WRC Akropolis-Rallye 2024: Tänak führt, Turbo-Desaster für Toyota
Die Akropolis-Rallye erlebt einen turbulenten Freitag, an dem von den WM-Anwärtern nur Ott Tänak problemlos durchkommt - Generelles Problem bei Toyota?
(Motorsport-Total.com) - Die Akropolis-Rallye, zehnter Lauf zur Rallye-Weltmeisterschaft (WRC) 2024, wurde einmal mehr ihrem legendären Ruf gerecht: Mit Thierry Neuville (Hyundai; 3.), Sébastien Ogier (Toyota; 4.) und Elfyn Evans (Toyota; 14.) wurden gleich drei Titelanwärter von technischen Problemen heimgesucht. Nach sechs Wertungsprüfungen führt Ott Tänak (Hyundai) die Rallye an. (Zwischenstand)
© Austral / Hyundai Motorsport
Ott Tänak kam als einziger WM-Anwärter ohne Probleme durch den Eröffnungstag Zoom
Die Akropolis-Rallye gilt in diesem Jahr als besonders hart und hat bereits den Beinamen "europäische Safari-Rallye" erhalten. Grund dafür war unter anderem die enorme Hitze- und Dürrewelle, die Südosteuropa in diesem Sommer fest im Griff hatte - ganz im Gegensatz zum Vorjahr, als wegen des Sturmtiefs Daniel sogar der Shakedown abgesagt werden musste.
Die Schotterpisten konnten in der brütenden Hitze kaum präpariert werden. Toyota-Teamchef Jari-Matti Latvala verglich die Bedingungen vor der Rallye mit jenen von 2009, als sogar Sebastien Loeb aufgeben musste. Auch Ogier meinte vor dem Start gegenüber Motorsport.com Global: "Ich denke, es ist [schlimmer als Kenia], weil überall Steine herumliegen und man nichts machen kann."
"Man kann sich keine Strategie ausdenken, um sie zu vermeiden. Man kann ihnen einfach nicht ausweichen. In Kenia konnte man das Risiko wenigstens mit der Linienwahl steuern, hier liegen die Steine einfach überall herum und man ist völlig machtlos. Auf der Recce bin ich stellenweise sogar stehen geblieben und hatte keinen Plan, wo ich überhaupt fahren sollte."
Hinzu kamen weitere Probleme durch den fehlenden Wind, der die Staubfahnen nicht abziehen ließ. Ab der dritten Prüfung des Tages wurden deshalb die Intervalle zwischen den Fahrzeugen von drei auf vier Minuten verlängert.
Evans eröffnet Toyota-Desaster auf erster Prüfung
Schon auf der ersten Prüfung nahm das Drama seinen Lauf: Evans erlitt einen Reifenschaden und verlor zwei Minuten. Doch das war erst der Anfang seiner Probleme, denn noch auf derselben Prüfung verlor sein Toyota Yaris Rally1 plötzlich an Leistung. Auch die zweite und dritte Prüfung musste er mit defektem Turbolader bestreiten und verlor dabei fast zehn Minuten.
Die erste Wertungsprüfung musste abgebrochen werden, nachdem WRC2-Pilot Pierre-Louis Loubet gegen einen Baum geprallt war und sein Fahrzeug Feuer gefangen hatte. Der Franzose und Beifahrer Loris Pascaud überstanden den Unfall unverletzt.
Probleme hatte auch Thierry Neuville, dessen Hyundai i20 Rallye1 zeitweise nur auf drei Zylindern lief. Er konnte den Zeitverlust aber in Grenzen halten und liegt als Dritter in aussichtsreicher Position.
So sah zunächst alles nach einer Show von Sebastien Ogier aus, der auf der ersten Schleife klar die Führung übernahm. Sein schärfster Verfolger war Adrien Fourmaux (M-Sport-Ford; DNF), der ihm dicht auf den Fersen war.
Auch Ogiers Turbo macht schlapp
Doch der Ford-Pilot war das nächste Opfer: Auf der vierten Wertungsprüfung fuhr er sich an einem Stein die Lenkung kaputt. Eine Reparatur scheiterte an zu fest angezogenen Radträgerbolzen, die Fourmaux mit dem vorhandenen Werkzeug nicht lösen konnte. Er konnte es nicht fassen: "Wir haben alle nötigen Teile dabei, aber ich kriege die Bolzen nicht raus!"
Aber auch Ogier konnte seinen Vorsprung nicht halten. Auf der fünften Wertungsprüfung des Tages wurde der achtmalige Weltmeister plötzlich langsam - und hatte die 23,37 Kilometer lange Schlussetappe des Tages noch vor sich.
"Nichts zu machen, der Turbo ist kaputt", meldete er am Ende der sechsten Prüfung. Insgesamt verlor er mehr als zwei Minuten und liegt im Gesamtklassement immer noch auf Platz vier. Viel schlimmer aber ist die Tatsache, dass damit zwei Yaris mit möglicherweise dem gleichen Problem zu kämpfen hatten, was ein generelles Toyota-Problem bei dieser Rallye möglich erscheinen lässt.
Der dritte Toyota überstand den Freitag nicht - Takamoto Katsuta riss sich auf der dritten Prüfung ein Rad ab und musste den Tag abschreiben. Damit endete ein katastrophaler Freitag für Toyota - mit der unangenehmen Frage, ob die Turboprobleme auch an den beiden folgenden Tagen wieder auftreten könnten.
Dreifachführung für Hyundai
So führt nach dem ersten Tag Ott Tänak mit 21,8 Sekunden Vorsprung auf Daniel Sordo (Hyundai; 2.), der ebenfalls ohne Probleme durch den Tag kam. Der drittplatzierte Neuville hat 45 Sekunden Rückstand auf Tänak, Ogier liegt fast zweieinhalb Minuten dahinter.
Bei einer normalen Rallye wären damit alle Chancen auf den Sieg dahin, doch Griechenland erweist sich als so brutal, dass noch alles möglich scheint. Die größte Sorge dürfte aber vorerst das Turboproblem sein.
Toyota Gazoo Racing veröffentlichte am Freitagabend ein Statement: "Es scheint, dass Seb ein Problem mit dem Ladedruck des Turboladers hat. Heute Vormittag zeigte Elfyns Auto die gleichen Symptome. Bei Elfyn kennen wir das Grundproblem, bei Seb vermuten wir einen ähnlichen Grund, aber das können wir erst mit Sicherheit sagen, wenn die Autos zurück sind".
"Es ist eine große Enttäuschung, nachdem wir in Finnland ein schnelles Auto hatten, aber kein Kapital daraus schlagen konnten. Hier ist es genauso. Im Moment ist die Enttäuschung groß, aber Seb hat auf der letzten Prüfung einen fantastischen Job gemacht und so wenig Zeit wie möglich verloren.
Sami Pajari (Toyota) führt die WRC2-Wertung als Fünfter an, obwohl er wie Evans auf der ersten Prüfung einen Reifenschaden erlitt. Dramatisch ging es auch in der dieser Kategorie zu, als der lange führende Yohan Rossel (Citroën; 8.) auf der letzten Prüfung einen Reifen wechseln musste und auf den dritten Platz in seiner Klasse zurückfiel. Gus Greensmith der mit Pajari und Rossel um die Führung kämpfte, schied auf der letzten Prüfung sogar aus.
Sechster ist Gregoire Munster (M-Sport-Ford), dem zunächst immer wieder die Gänge heraussprangen und dann ebenfalls auf der letzten Prüfung gleich zwei Reifen platzten. Zudem löste sich die Handbremse. Lokalmatador Jourdan Serderitis (M-Sport-Ford; 24.) hatte zwar keine Probleme, ärgerte sich aber über eine viel zu vorsichtige Gangart.
Nach diesem ereignisreichen Auftakttag geht die Rallye nun eher in einen Endurance-Modus über, mit der primären Aufgabe, die Autos über die Distanz zu bringen. Interessant wird es vor allem am Sonntag, wenn zusätzliche Punkte vergeben werden. Doch zunächst gilt es, am Samstag sechs Wertungsprüfungen über insgesamt 116,23 Kilometer zu überstehen.
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