Nissan kommt mit einem außergewöhnlichen Konzept in die WEC und nach Le Mans. Erfolge von Frontmotor-Fahrzeugen liegen allerdings schon weit zurück.
1962 - Ferrari 330LM: Der rote Renner aus Italien ist das bislang letzte Frontmotor-Auto, das bei den 24 Stunden von Le Mans den Gesamtsieg einfahren konnte. Dies ist schon 53 Jahre her. Bis zum Jahr 1962 war die Reihenfolge Achse-Motor-Fahrer-Achse normal, anschließend nicht mehr. Der Pilot rückte vor die Antriebseinheit.
In den frühen Jahren von Le Mans waren Siege mit Frontmotor-Fahrzeugen regelmäßig - kein Wunder, denn es war das gängige Baukonzept. Wie hier beispielsweise beim Lorraine-Dietrich, der 1906 von einem sagenhaften 18-Liter-Vierzylinder-Motor angetrieben wurde. Nach heutigen Maßstäben eine undenkbare Konstellation - wenn es nicht gerade um Schiffsbau geht.
Auch die berühmten "Bentley Boys" aus den 1920er-Jahren hatten ihr Aggregat im Speed Six vor den Füßen. 1929 und 1930 siegte die britische Mannschaft mit diesem Konzept an der Sarthe. Der 6,6-Liter-Motor hatte damals vier Ventile und zwei Zündkerzen pro Zylinder. Im Folgejahr war es ein kleinvolumiger Antrieb, der den Sieg brachte.
1931 eroberte Alfa Romeo mit einem Frontmotor Le Mans. Der kleine 2,3-Liter-V8-Kompressor brachte es auf rund 150 PS. Nicht die Leistung, sondern das geringe Gewicht war der große Vorteil des Alfas. Der zweitplatzierte Mercedes SSK mit seinem 7-Liter-Verbrenner wurde um über 100 Kilometer abgehängt. Bis 1934 blieb der 8C an der Sarthe unbezwungen.
1937 konnte Frankreich zurückschlagen. Wimille/Benoist hatten in ihrem Bugatti 57G einen 3,2-Liter-Motor vor den Beinen. Der sogenannte "Bugatti Tank" (zu deutsch: Panzer) gewann auch 1939 mit einem gewissen Pierre Veyron am Steuer - nach dem Franzosen wurde viele Jahre später der moderne Supersportwagen des Unternehmens benannt.
In den Jahren 1951 und 1953 konnte eine britische Katze den heißen Tanz in Le Mans gewinnen. Mit dem Jaguar XK 120C fuhren Walker/Whitehead allen auf und davon. 1953 zog zunächst Stirling Moss im Jaguar eine gute Show ab, es gewannen aber die Markenkollegen Rolt/Hamilton. Nicht der 3,4-Liter-Frontmotor im Jaguar war der große Trumpf, sondern die neuen Scheibenbremsen.
Die britische Marke musste 1954 eine kurze Siegpause einlegen. Ferrari ergatterte sich einen weiteren Erfolg. Diesmal holten Froilan Gonzalez und Maurice Trintignant die Krone nach Italien. Die beiden Sieger konnten die wunderbaren Geräusche des vor ihnen arbeitenden 5-Liter-V12-Aggregats aus nächster Nähe erleben. Der fette Frontmotor im Ferrari 375plus röchelte während des Rennens, erholte sich aber von selbst.
1955, dem Jahr des tragischen Le-Mans-Unglücks mit 82 Todesopfern, reihte sich erneut Jaguar in die Siegerliste an der Sarthe ein. Mike Hawthorn, für viele Beobachter der eigentliche Auslöser des Unfalls von Pierre Levegh, gewann das Rennen im legendären Jaguar D-Type. Der Wagen gewann mit 3,4-Liter-Frontmotor 1955 und 1956, im Jahr darauf verbaute man an der Front ein 3,8-Liter-Aggregat und siegte.
Und wieder holte sich Ferrari die Krone zurück: mit einem Frontmotor-Auto, das aufgrund seines Namens reichlich Wohlklang verbreitet. Der berühmte Testa Rossa ("Roter Kopf"). Seine Bezeichnung hatte er von den roten Ventildeckeln des Dreiliter-V12-Motors, der in der Front verbaut war. 1958, 1960 und 1961 siegte man mit diesem Fahrzeug.
Dazwischen mogelte sich kurz Aston Martin mit dem DBR1. Das mit einem Dreiliter-Sechszylinder-Frontmotor ausgestattete Fahrzeug bescherte den Briten 1959 einen Doppelsieg in Le Mans. Die besten Ferraris hatten am Ende sage und schreibe über 300 Kilometer Rückstand auf Aston Martin. Ferrari nahm später Abschied vom geliebten V12 und konnte 1962 wieder feiern. Seither ging mit Frontmotoren herzlich wenig.
Es gab immer wieder mal Versuche mit einem Frontmotor-Konzept. Im Kampf um Gesamtsiege versuchte es vor allem der Amerikaner Don Panoz mehrfach. Seine Le-Mans-Prototypen erlangten aufgrund der Batmobile-Optik und des satten Sounds Kultstatus. Und es sprangen dabei auch einige Erfolge heraus - wie im Jahr 2000 mit dem LMP1 Roadster S beim 1.000-Kilometer-Rennen der LMS auf dem Nürburgring (Foto).
In Le Mans und auch in der nordamerikanischen Szene waren die Siegesfeiern nicht gerade zahlreich. Aber diese Statistik täuscht womöglich über das wahre Potenzial des Fahrzeugkonzeptes hinweg. Immerhin musste sich Don Panoz, der seine Fahrzeuge von Reynard entwickeln ließ, gegen die übermächtigen Audis und BMWs durchsetzen. Dennoch gelangen Siege: 2000 in der Eifel, 2001 in Portland und in Mid-Ohio (immer Magnussen/Brabham).
Nissan kommt mit einem außergewöhnlichen Konzept in die WEC und nach Le Mans. Erfolge von Frontmotor-Fahrzeugen liegen allerdings schon weit zurück.