele Gemeinsamkeiten haben, so sind die Strategien doch sehr unterschiedlich, wie Naundorf erklärt: "Die 24 Stunden auf dem Nürburgring sind das härteste Rennen der Welt, weil jede Sekunde, die man auf der Strecke verliert, bis zum Ende zählt, denn dieses Rennen wird im Gegensatz zu allen anderen auf der Welt nie neutralisiert."

"Deshalb geht es vor allem darum, keine Fehler zu machen und von Anfang bis Ende einen perfekten Job zu machen. Hinzu kommt die Unberechenbarkeit dieser einzigartigen Strecke. Da kann man noch so gut aussortiert sein, Zufall und Pech können einen immer wieder zurückwerfen, und dann ist es sehr schwer, wieder nach vorne zu kommen."

Rowe-BMW

Rowe setzt am Nürburgring zwei BMW M4 GT3 mit Werksfahrern ein Zoom

Vier Wochen später in Spa, wo am 21. und 22. Mai noch zwei offizielle Testtage auf dem Programm stehen, ist der Charakter ganz anders. Zum einen sind dort alle teilnehmenden Fahrzeuge auf einem vergleichbaren Leistungsniveau, zum anderen gibt es beim Saisonhöhepunkt der GT-World-Challenge-Europe immer wieder Full-Course-Yellow-Phasen und Safety-Car-Einsätze, die mögliche Abstände zwischen den Teilnehmern immer wieder schmelzen lassen.

"Deshalb taktiert man in Spa anders, versucht sich zunächst aus Problemen herauszuhalten, keine Fehler zu machen und unter allen Umständen in der Führungsrunde zu bleiben. Erst später im Rennen versucht man, Positionen gutzumachen und nach vorne zu kommen", so Naundorf.

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