Vier erfolgreiche Jahre: Der Peugeot 908 HDi FAP gilt als einer der schnellsten Prototypen der vergangenen Jahrzehnte. Von 2007 bis 2010 fuhren die Löwen bei 28 Einsätzen insgesamt 19 Siege heraus.
Die Geschichte des neuen Sportwagenprogramms der Franzosen beginnt bereits im Februar 2005. Peugeot entscheidet sich für eine Rückkehr nach Le Mans, ein intensives Aufbauprogramm beginnt.
Im Herbst 2005 stehen die wichtigsten Rahmendaten fest. Kernpunkt: Peugeot möchte moderne Dieseltechnologie darstellen, daher entscheidet man sich für den Einsatz eines 5,5-Liter-V12-Turbodiesel mit Partikelfilter.
Peugeot entscheidet sich für den Bau eines Coupés. Zwar hat der geschlossene Prototyp Nachteile beim schnellen Fahrerwechsel und die Sicht bei Regen ist schwierig, aber man will sich auch optisch deutlich vom Konkurrenten Audi abheben.
Im Werk in Velizy laufen ab Frühjahr 2006 erste Prüfstandsversuche. Zunächst lässt man einen einzelnen Zylinder rennen, im Herbst lässt man die kompletten 12 Töpfe mit ruhigen Umdrehungen arbeiten. Gleichzeitig arbeitet man im Windkanal an der Aerodynamik.
September 2006: Obwohl das endgültige Erscheinungsbild des 908 längst noch nicht feststeht, präsentiert Peugeot die Dieselflunder bereits auf dem Pariser Automobilsalon. Ganz Frankreich steht hinter dem Projekt.
Als am 22. Dezember 2006 der V12-Motor erstmals im Heck des Autos gezündet wird, soll er angeblich gequalmt haben wie ein Schiffsdiesel. Doch der Shakedown in Frankreich läuft nach Plan. Optimistisch geht es in die erste Saison.
Am 4. Januar 2007 um genau 9:08 Uhr rollt der Peugeot 908 erstmals zu einer offiziellen Testsession und stellt sich der Konkurrenz. In Le Castellet wird sofort klar: Der neue Löwe ist pfeilschnell, hat aber noch Kinderkrankheiten.
Mitte Januar präsentiert sich das Peugeot-Werksteam der Öffentlichkeit. In Mortefontaine werden nicht nur die Autos, sondern auch prominentes Personal vorgestellt: Unter anderem sind Sébastien Bourdais und Jacques Villeneuve an Bord.
Was für ein Auftakt! Gleich beim ersten Renneinsatz im April 2007 fahren Nicolas Minassian und Marc Gené mit dem 908 zum Sieg. In Monza beginnt die Erfolgsgeschichte so richtig.
Die Löwen sollen Audi in Le Mans in die Flucht schlagen. Im Juni 2007 bietet Peugeot die Fahrertrios Sarrazin/Bourdais/Lamy und Gené/Villeneuve/Minassian auf.
Im Zeittraining bringt Stéphane Sarrazin die Franzosen zum Jubeln. Der Peugeot-Pilot prügelt den 908 auf die Pole-Position und stellt Audi in den Schatten. Aber im Rennen behalten die Ingolstädter die Oberhand.
Den ersten Sieg im direkten Duell gegen Audi feiern die Franzosen erst im April 2008. In Barcelona fährt man zum Sieg und geht entsprechend optimistisch in die weitere Saison.
Doch in der Vorbereitung auf den großen Saisonhöhepunkt in Le Mans läuft nicht immer alles glatt. Bei der Generalprobe in Spa-Francorchamps bleibt einer der 908 unsanft im Verkehr hängen.
In Le Mans hat zunächst wieder der schiere Speed die Schlagzeilen. Stéphane Sarrazin (hier mit Franck Montagny und Nicolas Minassian) fährt erneut auf Pole. Der Franzose wird 2009 den Pole-Hattrick sogar komplett machen.
Doch im Rennen stimmt es wieder nicht. Erneut kann sich Audi mit guter Taktik, schonendem Einsatz des damaligen R15 TDI und mit viel Erfahrung durchsetzen. Die Niederlage geht den Franzosen durch Mark und Bein.
Das Programm wird ab dem Winter 2008 noch weiter intensiviert. Im Werk in Velizy stehen aufwändige Prüfstandstests auf dem Programm, man absolviert auf diversen Strecken mehrere Probefahrten über 36 Stunden.
Die Mehrarbeit und die Verbesserungen am Fahrzeug zahlen sich aus. Peugeot siegt Anfang 2009 mit dem 908 beispielsweise deutlich bei der Le-Mans-Vorbereitung in Spa-Francorchamps.
An der Sarthe schickt man erstmals auch einen 908 im Kundeneinsatz ins Rennen. Doch das Team von Henri Pescarolo hat mit dem LMP1-Diesel kein Glück. Benoit Treluyer zerlegt den Wagen in der Nacht. Trotzdem endet die Audi-Siegesserie...
Gleichzeitig hat die Werksmannschaft aber endlich mal einen Glückstag in Le Mans erwischt. Am 14. Juni 2009 sorgen Marc Gené, Alexander Wurz und David Brabham für den Sieg und somit einen "zweiten französischen Nationalfeiertag". Die "Grande Nation" steht Kopf.
Der goldene Peugeot-Auftritt ist von nationaler Bedeutung. Sogar Premierminister François Fillon absolviert einen Test im schnellen Löwen. Fillon hat die Le-Mans-Gene ohnehin in sich, denn er stammt gebürtig aus der Stadt an der Sarthe.
Als sich Peugeot im Juni 2010 als Titelverteidiger in Le Mans zeigt, kennt die Begeisterung der Fans schon bei der Fahrzeugabnahme in der Innenstadt keine Grenzen. Alle sind sicher, dass es den nächsten "Heimsieg" an der Sarthe geben wird.
Die Le-Mans-Woche fängt gut an. Der 908 hat über den vergangenen Winter noch einmal erheblich zulegen können. Lokalheld Sébastien Bourdais fährt den Wagen auf die Pole-Position.
Doch das Rennen wird zur wohl schmerzhaftesten Erfahrung für die Fans und Beteiligten. Vier 908 sind im Einsatz, allesamt sind sie schnell. Aber die Motoren halten nicht. Franck Montagny schaut gar nicht hin, als am frühen Sonntagmorgen Audi vorbeifährt.
Fassungslosigkeit an der Boxenmauer. Vorjahressieger Marc Gené und Peugeot-Sportchef Olivier Quesnel fehlen die Worte. Später liegen sich Quesnel und Oreca-Chef Hugues de Chaunac weinend in den Armen, denn auch der Kunden-908 von Oreca fällt aus.
Nach der niederschmetternden Niederlage in le Mans (Audi-Dreifachsieg 2010), rappelt sich Peugeot noch einmal auf. Man will dem 908 einen guten Abschied ermöglichen. Dies gelingt: Siege beim Petit Le Mans, in Silverstone und Zhuhai beschließen die Karriere des Prototypen.
2011 beginnt eine neue Ära im Prototypensport. Le-Mans-Veranstalter ACO hat die Regeln verändert, Peugeot und Audi bauen neue Prototypen für das kommende Jahr. Beim ersten Blick auf den neuen Peugeot 90X wird deutlich: da steckt viel vom 908 drin...