Rennwochenende in Macao (China)
Willkommen in Macao, einem der verrücktesten Rennplätze der Welt! In den Straßen der schillernden Spielerstadt wird bereits seit 2005 das große Saisonfinale der WTCC ausgetragen. Auch 2014 stellt der legendäre Guia Circuit die Kulisse für das Finale dar. Und für Fahrer und Teammitglieder die beste Gelegenheit, um ihr Glück auch abseits der Rennstrecke zu testen - in einem der vielen Kasinos.
Chinesen, denen auf dem Festland das Glücksspiel per Gesetz untersagt ist, und Besucher aus aller Welt strömen alljährlich in Massen nach Macao, um dort zu zocken. Das ist den US-amerikanischen Kasino- und Hotel-Konzernen aus Las Vegas nicht entgangen: Seit knapp zehn Jahren entstehen in Macao immer mehr Glücksspiel- und Vergnügungsbauten, die sogar ihre Vorbilder aus Las Vegas übertreffen. Kein Wunder: Macao macht schon längst mehr Umsatz als das US-amerikanische Pendant...
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten: Hinter den vielen Leuchtreklamen verbirgt sich eine nicht so schillernde Realität. Viele Macanesen wohnen nämlich in recht beengten und weniger prunkvollen Behausungen. Und Macao ist voll von solchen Gegensätzen: riesige Kasinos und pompöse Hotels auf der einen Straßenseite, heruntergekommene Mietskasernen und kleine Krämerläden auf der anderen.
Und mittendrin in dieser Stadt wird einmal pro Jahr ein Rennwochenende abgehalten. Im von der Klimaanlage auf unter 20 Grad Celsius heruntergekühlten Pressezentrum der eigens für den Grand Prix gebauten Boxenanlage ist auch ein Platz für Motorsport-Total.com-Redakteur Stefan Ziegler reserviert. Er berichtet in Macao von der WTCC, der Formel 3 und auch vom Motorrad-Rennen.
Apropos: Die Motorrad-Fahrer sind morgens die Ersten, die auf die 6,1 Kilometer lange Strecke gehen. Das tun diese Profis natürlich freiwillig. Sie suchen die Gefahr regelrecht. Und für einen Zweirad-Piloten ist diese auf dem vielleicht schwierigsten Stadtkurs der Welt omnipräsent. Kein Rennwochenende ohne schweren Unfall. 2012 verunglückte Luis Carreira im Training sogar tödlich.
Die unbestrittenen Könige von Macao sind allerdings die Formel-3-Piloten, die dort ihre inoffiziellen Weltmeisterschaften austragen. Wer den Formel-3-Grand-Prix gewinnt, der trägt sich in eine Siegerliste voller prominenter Namen ein. 1990 ging in Macao zum Beispiel der Stern eines jungen Michael Schumachers auf...
Weniger hell - das Blitzlicht des Fotos täuscht - ist es dagegen in den "Katakomben" des Guia Circuits. Dort sind die Fahrzeuge der Rahmenserien untergebracht. "Unter Tage" arbeiten die Crews an den Autos, die nur für Trainings und Rennen ans Tageslicht geholt werden. Eine urige Atmosphäre!
Und manchmal ist in Macao auch alles ganz schnell vorbei: Kaum eine Trainingseinheit vergeht, ohne dass die Streckenposten nicht mindestens einmal die rote Flagge zeigen müssen. Der Guia Circuit verzeiht eben keine Fehler. Und Auslaufzonen gibt es nicht...
Dieser Mechaniker von Bamboo Engineering freut sich offenbar sehr über die "Bescherung", die ihm da zuteil wird. In Macao haben die Teams aber immer sehr viele Ersatzteile dabei - und zwischen Qualifikation und Rennen sogar einen ganzen Tag Zeit, um mögliche Schäden zu reparieren.
"Rien ne va plus", heißt es dann aber am Samstagabend. Ein letztes Mal wird es Nacht im Fahrerlager des Guia Circuits - vor dem großen Renntag, an dem es für manche Fahrer um alles geht. Die Spannung ist greifbar, wenn die Spielerstadt allmählich zum Leben erwacht und die Rennfahrer eine letzte Mütze voll Schlaf zu erwischen suchen.
Am Sonntagmorgen: Andre Couto, der mit macanesischer Lizenz als Gastfahrer antritt, hat wieder einmal seine Star-Wars-Krieger um sich geschart. Damit schürt Couto jedes Jahr die Werbetrommeln für Knochenmark-Spenden. Aus gutem Grund: Sein Sohn Afonso starb 2010 im Alter von nur sieben Jahren an den Folgen einer Leukämie-Erkrankung.
Darstellungsformen der ganz anderen Art finden sich nur wenige Meter weiter. James Bond würde sagen: "Ein hübsches Nichts, das sie da beinahe anhat." Und sie ist bei Weitem nicht die Einzige, die im Fahrerlager von Macao richtig viel Haut zeigt. Sehr zur Freude der Fotografen...
Es geht aber auch anders, wie dieses Foto beweist. Macao ist eben vielfältig, auch abseits der Rennstrecke.
Und wer fährt 2014 in Macao von der Pole-Position los? Das hier ist jedenfalls die Aussicht, die sich dem betreffenden Fahrer dann bieten würde. Es ist der wohl begehrteste erste Startplatz der gesamten WTCC-Saison.
Die Rennen in Macao sind schließlich bekannt dafür, dass es in der ersten engen Kurve mehr Autos als Platz gibt. Stau - wie hier in der ersten Rennrunde - ist in Macao aber auch im normalen Straßenverkehr keine Seltenheit.
Und in der WTCC ist man Lackschäden ohnehin gewohnt. Es gibt nichts, was eine Portion Klebeband in der kurzen Reparaturpause nicht wieder richten könnte. Natürlich in der entsprechenden Farbe...
Inzwischen irgendwo im Grand-Prix-Gebäude: Was glauben Sie wohl, lagert hier so ganz beiläufig im Treppenhaus? Richtig! Die Lorbeerkränze für die drei bestplatzierten Piloten eines Rennens. Eine Tradition, die zugunsten von Sponsorenlogos und deren Sichtbarkeit fast vollständig aus dem Motorsport verschwunden ist, ist in Macao nämlich noch sehr lebendig.
Partystimmung herrscht meist am Sonntagabend nach den Rennen. Dann feiern Fahrer und Teams ihre Erfolge, wie hier Chevrolet den dritten WM-Titelgewinn in Folge. Dieses Jahr darf Citroen zur großen Fete einladen. Doch zuvor steht noch ein verbindlicher Termin an.
Und man spart nicht an Pokalen: Rechts ist die Siegertrophäe für den ersten Platz im WTCC-Rennen zu sehen, links der WM-Pokal für den neuen Tourenwagen-Weltmeister. Sind diese Auszeichnungen übergeben, endet der offizielle Teil des Abends. Fortsetzung folgt - im Kasino oder der Bar Ihrer Wahl...
Das Ende vom Lied ist der Morgen danach. Wie gut, dass das Hotel darauf vorbereitet ist und jedem Gast einen kleinen "Erste-Hilfe-Beutel" ins Zimmer legt. Es ist zugleich ein Abschiedsgruß: Denn am Montag ist der ganze Spuk schon wieder vorbei...
Rennwochenende in Macao (China)