"Danke, ihr Bastarde!" - So locker feiert Habsburg seinen ersten WEC-Sieg
Ein derber Spruch, ein cleverer Strategiekniff und echte Freundschaft - So erlebte Ferdinand Habsburg seinen ersten WEC-Sieg mit Alpine in Fuji
(Motorsport-Total.com) - "Über die epische Crew von verkleideten Schlümpfen da drüben: Ich spreche kein Französisch, aber 'merci beaucoup‘ reicht, um zu sagen - danke, ihr Bastarde, dass ihr das alles zusammengebaut habt." Ferdinand Habsburg setzte der Alpine-Crew nach seinem ersten WEC-Sieg ein Denkmal auf seine ganz eigene, lockere Art.
© FIA WEC/DPPI
Charles Milesi, Ferdinand Habsburg und Paul Loup Chatin bescherten Alpine den ersten Sieg mit dem A424 Zoom
Das waren die Worte des Österreichers im Siegerinterview nach den 6 Stunden von Fuji, wo er gemeinsam mit Paul-Loup Chatin und Charles Milesi Geschichte schrieb. Es war der erste Sieg des LMDh-Boliden Alpine A424 in der Langstrecken-Weltmeisterschaft (WEC) und der erste für das Alpine Endurance Team seit Monza 2022, damals noch mit einem ausrangierten LMP1-Boliden.
Der Sieg war nicht nur für Alpine ein Befreiungsschlag, sondern auch das Ergebnis einer strategischen Meisterleistung. Schon früh im Rennen gab es einen Rückschlag, als Habsburg eine Durchfahrtsstrafe aufgebrummt bekam, weil er auf den Toyota #8 (Buemi/Hartley/Hirakawa) von Ryo Hirakawa auffuhr, was diesem einen Reifenschaden einbrachte.
"Ich fühlte mich nicht verantwortlich für die Situation. Aber trotzdem haben wir die Strafe bekommen, das hat mir das Herz gebrochen", sagt Habsburg über den Vorfall nach nur einer Viertelstunde. Der Auffahrunfall hatte für Toyota noch schlimmere Folgen, als man sich beim Reparaturstopp nicht ans Reglement hielt und eine 3-Minuten-Strafe aufgebrummt bekam.
VSC bringt Alpine in die Spitzengruppe
Nach der Strafe setzte das Team von Philippe Sinault auf eine Mischung aus Geduld, Reifenschonung und Energiemanagement. Chatin bewahrte im Verkehr einen kühlen Kopf, hielt die Reifen im Griff und sparte über mehrere Runden Energie. Dadurch konnte er einen Umlauf länger draußen bleiben als die Konkurrenz. Und genau diese eine Runde half beim Virtuellen Safety-Car nach dem Marciello-Unfall.
"Manchmal braucht man ein bisschen Glück - aber man kann es sich auch erarbeiten", sagt Chatin. "Diese eine Runde extra war entscheidend. Wir haben das Glück gehabt, während des VSC stoppen zu können. Das war der Schlüsselmoment."
Der Stopp, während alle anderen mit 80 km/h unterwegs waren, katapultierte die #35 ins Spitzenfeld. Mit einem praktisch kostenlosen Boxenstopp war die Basis für den späteren Triumph gelegt.
Charles Milesi übernahm den Boliden und hielt sich mit konstant schnellen Runden in der Spitzengruppe. "Nach dem ersten Stint waren wir fast eine Runde zurück", erinnert sich der Franzose. "Dass wir noch nach vorn gekommen sind, fühlt sich fast wie ein Traum an."
Der große Kniff beim letzten Stopp
Und dann zog Alpine den ganz großen Joker beim letzten Boxenstopp. Statt vier wurden nur zwei Reifen gewechselt. Chatin, der zu diesem Zeitpunkt bereits mit dem Fahren fertig war, sagt: "Das war der Schlüssel zum Sieg. Das kam von ganz oben aus dem Topmanagement. Sie wollten das Risiko eingehen und es war die richtige Entscheidung."
Milesi stellte sich im Cockpit derweil auf einen harten Endkampf ein: "Mein letzter Stint war wahrscheinlich der längste meines Lebens - ich habe nur darauf gewartet, dass die anderen wie Raketen zurückkommen. Aber wir hatten heute einfach ein großartiges Auto."
Doch das passierte nicht, stattdessen rettete er 7,682 Sekunden Vorsprung auf den Peugeot #93 (di Resta/Jensen/Vergne) über die Ziellinie. In Fuji habe er sich mit dem Wagen "wie eins" gefühlt, sagt Milesi.
Für Habsburg wiederum war der Triumph ein Sieg auf mehreren Ebenen. Der 27-Jährige hatte im Vorjahr bei Testfahrten einen schweren Unfall erlitten, bei dem er sich am Rücken verletzte. Nach dem Weg zurück lief es sportlich steinig, immer wieder warfen Rückschläge und Strafen die Crew zurück.
"Dieses Jahr lief wieder vieles gegen uns", sagt der 28-Jährige. "Es gab Momente, in denen ich das Gefühl hatte, dass es einfach nicht laufen will. Aber heute, mit diesen Jungs, war es das genaue Gegenteil: Alles hat gepasst."
Was Habsburg besonders hervorhebt: die Freundschaft im Team. "Es ist das Coolste, ein Rennen mit zwei deiner besten Freunde zu gewinnen", so der Österreicher. "Ich kann ihnen alles erzählen, wir teilen alles - die guten und die schlechten Tage. Sie haben mich durch meine Fehler getragen, mich motiviert, wenn ich unten war, und mir gezeigt, dass ich ihnen vertrauen kann. Das macht den Unterschied."
Teamchef Sinault sieht es philosophisch: "Wenn du Angst hast, kannst du keinen Erfolg haben. Wir haben nach den schwierigen Rennen nicht den Glauben verloren und heute jede Gelegenheit genutzt. Das ist der Lohn für harte Arbeit."
Für Alpine war es die Rückkehr in die Erfolgsspur nach einer Serie von Enttäuschungen - und gleichzeitig ein Signal, dass das Projekt A424 endgültig bereit ist, um gegen die ganz Großen zu bestehen.

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