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Neue WRX-Strecken: Was sich die Fahrer wünschen

Die Rallycross-WM expandiert immer mehr auf Formel-1-Kurse: Die Fahrer finden diese Entwicklung nicht grundsätzlich schlecht, haben allerdings Forderungen

(Motorsport-Total.com) - Der Kalender der Rallycross-Weltmeisterschaft (WRX) hat sein Gesicht in den vergangenen Jahren deutlich verändert - und verändert es weiter. Denn den Vermarkter IMG zieht es mit der Meisterschaft immer stärker weg von klassischen, meist ländlich gelegenen Rallycross-Kursen mit überschaubarer Infrastruktur und hin zu großen Formel-1-Kursen, wo eigens für die WRX spezielle Strecken mit Schotter- und Asphalt-Anteilen gebaut werden.

Titel-Bild zur News: Austin

Auf der riesigen Anlage des CoTA wirkten die Rallycross-Autos etwas verloren Zoom

Was mit Istanbul und dem Hockenheimring (die aber beide mittlerweile schon wieder aus dem Kalender verschwunden sind) seinen Anfang nahm, wurde in diesem Jahr mit Silverstone - für das mit Lydden Hill der Geburtsort des Rallycross weichen musste - und dem Circuit of The Americas in Austin fortgesetzt. Und im nächsten Jahr kommen mit dem Yas Marina Circuit in Abu Dhabi und der "Ardennenachterbahn" in Spa-Francorchamps zwei weitere Formel-1-Kurse neu hinzu.

Doch ist das der richtige Weg? Wenn man die Fahrer fragt nicht unbedingt. Bei einer Pressekonferenz vor dem WRX-Lauf auf dem Estering in Buxtehude wurden in der vergangenen Woche Johan Kristoffersson, Mattias Ekström, Andreas Bakkerud sowie Timmy und Kevin Hansen gefragt, ob sie lieber auf einer klassischen Rallycross-Strecke oder auf einem umgebauten Rundkurs fahren. Und alle fünf antworteten wie aus der Pistole geschossen: Klassische Rallycross-Strecke.

Promoter will Balance aus alten und neuen Strecken

Doch das ist erst einmal nur die Perspektive des Fahrers. Fragt man genauer nach, erhält man durchaus differenzierte Antworten. "Es geht teilweise in die richtige Richtung und ist notwendig, um den Sport auf einem hohen Niveau zu halten", sagt Petter Solberg im Gespräch mit 'Motorsport-Total.com'.

Ekström meint, dass der reine Austragungsort erst einmal nebensächlich ist. "Ich glaube es ist egal, wo die Strecke gebaut ist, ob das in Spa oder in Abu Dhabi ist", sagt der Schwede. "Wenn die Strecke gut genug ist, dann ist es egal, wo man sie hin baut." Allerdings sind sich die Fahrer weitgehend einig, dass der Sport seine Wurzeln nicht völlig vergessen darf. "Wir brauchen diese klassischen, richtigen Rallycross-Strecken wie den Estering, Höljes oder Hell", spricht Kristoffersson das aus, was auch viele seiner Kollegen denken.


Die WRX kommt 2019 nach Abu Dhabi

Das sieht man auch beim Promoter IMG so. Ein Wechsel komplett auf Formel-1-Strecken ist für James Taylor, Vize-Chef der Rennserie, kein Thema. "Es kommt auf die Balance an. Es muss in der Meisterschaft klassische, legendäre Strecken geben, aber moderne Formel-1-Strecke erlauben uns, das Festival-Konzept weiterzuentwickeln, mit dem wir größere Besuchergruppen anziehen", sagt Taylor im Interview mit 'Motorsport-Total.com'.

Sportliche Qualität der Strecke ist entscheidend

"Das ist unser Job, wir müssen diese Meisterschaft auf der ganzen Welt einem größeren Publikum bekannt machen. Wir wollen es mit Rallycross so weit wie möglich bringen", so Taylor weiter. Genau auf diesen Festival-Charakter setzt IMG bei Veranstaltungen wie in Silverstone oder Austin, wo parallel zu den WRX-Rennen auch Musiker auftreten und ein Food-Festival Zuschauer anlockt.

"Aber es geht vor allem um den Sport", fordert Solberg. "Und da brauchen wir eine Strecke, die gut für die Zuschauer ist und eine Menge Action bietet." Und genau diese Voraussetzung war in diesem Jahr bei den neuen Strecken nicht gegeben, so der Haupt-Kritikpunkt der Fahrer. "Wenn man Strecken baut, die nur langsame Haarnadelkurven haben und langweilig sind, die künstlich wirken und wo man keinen natürlichen Klang hat, wird das keinem gefallen", stellt Ekström fest.

Estering

Auf klassische Naturkurse wie den Estering will niemand ganz verzichten Zoom

Auch Kristoffersson meint: "Wenn wir bei großen Veranstaltungen auf Strecken fahren, die nicht gut sind, ist das der falsche Weg." Vor allem Silverstone mit seinen ausschließlich langsamen Kurven kam bei den Fahrern nicht gut an. Und auf der gigantischen Anlage des Circuit of The Americas wirkten die WRX-Autos ein wenig verloren. "Wenn wir zu neuen Orten gehen, muss es besser sein als das, was man streicht", fordert Solberg. "Man darf nicht nur des Wechsels wegen wechseln. Wenn die Strecken wechseln, muss das Niveau steigen."

Petter Solberg wünscht sich mehr Mut bei der Streckengestaltung

"Da wir eine Weltmeisterschaft sind, muss der Sport aber weiter wachsen und auf großen Strecken wie CoTA, Abu Dhabi oder in Südafrika fahren. Allerdings müssen die Strecken dann genau so gut sein wie in Kanada", führt Kristoffersson den Kurs in Trois-Rivieres als positives Beispiel an. "Das ist eine wirklich gute Strecke, und jeder hat die Möglichkeiten, eine genau so gute Strecke zu bauen."

Solberg wünscht sich vom Vermarkter und dem Automobil-Weltverband FIA bei der Konzeption neuer Strecken generell mehr Mut und Vielfalt statt des klassischen Mix aus 60 Prozent Asphalt und 40 Prozent Schotter. "Vielleicht sollte es auf einigen Strecken mehr Schotter und auf anderen mehr Asphalt geben. Die Unterschiede sollten größer sein, so wie es die Monte-Carlo-Rallye und Griechenland (Akropolis-Rallye; Anm. d. Red.) gibt", so der Norweger.

"Man muss ein bisschen experimentieren und schauen, was die Zuschauer mögen", so Solberg weiter. "Wir Fahrer würden uns mehr Schotter wünschen. Deshalb liebt jeder diese Strecke (den Estering; Anm. d. Red.), weil es hier richtigen Schotter gibt und man angreifen muss."

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