WEC Fuji 2025: Erster Sieg für Alpine A424, aber nicht mit Mick Schumacher
Habsburg/Chatin/Milesi bescheren dem Alpine A424 den ersten WEC-Sieg - Peugeot nach langer Führung geschlagen - WM-Entscheidung nach Bahrain vertagt
(Motorsport-Total.com) - Durchbruch für das Alpine Endurance Team in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC): Ferdinand Habsburg, Paul-Loup Chatin und Charles Milesi holten im Alpine #35 den ersten Sieg für die Renault-Tochter in der WEC mit einem LMDh-Boliden. Er kam in einem chaotischen Rennen mit fünf Full Course Yellows und drei Safety-Car-Phasen zustande.
© FIA WEC/DPPI
Alpine holte den ersten WEC-Sieg seit Monza 2022 Zoom
Der Sieg war eine Mischung aus Glück mit einer Safety-Car-Phase und einer brillanten Strategie im letzten Stint. Charles Milesi bekam nur zwei statt vier neue Reifen. Dadurch war der Boxenstopp kürzer und die #35 überholte den lange führenden Peugeot #93 (di Resta/Jensen/Vergne; 2.).
Riesencrash von Marciello
Die Schrecksekunde des Rennens ereignete sich nach ziemlich genau zwei Stunden, als Raffaele Marciello, frisch in den BMW #15 (D. Vanthoor/Magnussen/Marciello; DNF) eingestiegen, auf Nico Pino im Proton-Porsche #99 (Jani/Pino/Varrone; 12.) auflief.
Es ist unklar, ob Pino ihn vorbeilassen wollte, jedenfalls musste Marciello vom Gas gehen und drehte sich auf den eiskalten Reifen raus. Es folgte ein heftiger Einschlag. "Das Video spricht für sich. Man kann kaum einen Geschwindigkeitsunterschied an einer Stelle erwarten, die voll gefahren wird. Das ist eine Gerade, keine Kurve", so der Italo-Schweizer. Die Sportkommissare entschieden auf Rennunfall.
Wie schwierig die Hypercars mit der ausgehenden Michelin-Reifengeneration mit kalten Reifen zu beherrschen sind, zeigte auch der zweite Unfall des Rennens. Tom Gamble drehte sich nach dreieinhalb Stunden auf kalten Reifen und rammte ausgerechnet das LMGT3-Schwesterfahrzeug #27 (James/Robichon/Drudi) weg.
Beide Vorfälle zogen Safety-Car-Phasen nach sich. Es handelte sich bereits um die zweite und dritte Safety-Car-Phase nach einem SC in der ersten Stunde für Trümmerteile auf der Rennstrecke.
So kam Alpine an die Spitze
Die dritte SC-Phase brachte den Alpine #35 ins Spiel, der zuvor wegen einer Stop-and-Go-Strafe an Boden verloren hatte. Das Einsatzteam Signatech antizipierte eine Full-Course-Yellow korrekt und holte die #35 noch vor dieser rein. Als Paul-Loup Chatin gerade in die Boxengasse gefahren war, wurde FCY geschaltet.
"In solchen Situationen braucht man ein wenig Glück", gibt Chatin zu. "Die Pace war bereits gut, aber ich war Drittschnellster auf dem zehnten Platz. Deshalb habe ich Sprit gespart und so konnten wir die zusätzliche Runde fahren. Erst dadurch konnten wir das Glück überhaupt in Anspruch nehmen und hatten mehr oder weniger einen Boxenstopp gratis."
Die FCY zu diesem Zeitpunkt war untypisch, denn normalerweise wird einem Safety-Car ein VSC (dann darf man stoppen) vorgeschaltet und keine FCY, bei der man nicht stoppen darf. Offenbar war zunächst geplant, die Aufräumarbeiten für den Aston-Martin-internen Crash unter FCY zu lösen, dann aber erst im Nachgang festgestellt, dass es doch ein Safety-Car braucht.
Somit lag die #35 auf Platz zwei hinter dem Peugeot #93. Zwar musste Milesi einen Platz an den Porsche #6 (Estre/L. Vanthoor) abgeben, der hatte sich aber zwei 5-Sekunden-Strafen wegen Boxenstopp-Vergehen eingefangen (Mechaniker zu früh über der Linie und ein zu spät abgestellter Motor).
Milesi hatte nach dem finalen Stopp zehn Sekunden Vorsprung. Mikkel Jensen wurde dahinter allerdings in einen Zweikampf mit Laurens Vanthoor verwickelt und musste daher verteidigen, statt angreifen zu können. So fuhr Milesi das Rennen ungefährdet nach Hause.
Vanthoor hätte vermutlich schneller gekonnt als Jensen, fand jedoch keinen Weg vorbei, weil der Porsche 963 BoP-bedingt deutlich weniger Leistung hatte als der Peugeot 9X8. Da der Däne sich auch keine Fehler erlaubte, durfte Peugeot sich über sein bestes Resultat in der WEC bisher freuen.
Cadillac im Strategie-Albtraum
Platz vier ging an den Porsche #5 (Andlauer/Jaminet) trotz einer Durchfahrtsstrafe für fünfmaliges Missachten der Tracklimits, gefolgt vom Peugeot #94 (Duval/Jakobsen/Vandoorne; 5.). Der Aston Martin #009 (Riberas/Sörensen; 6.) bescherte dem noch jungen Valkyrie-Projekt das bisher beste Ergebnis.
Update 17:15 Uhr: Im Anschluss an das Rennen erhielt der Peugeot #94 eine Durchfahrtsstrafe für unerlaubtes Überholen des Safety-Cars aufgebrummt und fiel daher auf Platz zehn zurück. Dieselbe Strafe erhielten die beiden Werks-Ferrari, die aber ohnehin außerhalb der Punkteränge gelandet waren. (Neues Ergebnis)
Für Cadillac liefen die SC-Phasen maximal bitter. Die beiden V-Series.R hatten in der Anfangsphase geführt, fielen aber bereits durch das Safety-Car für den Marciello-Crash zurück, weil andere Fahrzeuge unter VSC stoppen konnten.
Beim Safety-Car in der vierten Stunde ging es dann massiv zurück. Der anfänglich führende Cadillac #12 (Lynn/Nato/Stevens; 7.) fiel aus den Top 10 raus, die #38 (Bamber/Bourdais/Button; 13.) landete sogar überrundet hinter dem Führenden, als auf Safety-Car gewechselt wurde.
Dadurch erhielt die #38 keinen Pass-around und hatte dadurch nach dem Restart quasi eine Runde Rückstand. Dass der zwischenzeitliche Spitzenreiter unter Safety-Car an die Box kam, änderte daran nichts.
Dasselbe Schicksal ereilte den Alpine #36 (Gounon/Makowiecki/Schumacher; 14.), hier allerdings selbstverschuldet. Frederic Makowiecki hatte eine Kollision mit einem LMGT3-Fahrzeug und musste daher kurz vor dem Safety-Car für den Aston-Martin-Crash eine Durchfahrtsstrafe absitzen. Dadurch war die #36 noch hinter der #38 und fing sich ebenfalls quasi einen Rundenrückstand ein.
Später kamen noch Strafen und weiteres Strategiepech hinzu, womit Mick Schumacher, Jules Gounon und Frederic Makowiecki keine Chance hatten, den freudigen Tag für Alpine gut abzurunden.
WM-Entscheidung erst in Bahrain
Toyota erlebte ein weiteres harziges Heimrennen. Der Toyota #7 (Conway/Kobayashi/de Vries; 8.) geriet ebenfalls bei der bizarren FCY-zu-SC-Phase in die Strategiefalle und konnte den verlorenen Boden nie aufholen.
Bei der #8 (Buemi/Hartley/Hirakawa) verwachste Toyota Gazoo Racing schon zu Beginn des Rennens komplett. Ryo Hirakawa wurde nach einer anfänglichen FCY-Phase nach einer Viertelstunde von Ferdinand Habsburgs Alpine #35 gerammt (dafür die angesprochene Durchfahrtsstrafe für den späteren Rennsieger) und fing sich einen Reifenschaden ein.
Da zeitgleich FCY geschaltet wurde, musste Hirakawa zum "Emergency Service" kommen. Die Regeln sehen aber vor, dass die Boxengasse in diesem Fall nach dem Restart noch einmal aufzusuchen ist, damit keine Teams die FCY für einen versteckten Tankstopp missbrauchen. Das versäumte Toyota. Die dafür vorgesehene Stop-and-Go-Strafe von drei Minuten kostete zwei Runden.
Ferrari zeigte stellenweise eine starke Pace, stellte sich jedoch selbst ein Bein: Der Ferrari #51 (Pier Guidi/Calado/Giovinazzi; 15.) fing sich gleich zwei Stop-and-Go-Strafen für Tracklimits ein, auch die #50 (Fuoco/Molina/Nielsen; 11.) kam nicht in die Punkte. Damit verpasste Ferrari den vorzeitigen Gewinn des Herstellertitels.
Da der AF-Corse-Ferrari #83 (Kubica/Ye/Hanson; 10.) kaum vom Missgeschick der Teamkollegen profitieren konnte, geht auch die Entscheidung in der Fahrer-WM nach Bahrain. Der gelbe Ferrari wurde schon in der Anfangsphase in eine Kollision der beiden späteren Unfallfahrzeuge von Aston Martin und BMW verwickelt und dabei an der Seite stark beschädigt. Diesen Schaden trug das Team durch das ganze Rennen.
Wieder LMGT3-Drama
Wie schon in Austin darf Ferrari seinen Sieg nicht behalten: Francois Heriau, Simon Mann und Alessio Rovera kreuzten zwar die Ziellinie als Erste, bekamen aber eine 5-Sekunden-Strafe für ein Vergehen beim Boxenstopp aufgebrummt.
Alessio Rovera hatte zwar die Nase um fast zehn Sekunden vorn, jedoch neigte sich der virtuelle Energietank zuneige. Er musste immer langsamer fahren, sodass Charlie Eastwood bis auf zwei Sekunden herankam. Somit gewannen Eastwood, Tom van Rompuy und Rui Andrade in der TF-Sport-Corvette #81 das Rennen.
Hinter dem Ferrari landeten die beiden BMW M4 LMGT3 auf den Plätzen drei und vier. Der Manthey-Porsche #92 (Hardwick/Pera/Lietz; 5. LMGT3) verpasste den vorzeitigen Titelgewinn nach einer 10-Sekunden-Strafe, als Ryan Hardwick in der ersten Stunde ausgerechnet den direkten Meisterschaftskontrahenten umdrehte, den Ferrari #21.
Auch das LMGT3-Rennen war durch die vielen Neutralisationen und Strategien sehr abwechslungsreich. Zu Beginn hatte McLaren eine Doppelführung inne, doch die Strategie passte nicht zum Rennverlauf. Zwischenzeitlich lagen auch die "Iron Dames" an der Spitze, der Manthey-Porsche #85 (C. Martin/Frey/Gatting) musste sich aber mit Klassenrang 13 begnügen.

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