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  • 24.07.2011 19:27

  • von Dieter Rencken

Whitmarsh: "Wir genießen diesen Erfolg"

McLaren-Teamchef Martin Whitmarsh spricht über den Sieg von Lewis Hamilton am Nürburgring und über den technischen Ausfall von Jenson Button

(Motorsport-Total.com) - Martin Whitmarsh freut sich über den jüngsten Coup seines Teams: Beim Deutschland-Event der Formel 1 konnte Lewis Hamilton für McLaren einmal mehr den Sieg einstreichen und die Konkurrenz auf die Plätze verweisen. Der britische Rennfahrer setzte sich in einem spannenden Duell gegen Fernando Alonso (Ferrari) und Mark Webber (Red Bull) durch und machte seinem Teamchef sehr viel Freude. Im Interview spricht Whitmarsh über die weiteren Aussichten in dieser Formel-1-Saison.

Titel-Bild zur News: Martin Whitmarsh

Martin Whitmarsh und sein McLaren-Team staubten wieder einen Rennsieg ab

Frage: "Martin, war die Boxenstopp-Strategie bei Lewis von Anfang an so geplant?"
Martin Whitmarsh: "Bei Jenson waren zwei Boxenstopps vorgesehen und er hätte sicherlich gute Punkte geholt. Er hatte demonstriert, dass die Reifen bei ihm über die Runden gekommen wären."

"Auch Lewis kümmerte sich gut um seine Pneus. Nach keinem seiner Stopps waren seine Reifen übermäßig verschlissen. Die Dreistopp-Strategie ging also auf und ich denke, wir legten die Reifenwechsel jeweils zum richtigen Zeitpunkt ein."

Button von der Hydraulik gestoppt

Frage: "Wie entscheidend war der kleine Puffer, den Lewis zum Schluss - vor dem letzten Stopp - auf seine Verfolger hatte?"
Whitmarsh: "Ich denke, wir brauchten diesen Abstand, um unsere Strategie zu wählen. Lewis wusste, was wir vorhatten. Er kontrollierte die Situation. Fernando war zu diesem Zeitpunkt ebenfalls sehr schnell unterwegs. Er reihte einige schnelle Runden aneinander."

Frage: "Was war der Ausfallgrund bei Jenson?"
Whitmarsh: "Jenson musste aufhören, weil ein Leck im Hydrauliksystem aufgetreten war. Das war enttäuschend, denn aufgrund seiner Zweistopp-Strategie hätte er gute Punkte abgreifen können. Ich denke, er hätte in der Region von Massa und Vettel mitgespielt. Sehr schade. Für ihn ist das sehr enttäuschend."

Frage: "Was bedeutet dieser Sieg aus psychologischer Sicht? Valencia, Silverstone und selbst der Freitag am Nürburgring waren schwierig für McLaren..."
Whitmarsh: "Es ist klasse, wieder einmal gesiegt zu haben. Auf Schlagzeilen geben wir aber nicht allzu viel."

"Es ist klasse, wieder einmal gesiegt zu haben." Martin Whitmarsh

"Wir genießen diesen Erfolg, keine Frage, wollen aber in einer Woche erneut ganz vorne sein. Ein paar Stunden lang wird uns dieser Rennerfolg noch beschäftigen, dann konzentrieren wir uns aber voll und ganz auf Ungarn. Dieses Rennen steht gewissermaßen schon vor der Türe."

Frage: "Wird es in den weiteren Rennen einen Dreikampf um den Sieg geben?"
Whitmarsh: "Es könnte sein. Ferrari war zuletzt ebenfalls sehr stark und die Saison ist noch lang. Ich hoffe, Ferrari und auch wir können diese Form halten und das Rennjahr 2011 zu einer fantastischen Meisterschaft machen."¿pbvin|512|3901|mclaren|0|1pb¿

Hat Vettel ein Problem mit Druck?

Frage: "Ist es aus WM-Sicht eine gute Sache, dass auch Ferrari vorne mitmischt?"
Whitmarsh: "Sie nehmen ihnen Punkte weg. Es braucht sowohl Ferrari als auch McLaren. Gemeinsam müssen wir Red Bull die Punkte wegnehmen. In gewisser Weise klappte das am Nürburgring, was natürlich eine gute Sache ist, allerdings. Mehr können wir nicht tun."

"Wir können nur versuchen, Sebastian und Red Bull unter Druck zu setzen. Ihm unterliefen an diesem Wochenende einige Fehler. Zu Jahresbeginn war er einfach überlegen und beging überhaupt keinen Fehltritt. Wir müssen uns um unser eigenes Ding kümmern, unsere Leistung und unsere Zuverlässigkeit steigern. Wenn all das darin resultiert, dass wir Rennen gewinnen können, wunderbar."

"Wir können nur versuchen, Sebastian und Red Bull unter Druck zu setzen." Martin Whitmarsh

Frage: "Wurde der Druck für Sebastian Vettel in Deutschland etwas zu groß?"
Whitmarsh: "Stand er wirklich so sehr unter Druck? Die Leute meinen vielleicht, er würde am Druck zugrunde gehen, doch ich sehe das anders. Jeder macht Fehler, auch Rennfahrer. Das ist nur menschlich. Ich würde daher nicht sagen, dass er nicht mit Druck umgehen kann. Ja, er machte Fehler."

"Und ja: Man könnte auch sagen, sie geschahen zum richtigen Augenblick - nämlich dann, als er eh nicht gewonnen hätte. Das sollte ihm mal in Führung liegend passieren (lacht; Anm. d. Red.). Es kann auch wieder ganz anders kommen. Bislang machte er klasse Arbeit. Ich sehe nicht, dass er unter dem Druck zugrunde geht. Wir wollen ihn aber weiterhin pushen, ein paar Siege einstreichen - und dann schauen wir einmal, wohin uns das führt."


Fotos: McLaren, Großer Preis von Deutschland


In Ungarn könnte alles ganz anders sein...

Frage: "Wie stehen die Chancen, es mit Sebastian Vettel und Red Bull aufzunehmen?"
Whitmarsh: "Ich denke, in diesem Sport kann man kaum Prognosen abgeben. Ich glaube nicht, dass man aus diesem Wochenende allzu viel herauslesen sollte. Es gibt eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder wir können siegen oder wir bewegen uns in die falsche Richtung."

"Wir werden sehr hart arbeiten, um sicherzustellen, in jedem Rennen die bestmögliche Leistung abzuliefern. Wir sind ein gutes Team und gehen mit uns selbst sehr kritisch um, wenn wir nicht siegen. Man darf auch nicht vergessen: Heute überrundeten wir einige gute Teams. Wir glauben an uns und auch daran, dass wir noch besser sein können."

"Wir sind ein gutes Team und gehen mit uns selbst sehr kritisch um." Martin Whitmarsh

Frage: "Welche Updates wird das Team in Ungarn an den Start bringen?"
Whitmarsh: "Ein paar Kleinigkeiten. Budapest ist aber eine ganz andere Strecke. Es war dort in dieser Woche zwar ebenfalls recht kühl, doch eigentlich sollte man davon ausgehen, dass es in Ungarn rund 20, 25 Grad Celsius wärmer ist als hier."

Frage: "Wird McLaren dort am Freitag ähnlich viel Zeit für Testarbeit aufwenden wie am Nürburgring?"
Whitmarsh: "Nun, wir haben natürlich wieder ein technisches Programm. Es ist immer eine Balance, denn die Fahrer und ihre Renningenieure wollen an einem Freitag natürlich nicht so viele Entwicklungsfahrten und technische Projekte abspulen. Es ist halt ein Kompromiss, wenn man immer wieder neue Teile an seinem Auto haben will. Auch in Ungarn werden wir ein solches Programm durchführen."

Frage: "Manche Teams scheinen das weniger ausführlich zu machen..."
Whitmarsh: "Wie ich schon sagte: Es ist eine Balance. Wir hatten das Gefühl, am Freitag vielleicht etwas zu viel Wert auf die technische Komponente gelegt zu haben. Es schien aber nicht so tragisch zu sein."