WRC-Rekordchampion, WTCC- und WRX-Laufsieger, Extreme-E-Champion, Dakar-Starter und fast sogar Formel-1-Pilot: Die faszinierende Karriere von Sebastien Loeb
Sebastien Loeb ist schon zu Lebzeiten eine Legende. Der Franzose dominiert die Rallye-WM ein Jahrzehnt lang wie noch nie ein Fahrer zuvor und stellt zahlreiche Rekordmarken auf. Dabei begann alles ganz anders: Als Jungendlicher feierte der Elsässer Erfolge im Kunstturnen. Später absolvierte er eine Ausbildung zum Elektriker, entdeckte dann aber seine Liebe zum Rallyesport.
Für seine gute Leistungen in der französischen Meisterschaft belohnt Citroen Loeb 2001 mit seinem ersten Start in der Rallye-Weltmeisterschaft (WRC). Es ist die Rallye San Remo, bei der Loeb sensationell Zweiter wird. "Nach der Rallye riefen mich alle an und wollten mich für eine volle Saison verpflichten. Ich wollte aber bei Citroen bleiben und denke, das war die richtige Entscheidung", erinnert sich Loeb.
2003 geht der Stern von Loeb dann richtig auf. Der Neuling hat seine erfahrenen Teamkollegen Carlos Sainz und Colin McRae im Griff, siegt unter anderem bei der Rallye Monte Carlo und muss sich im Kampf um die WM nur knapp Petter Solberg geschlagen geben.
Doch schon 2004 beginnt die Loeb-Ära in der WRC. Der Franzose gewinnt im Saisonverlauf sechs Rallyes und wird bei seinem Heimspiel, der Rallye Korsika, zum ersten Mal Weltmeister. "Der erste Titel war etwas ganz Besonderes, vor allem, weil ich ihn mir in Frankreich sicherte. Alle waren da - Freunde, Familie", sagt Loeb.
Es sollte bei weitem nicht die letzte WM-Party werden. 2005 dominieren Loeb und Beifahrer Daniel Elena die Rallye-Weltmeisterschaft und sichern sich ihren zweiten WM-Titel. Bei der Rallye im winterlichen Argentinien gelingt Loeb der sechste Laufsieg in Folge. Das hatte vor ihm noch kein Pilot in der Rallye-WM geschafft.
Loeb schaut schon damals über den Tellerrand der Rallye-WM hinaus und geht 2005 und 2006 für das LMP1-Team Pescarolo bei den 24 Stunden von Le Mans an den Start. 2006 fährt er zusammen mit seinen Teamkollegen Eric Helary und Franck Montagny als Zweiter auf das Podium.
2006 zieht sich das Citroen-Werksteam aus der Rallye-WM zurück. Loeb fährt beim belgischen Kronos-Team weiter im Xsara und gewinnt zum dritten Mal in Folge die Weltmeisterschaft - und das obwohl er wegen eines Oberarmbruchs, denn er sich bei einem Fahrradsturz zugezogen hatte, die letzten vier WM-Läufe auslassen muss!
2007 kehrt Citroen mit dem C4 WRC in die Rallye-WM zurück, und wieder ist Loeb mit an Bord. Die Saison wird vom Duell zwischen dem Franzosen und Marcus Grönholm geprägt, bei dem Loeb knapp die Oberhand behält und WM-Titel Nummer vier einfährt.
Bei der Rallye Neuseeland geht es besonders eng zu. "Das war einer meiner feinsten Kämpfe mit Marcus. Es war eine fantastische Fahrt auf diesen wundervollen Schotterstraßen", erinnert sich Loeb. Am Ende hat der Finne die Nase um 0,3 Sekunden vorne - der bis dahin engste Ausgang einer WM-Rallye.
Im Jahr 2008 schnuppert Loeb dann sogar Formel-1-Luft und testet für Red Bull. Dabei stellt er sich so gut an, dass 2009 sogar ein Rennstart beim Grand Prix von Abu Dhabi zur Diskussion steht - zu dem es aber letztlich doch nicht kommt.
Zurück zur WRC: Nach dem Rücktritt von Marcus Grönholm erwächst Loeb in dessen Landsmann Mikko Hrivonen ein neuer Rivale. Doch auch den hat er im Griff, 2009 gewinnt Loeb zum sechsten Mal in Folge den WM-Titel.
Aber auch ein sechsmaliger Champion ist nicht perfekt, wie sich bei der Rallye Griechenland 2009 zeigt. "Ohne Zweifel unser schlimmster Unfall", sagt Loeb. "Nachdem ich ausgestiegen war, suchte ich mein Telefon, das ich in einem Fach in der Fahrertür aufbewahrte. Das Problem war nur, die Tür zu finden, die irgendwo auf dem Feld lag."
Titel Nummer sieben folgt 2010 - und das vor der eigenen Haustür. Nach einem Umzug der Rallye Frankreich ins Elsass fährt Loeb auf heimischen Straßen und darf sich vor dem Europaparlament in Straßburg als Champion feiern lassen. "In der Heimat zum Meister gekrönt zu werden, hätte ich mir nie träumen lassen", sagt Loeb
Doch statt ist der WRC-Dominator noch lange nicht. 2012 gewinnt Loeb zum neunten Mal in Folge die Rallye Deutschland - auch das ein Rekord. Den Sieg widmet er Philippe Bugalski. Der frühere Citroen-Pilot, der 2001 die Rallye Deutschland gewonnen hatte, war wenige Tage vor der Rallye gestorben. Am Ende der Saison steht Loebs neunter WM-Titel - den er wieder in Frankreich feiern kann.
2013 geht Loeb nur noch bei vier Rallyes an den Start, widmet sich aber einem anderen Projekt. Mit dem spektakulären Peugeot 208 T16 gewinnt er das Bergrennen am Pikes Peak - in absoluter Rekordzeit.
2014 beginnt für den Allrounder mit Citroen in der Tourenwagen-WM (WTCC) ein neues Kapitel. Und auch auf der Rundstrecke kommt Loeb gut zurecht, gleich am ersten Rennwochenende feiert er den ersten Sieg.
Nach zwei Jahren in der WTCC vollzieht Loeb einen Schnitt, trennt sich nach vielen Jahren von Citroen und geht ab 2016 für die Konzernschwester Peugeot in der Rallycross-WM (WRX) an den Start. Im selben Jahr gewinnt er dort sein erstes Rennen und wird damit der erste Fahrer, der Rennen in drei FIA-Weltmeisterschaften gewonnen hat.
Für Peugeot tritt Loeb außerdem viermal bei der Rallye Dakar an, muss dort aber lernen, dass die Wüsten Südamerikas etwas ganz anderes sind als die Pisten der Rallye-WM. Zwar ist Loeb immer wieder schnell unterwegs, doch ein Erfolg bleibt ihm bei der Marathon-Rallye verwehrt.
Dafür bekommt Loeb wieder Lust auf die WRC und die Boliden der neuen Generation. 2017 und 2018 fährt er für Citroen einzelne Läufe. Bei der Rallye Spanien 2018 gewinnt der Rekordweltmeister erstmals nach fünf Jahren wieder in der WRC und baut damit seinen Siegrekord auf 79 aus.
2019 schlägt Loeb nun ein neues Kapitel auf. Nach fast 20 Jahren verlässt er den PSA-Konzern und bestreitet sechs WRC-Läufe für Hyundai. Auch 2020 fährt er für die Südkoreaner und erzielt in der Türkei das 119. Pdouim seiner WRC-Karriere.
2021 betritt Loeb einmal mehr Neuland. Für das Team von Formel-1-Star Lewis Hamilton fährt der Franzose in der Elektro-SUV-Rennserie Extreme E - und verpasst zusammen mit Cristina Gutierrez nur knapp den Titelgewinn.
Die Liebe zur WRC lässt Loeb aber nicht los. Und so gibt er 2022 ein weiteres Comeback. Für M-Sport-Ford geht er in der ersten Hybrid-Saison der Rallye-WM mit einem Puma bei der Rallye Monte Carlo an den Start - und meldet sich mit WRC-Sieg Nummer 80 eindrucksvoll zurück.
Nur zwei Wochen nach seinem Monte-Sieg gewinnt Loeb beim Race of Champions (ROC) 2022 zum insgesamt vierten Mal in der Einzelwertung. Damit ist er gemeinsam mit Didier Auriol und Mattias Ekström der Rekordhalter beim Show-Event, das im Laufe der Jahrzehnte an vielen unterschiedlichen Austragungsorten stattfand.
So erfolgreich das Jahr 2022 für Loeb begann, so erfolgreich endet es auch. Beim dramatischen Saisonfinale der Extreme E in Uruguay sichert sich Loeb zusammen mit Gutierrez den Titel in der Elektro-SUV-Rennserie.
Und: Bei der Rallye Dakar tritt Loeb auch an, seitdem diese von Südamerika nach Saudi-Arabien umzogen ist. Bei vier Starts mit einem Hunter des BRX-Teams, der von Prodrive vorbereitet wird, fährt der WRC-Rekordchampion dreimal auf das Podium. Ein Dakar-Sieg ist ihm aber noch nicht gelungen. 2025 greift er als 50-Jähriger mit einem Dacia an.
WRC-Rekordchampion, WTCC- und WRX-Laufsieger, Extreme-E-Champion, Dakar-Starter und fast sogar Formel-1-Pilot: Die faszinierende Karriere von Sebastien Loeb