Die inoffizielle Formel-3-Weltmeisterschaft
Der erste Macao-Grand-Prix für Formel-3-Autos: Die damals bereits etablierte Rennveranstaltung auf dem 6,117 Kilometer langen Guia Circuit startet 1983 neu durch. Statt den Fahrzeugen der Formel Pazifik gehen nun Formel-3-Rennwagen auf die Strecke.
Es siegt der junge Ayrton Senna vor Roberto Guerrero (links) und Gerhard Berger (rechts). Und alle drei fahren in ihrer Karriere auch in der Formel 1. Schon ab 1983 hat Macao den Ruf, die Stars von morgen ganz groß rauszubringen. Senna, der erste Formel-3-Sieger in Macao, wird später dreimal Formel-1-Weltmeister.
Die Geschichte des Macao-Grand-Prix weist noch viele weitere prominente Starter auf - und die Siegerliste liest sich wie ein Who-is-Who des internationalen Motorsports. Beispiele gefällig? Bitteschön: David Brabham (1989), Michael Schumacher (1990), David Coulthard (1991), Jörg Müller (1993), Ralf Schumacher (1995) - um nur eine Handvoll davon zu nennen.
Nicht umsonst gilt der Macao-Grand-Prix als inoffizielle Formel-3-Weltmeisterschaft. Das Starterfeld setzt sich aus den besten Fahrern der diversen Formel-3-Meisterschaften in Europa und Japan zusammen. Oft greifen mehr als 30 Piloten ins Lenkrad. Da wird es besonders beim Start ziemlich eng!
Apropos: Der Guia Circuit von Macao ist in vielerlei Hinsicht extrem. An manchen Stellen ist die Strecke nur sieben Meter breit. Und etwas ganz Besonderes ist die Melco-Haarnadel: Dort herrscht in jedem Rennen Überholverbot! Denn ein kleiner Fehler reicht an dieser Stelle aus, um einen Stau zu verursachen. Was in den Trainings recht häuftig vorkommt ...
Hoch das Beinchen, ausgangs der Haarnadel: An dieser Stelle verlassen die Piloten den engen Stadtkurs und kehren auf die langen Geraden zurück, die sie via Start und Ziel wieder zurück ins Herzen der früheren portugiesischen Kolonie führen.
Warum in Macao die Flügel extrem flach gestellt werden, zeigt dieses Bild. Und das ist noch nicht einmal die längste Gerade des Guia Circuits ...
Die Zielkurve von Macao. Im Hintergrund zu sehen ist einerseits die Autobrücke, welche die beiden Inselteile miteinander verbindet. Wer mit dem Flugzeug nach Hongkong fliegt und die restliche Strecke nach Macao mit der Fähre zurücklegt, fährt mit dem Boot unten durch. Angelegt wird, wie im Bild rechts zu sehen, an den Piers direkt hinter dem Start- und Zielbereich.
Und auf der Strecke dröhnen die Motoren. Bereits am Donnerstag werden die ersten Trainings absolviert. Am Freitag stehen die Qualifikationen auf dem Programm, die Rennen am Samstag und am Sonntag. Und: Macao ist der einzige Stadtkurs weltweit, den sich Automobile und Motorräder an einem Wochenende teilen. Auch der Motorrad-Grand-Prix ist ein echter Klassiker - und das schon seit 1967.
Windschatten ist übrigens das A und O in Macao. Wer in der letzten Runde an vorletzter Stelle liegt, hat noch immer gute Chancen darauf, am Ende ganz vorn zu liegen. Und die Gerade bis zur Lisboa-Kurve ist lang ...
... und manchmal geht dabei auch etwas schief und das Safety-Car kommt auf die Strecke. In Macao ist damit zu rechnen - und zwar in jedem Rennen.
Denn wenn sich rund 30 Piloten auf den Weg machen, kracht es meist schon am Start. Oft sind dann gleich mehrere Autos in einen Crash verwickelt.
Fehler passieren auf dem Guia Circuit nämlich ganz schnell. Hier verliert ein Fahrer sein Auto auf der Anfahrt zum Mandarin-Rechtsknick.
Und das Ende vom Lied ist meist eine gebrochene Achse und das sofortige Aus. Dieser Pilot hat auf jeden Fall Bekanntschaft mit den schwarz-gelben Macao-Leitplanken gemacht ...
Hilfe steht auf Abruf bereit: Die Streckenposten von Macao trainieren schon Monate vor dem Rennwochenende für ihren Einsatz und sind dann entsprechend fix zur Stelle.
Nur gut, dass die Teams genug Ersatzmaterial dabei haben. Vor allem Frontpartien stehen in Macao sehr hoch im Kurs. Der Verschleiß ist speziell in den Freien Trainings groß.
Gelegentlich darf es auch ein bisschen mehr sein als ein neuer Frontflügel. Wenn ein Formel-3-Auto am Haken hängt, ist das meist kein sehr gutes Zeichen ...
In den anderen Rennkategorien zeigt sich in Macao übrigens ein ähnliches Bild. Das hier war einmal ein Formel-BMW-Fahrzeug. Ob die Mechaniker noch viel Freude damit hatten?
Die Streckenposten sind jedenfalls darauf geschult, ihre Arbeit rasch und gründlich zu erledigen. Und wer - siehe Foto - seinen Einsatzort in der Lisboa-Kurve hat, der ist pro Training oder Rennen ohnehin fast die ganze Zeit über am aufräumen und kehren ...
Hier hadert Renger van der Zande mit seinem Schicksal in Macao. Interessant ist, wie sich die Gesten gleichen. Siehe nächstes Foto.
Einen solchen bekommen auch die Piloten auf den Plätzen zwei und drei, auch wenn sie nicht gewonnen haben. Die Freude darüber hält sich in Grenzen. Vor allem, wenn man den Sieg vor Augen hatte wie Marco Wittmann 2011.
Augen für die vielen Schönheiten, die sich im Fahrerlager tummeln, haben die Piloten aber nicht. Schade eigentlich, denn jedes größere Kasino der Glücksspiel-Metropole Macao schickt ein paar Girls in knappen Outfits in die Boxengasse. Sehr zur Freude der Fotografen ...
Und ein bisschen Tradition ist auch dabei: Vor dem Formel-3-Grand-Prix zeigen die Veranstalter den "Löwentanz" auf der Zielgerade des Guia Circuits.
Es geht aber noch ungewöhnlicher: Denn wer sagt eigentlich, dass in Macao immer nur die Sonne scheint? Ist der Stadtkurs nass, wird es besonders tückisch. Regen in Macao gilt als die ultimative Nagelprobe für die Piloten, kommt aber nicht allzu häufig vor.
1983, als Ayrton Senna die erste Ausgabe des Formel-3-Rennens für sich entschied, war es jedenfalls noch trocken. Dieses und das vorherige Foto zeigen, wie sehr sich die Fahrzeuge seither verändert oder eben nicht verändert haben.
Und apropos Senna: Über 20 Jahre nach dem Triumph seines Onkels fuhr auch Bruno Senna in Macao. Zum Sieg reichte es für den Brasilianer zwar nicht, doch mittlerweile fährt auch er in der Formel 1.
Den Fans auf den Tribünen wird an einem Rennwochenende in Macao also einiges geboten. Klar: Bei Geschwindigkeiten von bis zu 275 km/h am Ende der langen Geraden ist Spannung und Nervenkitzel garantiert. Noch dazu mit der Aussicht, vielleicht einen künftigen Formel-1-Weltmeister fahren zu sehen. Auch Sebastian Vettel fuhr beispielsweise schon in Macao.
"Mister Macao", das ist aber zweifelsohne Edoardo Mortara. Der Italiener hält in 2:10.732 Minuten den Streckenrekord für Formel-3-Autos. Und er ist der einzige Fahrer, dem es gelang, den Formel-3-Grand-Prix in aufeinander folgenden Jahren zu gewinnen - 2009 und 2010. Eine weitere Bestleistung hat Jörg Müller inne: Er siegte in Macao sowohl in der Formel 3 (1993) als auch im Tourenwagen (2006). Mortara hat indes 2011 auch das GT-Rennen für sich entschieden.
Zum Schluss die Top 3 der Formel 3 von 2011: Daniel Juncadella gewinnt vor Felipe Nasr und Marco Wittmann. Am 18. November 2012 werden ihre Nachfolger gesucht.
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